Vietnam – Meine Rückkehr
Ich habe meinen Plan, nach Vietnam zurückzukehren, also wahrgemacht (siehe meine Serie I am here because I care) und unterrichte bereits seit einer Woche wieder Kinder und Studenten in Hanoi.
Die Schul- und Uni-Ferien dauern noch bis Ende Juli, aber in den community classes, die in etwa mit Volkshochschulkursen vergleichbar sind, wird auch in den Ferien am Englisch gearbeitet. Der Unterricht findet in einer sehr großen Schule nahe des Volunteerhauses statt.
Am Vormittag unterrichte ich, gemeinsam mit anderen Volunteers, Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren. Am Nachmittag finden dann Kurse für Studenten verschiedener Leistungsstufen statt.
Die Sommer in Hanoi sind heiß, und die Temperatur fällt auch nachts kaum unter 30 Grad. Umso bewundernswerter ist der Einsatz der Kinder und Studenten, die ihre Ferien dazu verwenden, ihre Englischkenntnisse zu verbessern.
Jeden Mittwoch Nachmittag findet das Treffen der Volunteers mit Mitgliedern von VPV (Volunteers for Peace Vietnam) statt, um den Unterrichtsplan für die nächste Woche festzulegen.
Mit den Kindern haben wir die letzten beiden Wochen die Themen Sport und Musik besprochen. Die Konzentrationszeit ist angesichts der Hitze und auch der frühen Beginnzeit – der Unterricht beginnt bereits um 8 Uhr – verständlicherweise begrenzt und mit mehreren Spielpausen im Schulhof versuchen wir, die Kinder bei Laune zu halten.
Mit Wortsuchspielen und anderen spielerisch aufgebauten Arbeitsblättern gelingt es uns meist, auch in den Unterrichtseinheiten den Ehrgeiz der Kinder zu wecken und ihren Wortschatz und ihre Englischkenntnisse zu verbessern.
In den Unterrichtseinheiten mit den Studenten besprechen wir jede Woche ein aktuelles Thema. Die guten Englischkenntnisse ermöglichen spannende Gespräche und ermöglichen uns, viel darüber zu erfahren, wie die vietnamesische Jugend über Themen wie Religion oder auch LGBT denkt.
Es ist die Aufbruchsstimmung und die Offenheit dieser Altersgruppe, die mich bereits bei meinem ersten Aufenthalt hier gefesselt hat. Die Bevölkerungspyramide zeigt die Bedeutung dieser sozio-demographischen Gruppe und erklärt den positiven Wirtschaftsausblick für Vietnam. Bereits 2015 ist die vietnamesische Volkswirtschaft um 6,7% gewachsen, und auch für heuer wird ein Anstieg von 6,5% erwartet (Quelle: Rongviet).
Neben der Volunteerstätigkeit widme ich einen beträchtlichen Teil meiner Zeit der Vorbereitung eines Projekts, das sich die Förderung der Bildung durch den Bau von Schulen in armen Regionen Vietnams zum Ziel gesetzt hat. Ich bin zuversichtlich, dass ich Euch schon bald mehr Details über dieses spannende Projekt berichten werde können.
Berauschende Vielfalt
Nachdem ich in der Ferienzeit sogenannte community classes unterrichtet habe, begann am Montag meine Tätigkeit an der „University of Natural Resources and Environment“. Da sich der Unibetrieb erst in der Anlaufphase befindet, halte ich derzeit Stunden mit Lehrern sowie Mitarbeitern des Umweltministeriums und verwandter Institutionen ab.
Die Mitarbeiter genießen diese Weiterbildung als Teil ihrer Arbeitszeit und sind sehr motiviert bei der Sache. Nach einer ausführlichen Kennenlernrunde haben wir heute über die Themen nachgedacht, über die wir, allen voran die Studenten, in nächsten Wochen sprechen wollen. Die Liste umfasst dabei politische Themen wie den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf, Wirtschaftsthemen wie den „Brexit“, aber auch viele soziale Themen wie Kindererziehung und Ausbildung.
Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, die ich dazu verwendet habe, die Kontakte meines letzten Aufenthalts wieder aufzufrischen, hat mich nun wieder jene Begeisterung und Freude erfasst, die mich dazu bewegt hat, schon zwei Monate nach meiner Abreise wieder hierher zurückzukehren. Wie schon beim letzten Mal sind es die kleinen Aufmerksamkeiten, die das Leben hier so besonders machen.
Nachdem ich letztes Wochenende in Sapa verbracht habe (siehe unten), werde ich dieses Wochenende in Hanoi bleiben und die Zeit mit Freunden und Studenten verbringen.
