Umweltpolitik – neue Ideen statt einfallslose Steuererhöhungen

Umweltpolitik
Meinung

Andrä Rupprechter will Österreichs pro-Kopf-Emissionen verringern. Doch seine Vorschläge finde ich zum einen ideenlos, zum anderen illusionistisch.

Die pro-Kopf-Emission eines Landes ist ohnehin schon ein fragwürdiger Maßstab. Natürlich ist Österreichs Bilanz schlechter als andere, wenn jeder Auto- und LKW-Fahrer auf der Route nach oder durch Österreich bewusst möglichst mit leerem Tank ein- und mit vollem Tank ausreist; schließlich sind die Treibstoffpreise in Österreich günstiger als anderswo.

Doch egal, wo getankt wird, verfahren wird global betrachtet dieselbe Menge. Mit einer Steuererhöhung für Diesel verscheucht der Umweltminister bloß die Kunden aus heimischen Tankstellen und unterbindet zusätzlich zu den Tankeinnahmen gleich die Nebeneinkommen von Österreichs Tankstellen und Raststätten – nur, damit eine rein statistische Pro-Kopf-Emission für Andrä Rupprechters Ressort besser aussieht. Der Umwelt ist nicht geholfen, die Steuereinnahmen sinken sogar, nur der Umweltminister kann sich über die Verbesserung einer trockenen Statistik freuen!

Selbstverständlich ist es an der Zeit, dem anhaltenden Dieselboom entgegenzutreten, denn gerade das Dieselfahrzeug verursacht überproportionale Schadstoffe. Doch mit einer höheren Steuer auf Dieseltreibstoff trifft Rupprechter die falschen: Menschen, welche schon Dieselautos haben und sich so schnell kein neues Auto leisten können. Sie werden nicht weniger fahren und doch steuerlich zusätzlich belastet werden, von den Landwirten und kleinen Frächtern erst gar nicht zu reden.

Um den Dieselanteil zukünftig zu reduzieren, ist eine Erhöhung der Nova für Dieselfahrzeuge weitaus zweckmäßiger, denn nur der geringere Anteil an neu auf den Markt kommenden Dieselfahrzeugen kann eine Verschiebung bewirken.

Doch wohin wollen wir die Anteile an Antriebsarten verschieben? Welche Antriebsarten wollen wir fördern?

Leider sehe ich diesbezüglich ebenfalls falsche Ansätze beim Umweltminister: Die Konzentration auf Elektroautos ist zu diesem Zeitpunkt einfach naiv. Mögen Elektroautos die Zukunft gehören, so ist der jetzige technische Stand einfach noch nicht praktikabel. Die geringen Reichweiten von Elektroautos werden allzu oft bagatellisiert, doch endgültig unbrauchbar werden Elektroautos im Alltag durch einen anderen, zumeist vergessenen Umstand: der langen Ladezeit.

Wer will ernsthaft ein Elektroauto anschaffen, wenn er damit nicht einmal in die Berge fahren kann, ohne zumindest einmal eine lange Ladepause einzulegen? Elektroautos scheinen nach heutigem Stand zumeist Zweitautos zu sein, mehr für Wohlhabende. Solche Fahrzeuge will der Umweltminister besonders fördern?

Förderungen für schadstoffärmere Automobile sollen sich nach der augenblicklichen, technischen Realität richten, und diese bietet bereits recht gute Lösungen.

Besonders unverständlich ist mir: Warum vergisst der Umweltminister den Erdgasantrieb? Dieser erzeugt keinerlei Stickoxide oder Feinstaub, nur CO2 verlässt den Auspuff, und dieses kann als Biogas praktisch statt bei anderen Prozessen in die Abluft einfach ins Auto umgelenkt werden – so können Erdgasautos faktisch CO2-Neutral und noch dazu für Österreich energieautonom fahren.

Natürlich können elektrische Lösungen jetzt schon brauchbar sein, jedoch nicht als reines Elektroauto. Der Plug-In-Hybrid vereint den elektrischen Antrieb mit der Reichweite fossiler Brennstoffe und nutzt zusätzlich den Vorteil der Rekuperation beim Bremsen. Die Förderung der Plug-In-Hybride denkt Andrä Rupprechter zurecht an. Doch immer noch lohnt sich ein Plug-In-Hybrid für den Normalfahrer bei weitem nicht, selbst, wenn Rupprechter 3000 Euro zuschießt. Weiters bleibt die Frage nach der Gesamt-Ökobilanz vom Umweltminister unbeantwortet. Welche ökologischen Auswirkungen die Produktion und die Entsorgung von Elektroauto-Batterien erzeugen, sollte der Umweltminister untersuchen, statt sich unkritisch auf EU-genormte Pro-Kopf-Emissionen zu stürzen.

Wie so oft sehe ich in unserer Politik die Gefahr, dass sie sich blind von irgendwelchen Statistiken lenken lässt, diese Entscheidungsgrundlage niemals kritisch hinterfragt und die Auswirkungen ihrer Entscheidungen zu wenig vorausblickend und realistisch abschätzt. Andrä Rupprechters Lösungen scheinen wenig wirklichkeitsnah und brauchbar, doch sie lassen die typische Politikerdenkweise erahnen: Wenn ein Ressort bei einer EU-Statistik schlecht ausschaut, dann werden irgendwo Steuern erhöht und woanders Geld verschleudert, bis die Kosmetik wieder geschönt ist.

Hinweis: Die Presse, 20.7.2016, Dieselfahren soll teurer werden:
http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5054295/Dieselfahren-soll-teurer-werden

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