Wahlen in den USA (35. Bürgersalon)

Politik

Der aktuelle Bürgersalon widmet sich der am 5. November 2024 stattfindenden amerikanischen Präsidentschaftswahl und wie sich diese auf Europa und die Welt auswirken könnte.

Den traditionell einleitenden Worten des Gründers des Bürgersalons DI Carl Waldstein folgt Mag. Dr. Emil Brix, seines Zeichens Direktor der Diplomatischen Akademie und Moderator des heutigen Abends. Es sei zu erwarten, dass sich Europa nach dem Abtreten des „letzten Europäers“ im Weißen Haus nun geopolitisch endlich auf die eigenen Beine stellen müsse.

Aus politikwissenschaftlicher Sicht zeigt sich Univ.-Prof. Reinhard Heinisch besorgt, denn diese Wahl ist tatsächlich die wichtigste seit dem amerikanischen Bürgerkrieg, wie viele politische Beobachter aus beiden Lagern konstatieren. Die USA ist eine dysfunktionale Demokratie, in der davon ausgegangen wird, dass die Verfassungsbestimmungen nicht über die Maße ausgereizt werden. Dies könnte dieses Mal aber geschehen (vor allem durch das kürzlich verabschiedete Urteil des Supreme Court), wie Heinisch an mehreren Beispielen ausführt, bevor er en detail das amerikanische Wahlsystem erklärt. Die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft hat mittlerweile extreme Ausmaße angenommen, weshalb auch mögliche Gewaltausbrüche nach der Wahl wahrscheinlicher geworden sind.

Für Diplomaten wie Dr. Thomas Mayr-Harting sind unberechenbare Charaktere wie Donald Trump immer eine Herausforderung. Beide Kandidaten haben sich bisher sehr bedeckt gehalten zu ihren außenpolitischen Zielen, da Außenpolitik traditionell wenig Platz in amerikanischen Wahlkämpfen einnimmt. Bei den einzigen beiden Themen, die bisher eine Rolle gespielt haben – das Verhältnis zu China und die Situation im nahen Osten – sind die Unterschiede zwischen beiden Kandidaten gering. Das Verhältnis zu Russland und damit zur Ukraine ist für Europa wohl am entscheidendsten – doch hier sind Prognosen über das künftige amerikanische Engagement kaum zu treffen. Was multilaterale Abkommen betrifft, so ist zu erwarten, dass Donald Trump sie – wie schon in seiner ersten Amtszeit – im Gegensatz zu Kamala Harris wenig würdigen bzw. anstreben wird. Auch die Frage, welches Personal Donald Trump außenpolitisch beraten werden wird, wird für die Welt entscheidend sein.

„It’s the economy, stupid“. Dieser von Bill Clinton getätigte Wahlkampfspruch aus dem Jahr 1992 gilt in den USA nach wie vor, wie Vizepräsidenten der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft Monika Rosen-Philipp bestätigt. Wie üblich wird den Republikanern, und so auch Trump, ein größeres Wirtschaftsverständnis zugesprochen. Sowohl bei den Steuern als auch bei Zöllen haben beide Kandidaten höchst unterschiedliche Vorstellungen. Was ihnen gemein ist, ist, dass Ihre jeweiligen Ideen die Inflation wieder anheizen würden. Die Börse reagiert bisher ungewöhnlich gelassen, in der Erwartung, dass die amerikanische Notenbank die Zinsen zügig senken wird. Der Ausgang der Kongresswahlen wird von der Börse kritisch verfolgt, da den dort handelnden Personen ein „gridlock“, also eine Situation, in der nicht eine Partei sowohl den Kongress als auch das Weiße Haus dominiert, am liebsten ist.

Der schon unter Präsident Obama geäußerte Hinweis, dass sich die USA nicht mehr vollumfänglich um die Sicherheit in Europa kümmern wollen, gilt laut Generalleutnant i.R. Mag. Christian Segur-Cabanac nach wie vor. Egal wer in den USA gewinnt: sowohl die österreichische als auch die europäische Sicherheitspolitik muss sich in den nächsten Jahren radikal ändern. Die dramatische Reduzierung der Militärausgaben nach dem Fall des Eisernen Vorhangs muss schnellstens umgekehrt werden. Statt der „Lebenslüge Neutralität“ sollte nun endlich das Gebot der Solidarität (Wolfgang Schüssel 1995) eingeführt werden. Auf Grund der nachhaltig abgeschwächten wirtschaftlichen Entwicklung in China ist nicht davon auszugehen, dass die militärische Vormachtstellung der USA in naher Zukunft gefährdet ist. Selenskyj‘s Siegesplan hält Segur-Cabanac in der aktuellen Situation für völlig unrealistisch, vor allem auch angesichts der Haltung der USA, aber auch Europas. Das seit 1945 geltende Völkerrecht wird von unterschiedlichsten Akteuren immer mehr in Frage gestellt.

In einer zweiten Panel-Runde wird unter anderem darüber gesprochen, ob die USA nicht mehr Weltpolizist sein werden und wollen, warum der europäische Kapitalmarkt endlich weiterentwickelt werden muss, welche Konsequenzen die Neuorientierung Amerikas für Europa – und vor allem für Deutschland und Österreich – hat und welche Signalwirkung für asiatische Bündnispartner der Ukrainekrieg auf diese Neuausrichtung hat. Zum Ende hin wird noch auf die ein oder andere Publikumsfrage eingegangen.

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