In Erwartung, dass ich in naher Zukunft möglicherweise regelmäßig Zeit in Vietnam verbringen werde, habe ich mich nun doch entschlossen, zumindest einige Grundbegriffe in Vietnamesisch zu lernen. Obwohl die Sprache die gleichen Schriftzeichen verwendet wie unsere, sind es die verschiedenen Punkte, Dacherl und Stricherl unter und über den Buchstaben, sog. diakritische Zeichen, die ein Erlernen (und Aussprechen) der Sprache für uns sehr schwierig machen. Vietnamesisch ist eine tonale Sprache, die Höhe und der Verlauf der Tonhöhe bei der Aussprache einer Silbe ist entscheidend für die Bedeutung der Silbe.
All diese Herausforderungen haben mich nicht abgeschreckt und ich habe mir zum Ziel gesetzt, schon bald meinen Kaffee (cà phê) in Vietnamesisch bestellen zu können.
Ausflug nach Sapa
Letztes Wochenende habe ich einen Ausflug nach Sapa unternommen.
Sapa ist eine Stadt in der Provinz Lao Cai im Norden Vietnams, die als Ausgangspunkt von Wanderungen und als Region, in der viele ethnische Minderheiten leben, bekannt ist.
Die Anreise erfolgte mit einem (eigentlich sehr gemütlichen) Schlafbus. Ein kleinerer Bus brachte uns schließlich, nach rund acht Stunden Fahrzeit, an unser Ziel. Die Rückreise erfolgte mit einem altmodisch wirkenden, aber durchaus gemütlichen Nachtzug.
Daneben gibt es eine nicht enden wollende Zahl an Massageinstituten, die allen voran mit Kräuterbädern um Kunden werben.
Das Zentrum des Dorfes ist der Hauptplatz mit einer Kirche und einem stadionartigen Platz, an dem am Wochenende Konzerte aufgeführt werden und der sonst zum Treff Einheimischer und Touristen wird. Nach Dämmerung werden die Straßen belebter, und viele StraßenverkäuferInnen bieten Obst, Handwerk und Textilien an.
Der Blick auf den unweit des Hauptplatzes gelegenen Sees erinnert mehr an die Schweiz als an die Bergregion Vietnams.
Am zweiten Tag meines Aufenthalts habe ich einen Ausflug in ein kleines Dorf außerhalb von Sapa gemacht. Bereitwillig begleiteten uns Ortsansässige durch Reisfelder und zeigten uns auch ihr Haus mit einer Kochstelle, die verdeutlichte, wie einfach man leben kann.
Auch das Leben in dem Volunteershaus kann durchaus als einfach bezeichnet werden – ich schlafe in einem Zimmer mit drei Stockbetten, wobei die Zimmer meist nicht voll belegt sind.
Im Dachgeschoss steht eine etwas ins Alter geratene Waschmaschine; und zahlreiche an sämtlichen Türen befestigte Zettel erinnern daran, dass offene Türen voraussichtlich (noch mehr) Ratten anziehen als bereits jetzt das Volunteershaus bewohnen.
Das alles tut aber der Stimmung im Haus keinen Abbruch. Mittags und abends kocht eine vietnamesische Köchin und die breite Auswahl an Speisen ist auch in der neunten Woche in Hanoi nach wie vor jedes Mal eine Freude.
Sonst esse ich regelmäßig „street food“, wobei ich seit dem Wochenende eine neue Lieblingsspeise habe – „Bun cha“ nennt sie sich, und sie besteht aus Nudeln und gegrilltem Schweinefleisch, das man in einer Art Suppe (Rezept) serviert bekommt.
Ausblick
Wie geht’s weiter?
Ich werde wohl noch länger hier in Vietnam bleiben. Meine Freude am Volunteering ist ungebrochen, und die Arbeit hier mit Kindern und Jugendlichen ist genauso faszinierend wie am ersten Tag. Ich will auch noch mehr an dieser positiven Aufbruchsstimmung erleben, an dieser Lern- und Lebensfreude, und allen voran der Offenheit und Herzlichkeit. Und, am wichtigsten, kann ich mein Schulprojekt, von dem ich Euch in meinen nächsten Berichten mehr erzählen werde, am besten unterstützen, wenn ich hier vor Ort bin.
Falls Ihr schon neugierig seid, könnt Ihr schon vor meinen nächsten Berichten unsere Facebook Page @saobienroomforeducation (https://www.facebook.com/saobienroomforeducation/) besuchen und hoffentlich LIKEN!
Bis bald!
Bilder: Thomas Farthofer CC BY-SA 4.0
Credits
Image | Title | Autor | License |
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bild1 | Thomas Farthofer | CC BY-SA 4.0 | |
Bevölkerungspyramide | Thomas Farthofer | With the kind permission of Viet Dragon Securities (Hieu Nguyen) | |
Klassenraum | Thomas Farthofer | CC BY-SA 4.0 | |
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bild4 | Thomas Farthofer | CC BY-SA 4.0 |