Zahlen bitte! – Was sie schon immer über Österreich wissen wollten – Band 2
Veranstaltungsdaten
- Datum
- 9. 12. 2019
- Veranstalter
- Bund sozialdemokratischer AkademikerInnen
- Ort
- BSA Generalsekretariat
In Zeiten von Fake News ist es wichtig, sich in der thematischen Diskussion wieder auf statistisch erhobene Zahlen und Fakten zu konzentrieren. Zu diesem Behufe haben Falter-Chefredakteur Florian Klenk und der ehemalige Chef der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer bereits den zweiten Band von Zahlen bitte herausgegeben, der in dieser BSA-Veranstaltung im Mittelpunkt steht. Die kleine Runde wird von Standard-Redakteurin Barbara Tóth geleitet.
Pesendorfer, der im Standard wöchentlich eine Kolumne über die von seinem Institut erhobenen Daten füllt, stellt zu Beginn die Gründe für seinen Rückzug aus der Statistik Austria klar. Sein Nachfolger sei bis Mitte Dezember noch nicht gefunden – noch nicht mal ausgeschrieben -, obwohl sein Vertrag Ende Dezember auslief. Seit dem Antritt von Schwarzblau wird die Unabhängigkeit der Statistik Austria hinterfragt, obwohl es ein EU-Gesetz gibt, das diese sicherstellt. Die Regierung forderte direkten Zugang zu den Daten und eine enge Abstimmung im Umgang mit der Veröffentlichung von Daten. Diesen Forderungen konnte Pesendorfer wenig Positives abgewinnen. Zahlen müssen immer allen zeitgleich zugutekommen, sonst könne man zB einen politischen Gegner mit Daten, die man selbst schon weiß, er aber nicht, ausstechen.
In seinem Abschiedsbrief präsentierte Pesendorfers einige Vorschläge für die Zukunft der Statistik Austria: die Unabhängigkeit der Institution sichern, Datenlücken schließen, die interne Struktur neu ausrichten und die finanzielle Absicherung klären (2019 schrieb die Statistik Austria erstmals Verluste, da die Finanzierung seit 20 Jahren nicht mehr valorisiert wurde).
Der deutsche Ökonom Klemens Himpele, der in Wien bei der MA23 (Wirtschaft, Arbeit & Statistik) als Abteilungsleiter beschäftigt ist, erklärt die Unterschiede in den Institutionen und im Umgang mit statistischen Daten zwischen Deutschland und Österreich. Auf Grund der Einsparungen bei der Statistik Austria würden Anfragen an die MA23 bzgl statistischer Daten zunehmen.
Daten müssen entpolitisiert betrachtet werden, denn ansonsten ist demokratischer Diskurs nicht mehr möglich, so Himpele. An sensiblen Daten wie Bevölkerungsentwicklungen, Arbeitslosenstatistiken oder Budgetdefiziten sei das Interesse von Regierungen besonders hoch, da sie gravierende Konsequenzen (Defizitverfahren der EU) haben könnten.
Beide kämpfen gegen das verstaubte Bild der Statistik an. Nicht nur die Ergebnisse statistischer Erhebungen müssen öffentlich zugänglich sein; auch die Methodik der Erhebung und die Verfahren selbst müssen erklärt und diskutiert werden, damit das Verständnis in der Bevölkerung für Fakten wieder steigt.
Da es seit 2001 keine flächendeckende Erhebung von Religionszugehörigkeiten in Österreich mehr gibt, seien Aussagen darüber mit Vorsicht zu genießen. Meist basieren diese auf Umfragen.
Statistikinstitutionen arbeiten mit Prognosen (zb was das Wachstum der Bevölkerung betrifft). Diese können natürlich keine unvorhersehbaren Ereignisse wie Umweltkatastrophen oder Fluchtbewegungen vorhersagen bzw beinhalten, aber dennoch datenbasierte Trends aufzeigen.
Der Paradigmenwechsel, der seit Donald Trump eingesetzt hat (Ich erzähle, was mir gerade einfällt – und dabei sind Daten, auf die man mich festnageln könnte, natürlich äußerst störend), sei nur noch schwer umkehrbar, so Pesendorfer. Populisten kämpfen in allen Ländern aktiv gegen faktengestützte Argumente an, um ihre auf Emotionen – vor allem auf Angst – basierte Politik umsetzen zu können.
In der Diskussion mit dem Publikum werden u.a. mögliche politische Besetzungen in der Statistik Austria, die Altersentwicklung der österreichischen Bevölkerung, Unterschiede bei Arbeitslosenquoten, Daten zur Stadtentwicklung und das Nichtvorhandensein von Daten zu Reichtum angesprochen.
Credits
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Zahlen Bitte | Wolfgang Müller | CC BY SA 4.0 |