Zur Digitalisierung und unserem Leben in der Zukunft – J.L. Träff & Gunther Sosna
Es sei wichtig zu akzeptieren, dass man selbst nicht (mehr) der Faktor großer Veränderungen ist, meint der Initiator des Bürgermediums „Neue Debatte“, Gunther Sosna, in seinem einleitenden Statement. Es sei schon schwierig, mit den rasanten technischen Veränderungen in allen Lebensbereichen überhaupt Schritt zu halten. Der Journalist stellt fest, dass wir heute – bei all dem Regulierungswahn und der Privatisierung vieler Lebensbereiche – nicht mehr davon sprechen können, in einer freien Welt zu leben. Nun kann man das herrschende System entweder bekämpfen, oder man kann mithelfen, eine Parallelgesellschaft außerhalb der heute gängigen Normen aufzubauen.
Univ. Prof. Dr. Jesper Larsson Träff von der TU Wien ist nicht gegen Technik und Digitalisierung per se; es stellt sich allerdings die fundamentale gesellschaftliche Frage, wem die Digitalisierung nützt und warum man nicht darüber diskutiert hat, ob man all diese Veränderungen überhaupt will. Auch müsste erst ein Forum für diese Diskussion gefunden werden: die sozialen Medien sollten es nicht sein.
Man solle sich nicht der Illusion hingeben, dass in Russland oder China etwas anderes als der Kapitalismus die bestimmende Wirtschaftsform ist, meint Sosna; sie wird dort nur anders genannt bzw hat andere Machtzentren (Partei, Oligarchen), als im Westen. Es sei historisch nicht unüblich, dass Kulturen irgendwann verschwinden, ihre Ideen aber in neu entstehenden Kulturen weiterleben und diese beeinflussen. Deshalb sollte man bei Gedankengängen für eine bessere Zukunft zwar nicht alles verwerfen, aber problematische Inhalte wie zB die Profitmaxime im Denken einfach weglassen. Oder man könnte andenken, dass man Algorithmen und Firmen, die diese exzessiv verwenden (zb Google), vergesellschaftet. Weiters könnte man die Alleinherrschaft über privates Eigentum überdenken: denn angesichts hoher Mietpreise in Wien wäre es gesellschaftlich doch sinnvoll, dass die aktuell 30.000 leerstehenden Wohnungen für Mieter nutzbar gemacht werden. Sosna ist allerdings hoffnungsfroh: Es gibt aktuell viele Menschen und Initiativen, die an Alternativen in vielen Lebensbereichen arbeiten und schon viele Lösungen parat haben. Es fehle nur der gesellschaftliche Wille zur Veränderung – der von den bestimmenden Kräften aufs Schärfste bekämpft wird.
Kulturell gesehen wird von unserer Gesellschaft wenig bleiben, so Träff: denn der Microchip ist sehr klein und ohne Strom haben man keinen Zugriff auf unsere Welt, die immer mehr ins Virtuelle abgleitet. In der Zerschlagung von Google sieht er keine realistische Lösung: vielmehr müssten wir zahlreiche Alternativen schaffen, um das Quasi-Monopol anzugreifen bzw aufzulösen.
In der anschließenden Fragerunde aus dem Publikum stehen Themen wie die Fehleranfälligkeit von Simulationen, eine Welt kontrolliert durch Künstliche Intelligenz, der Mensch als Auslaufmodell der Evolution und der Energiepreis als Hemmschuh für weitere Digitalisierungsschritte im Mittelpunkt.
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Gunther Sosna und Jesper Larsson Traeff | Wolfgang Müller | CC BY SA 4.0 |