Wahl in Russland 2018: Putin -„Kandidat des ganzen Volkes“

Putin_at_Russian_Chapel,_Vršič_(7)
Meinung

Stephan Bartunek sprach mit Prof. Dr. Peter Bachmaier, Präsident der Österreichisch-Weißrussischen Gesellschaft, über die Präsidentschaftswahlen in Russland am Sonntag, dem 18. März 2018:

Am 18. März sind die Präsidentschaftswahlen in Russland. Es heißt, dass Wladimir Putin als Sieger schon feststehe. Warum ist das so?

Prof. Dr. P. Bachmaier: Putin wird die Wahlen, wie auch schon das letzte Mal, mit großer Mehrheit gewinnen, weil es zu ihm keine Alternative gibt. Er ist der „Kandidat des ganzen Volkes“, er hat nach seiner ersten Wahl im Jahr 2000 den russischen Staat wieder aufgebaut, er hat Russland 2008 in der Krise um Südossetien und 2014 in der Ukrainekrise verteidigt. In Syrien hat er den Verbündeten unterstützt und die russische Weltmacht wiederhergestellt. Er verteidigt sein Land gegen den Westen und gegen die NATO und hat in der Außenpolitik in Russland praktisch keine Gegner.

Warum spielt die Opposition keine größere Rolle?

Es gibt sieben weitere Kandidaten, darunter auch Vertreter einer nationalen Politik, deren Ziele aber ohnehin von Putin vertreten werden. Die Kandidaten einer liberalen Richtung, wie Xenia Sobtschak und Grigori Jawlinski, haben keine Chance, weil der Westen mit seiner aggressiven Politik nicht populär ist. Der Petersburger Unternehmer Alexander Tschuchlebow wurde nicht zugelassen, weil er einen dauerhaften Wohnsitz in Finnland und auch die finnische Staatsbürgerschaft besitzt. Der Kandidat des Westens, der Rechtsanwalt und Geschäftsmann Alexei Nawalny, der in Yale studiert hat und ursprünglich Mitglied der liberalen Partei Jabloko, dann der nationalen Partei „Narod“ (Das Volk) war, wurde 2012 wegen Betrug und Unterschlagung zu fünf Jahren Arbeitslager (später auf Bewährung abgeändert) verurteilt und deshalb nicht zur Wahl zugelassen. Die meisten Stimmen außer Putin wird deshalb der Kandidat der Kommunistischen Partei, Pawel Grudinin, bekommen, weil er nicht nur die Verteidigung der Souveränität des Landes, sondern auch eine Änderung des herrschenden Neoliberalismus und eine soziale Politik fordert.

Wie kann man die Politik Putins insgesamt charakterisieren?

Wladimir Putin ist populär, aber das heißt nicht, dass die Politik der Regierung insgesamt akzeptiert wird. Putin hat nur die Außenpolitik und die Verteidigung wirklich in der Hand. Alle anderen Ressorts wie Wirtschaft, Finanzen, die Nationalbank, aber auch Bildungswesen, Kultur und Medien, sind liberal. Sie stehen mit Washington, mit dem IWF, der Weltbank und dem US-Finanzministerium in Verbindung. Die Wirtschaft ist in der Hand der neureichen Oligarchie, die sich allerdings nicht in die Außenpolitik einmischt. Die Menschen sind mit ihrer sozialen Lage, mit den niedrigen Löhnen, hohen Preisen und teuren Mieten unzufrieden. Ein Wiederaufbau der Industrie, die in der Jelzin-Ära zerstört wurde, hat nicht stattgefunden. Es ist eine Doppelherrschaft, und es muss eines Tages zu einem Konflikt kommen. Die Kritiker der neoliberalen Politik, wie der Putin-Berater Sergej Glasjew, haben sich im Stolypinklub zusammengeschlossen, um eine nationale Wirtschaftspolitik zu entwickeln und die Realwirtschaft anzukurbeln.

Was ist die Rolle Russlands im Ukrainekonflikt?

Der Ukrainekonflikt wurde vom Westen begonnen, besonders von den USA, durch die Orangen Revolutionen von 2004 und 2014. Die Menschen waren auch dort unzufrieden mit der sozialen und wirtschaftlichen Lage. Der Westen aber hat das ausgenützt, indem er unzählige NGOs und am Schluss auch bewaffnete Einheiten finanziert hat, um die Regierung zu stürzen. In der russischsprachigen Ostukraine ist es daraufhin zu einem Aufstand gekommen, der zur Gründung eigener Republiken geführt hat. Die Volkswehr besteht aus einheimischen Soldaten, die sich mit den vorhandenen Waffen aus den Kasernen versorgt hatten. Mittlerweile bekommen sie eine Unterstützung aus Russland mit Ausrüstung und humanitären Hilfslieferungen, aber es gibt keine regulären russischen Truppen und Russland will das Gebiet nicht annektieren. Auf der Krim hat im März 2014 eine Volksabstimmung stattgefunden, die eine Mehrheit von 90% für den Anschluss an Russland ergeben hat.

Die westlichen Medien führen seit Jahren eine Kampagne gegen Russland und besonders gegen Putin. Was ist der Grund dafür?

Der Vorwand ist die Ukrainekrise. Der Westen behauptet, dass Russland sich eingemischt habe, dass es „aggressiv“ sei und auch die anderen Nachbarländer bedrohe. Die westlichen Medien führen seit dem Krieg um Südossetien (2008), den in Wirklichkeit Georgien mit Hilfe der USA begonnen hatte, und seit dem Euromaidan von 2014 eine heftige Kampagne gegen Putin mit der Behauptung, er wolle die Sowjetunion wieder errichten. Die USA und die EU haben mit dieser Begründung Sanktionen gegen Russland verhängt. Der wahre Grund ist, dass die USA Russland schwächen und seinen Wiederaufstieg nicht zulassen möchten.

Warum baut die NATO Stützpunkte in Polen und anderen osteuropäischen Ländern auf?

Die NATO hat unter der Führung der USA ihr Ziel der Eindämmung Russlands nicht aufgegeben. Die NATO hat sich nach der Auflösung der Sowjetunion trotz amerikanischer Versprechungen weiter nach Osten ausgedehnt und Stützpunkte und Raketenstellungen in Polen, Rumänien, den baltischen Ländern und in der Ukraine aufgebaut. Dazu kommt auch die Unterstützung der regimefeindlichen Gruppen in Syrien. Die deutsche Journalistin und Moskau-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz spricht deshalb in ihrem neuen Buch von einer Eiszeit zwischen Ost und West.

Kann man von der Gefahr eines Krieges zwischen Russland und dem Westen sprechen?

Der ehemalige deutsche Staatssekretär Willy Wimmer spricht heute davon, dass der Krieg gegen Russland vorbereitet werde. US-Spezialeinheiten werden an der Grenze zu Russland stationiert, „um Schläge bis tief in das russische Territorium auszuführen“, wie ein amerikanischer Analyst schreibt. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow hat auf der Münchener Sicherheitskonferenz am 17. Februar 2018 von einer „gefährlichen Situation“ gesprochen.

Präsident Putin hat in seiner Rede zur Lage der Nation vor der Föderalversammlung im Kreml am 1. März 2018 neue Atomwaffen präsentiert, aber er sagte dazu auch: „Einen Atomkrieg kann niemand gewinnen, also lasst uns lieber miteinander reden.“

Credits

Image Title Autor License
Putin_at_Russian_Chapel,_Vršič_(7) Putin_at_Russian_Chapel,_Vršič_(7) Russian President’s official website CC BY 4.0