Utopie, Politik und das große Beginnergefühl

Gesellschaft

„Utopie, Politik und das große Beginnergefühl“ ist der Titel dieser Online-Veranstaltung des BSA, in der Robert Misik und Michael Vogler darauf eingehen, ob utopisches Denken tatsächlich aus der Mode gekommen ist, oder ob wir gerade am Beginn eines zeitgeistlichen Wandels stehen.

Der Journalist Robert Misik, Autor von Das große Beginngergefühl – Moderne, Zeitgeist, Revolution, erinnert an Bertold Brecht, der den Begriff Beginnergefühl prägte und damit tabula rasa meint: denn es zeigt sich, dass es immer wieder Phasen in der Geschichte gab, in der sich das Pathos des Aufbruchs verdichtete. Im Folgenden geht er auf den Inhalt seines Buches ein, das sich vor allem mit den Veränderungen in Kunst und Kultur in den letzten 2 Jahrhunderten beschäftigt. Eine These Misiks lautet, dass Politik aus sich heraus keine Utopien entwickeln kann. Politik wird vor allem von vier Gesellschaftsströmungen beeinflusst (und beeinflusst diese auch umgekehrt): von den Ideenwelten (Geisteswelt, Philosophie etc), von reformerischen/revolutionären Konzepten, von Erneuerungsbestrebungen in den Künsten und vom gesellschaftlichen und technologischen Wandel an sich. Aus diesen wechselseitigen Beeinflussungen entsteht der sogenannte Zeitgeist, der verändert und determiniert, aber nicht planbar ist. Misik plädiert dafür, dass die Politik die Bedeutung der Veränderungen und Anstöße erkennt, die die Kunst oftmals liefert.

Wenn man alle kulturellen Formen analysiert, kann man damit das Denken einer Zeit gut darstellen, meint der Kulturdesigner und Philosoph Dr. Michael Vogler. Er sieht sich selbst als angewandten Metaphysiker, der gelten Narrative (die nichts anderes sind als Geschichten über uns selbst) untersucht. Als Unternehmensberater entwickelte er über Jahrzehnte Kulturen in Organisationen; aktuell versucht er dies auch auf gemeindeebene in Tulln. Auch als Praktiker sollte man sich mit der Theorie, die für das eigene praktische Handeln relevant ist, beschäftigen. Genau dies fehlt laut Vogler den Politikern aktuell. Ergebnis ist eine zunehmende Perspektivenlosigkeit in der Gesellschaft. Mit seinem Wirken will er zumindest auf Gemeindeeben eine gewisse Aufbruchsstimmung etablieren, um das Phlegma der Krisen und Katastrophen zu überwinden und wieder zu langfristigem Denken zurückzukehren. Ein Beispiel aus der Stadt Augsburg, auf das Vogler näher eingeht, zeigt, wie so ein Aufbruch gelingen kann. Denn der Wunsch nach wir-Gefühl und Gemeinsamkeit ist spürbar, es müssen nur die Voraussetzungen dafür geschaffen werden.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs gehen die Diskutanten auch darauf ein, wie Diskussionen um alternative Ansätze im politischen Diskurs wie etabliert werden können und nicht auf Nebenschauplätze ausgelagert werden, wie man Gemeinschaftsgefühl und Eigenverantwortung forcieren kann, wie Kunst und Kultur auf Gesellschaft und Politik einwirken können, um neue Ideen und Optimismus zu verbreiten und von den Entscheidern gehört zu werden und wie junge Elefanten gesellschaftliche Veränderungsprozesse anstoßen können.

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BSA – Utopie, Politik und das große Beginnergefühl-YOUTUBE-IPHP Wolfgang Müller CC BY SA 4.0