„The Wild Blue Yonder“

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Meinung

Und auch, wenn alle Menschen der Meinung sind, das gehe nicht, das sei unmöglich … Irgendwann kommt jemand und macht’s möglich – in diesem Fall heißt dieser Jemand Werner Herzog. „The Wild Blue Yonder“ stellt eine Kreuzung aus Dokumentarfilm und Science-fiction dar: Erstausstrahlung im Jahr 2005, Regie Werner Herzog, in der Hauptrolle Brad Dourif (bekannt aus Filmen wie „Dune“ oder „Herr der Ringe“), produziert von Andre Singer, englischer Originalton.

Ein Außerirdischer in Menschengestalt (Brad Dourif) steht alleine inmitten einer heruntergekommenen Gegend und erzählt von seinem Heimatplaneten, den er verlassen musste, weil dieser im Sterben lag. Er ist Mitglied eines der vielen Landungstrupps, die ihren Weg auf die Erde gefunden haben, doch er hat erstaunlicherweise wenig Gutes über sich und seine Spezies zu berichten:

Ihr seht in uns Außerirdischen technologisch hochentwickelte Superwesen, doch ich kann euch sagen – wir sind erbärmliche Kreaturen.

Er spricht von einem misslungenen Versuch, einen Ort der Begegnung zwischen Menschen und ihnen als Außerirdische errichten zu wollen, und gibt sich anschließend sehr viel Mühe, die enorme Distanz zwischen seinem Heimatplaneten und der Erde zu veranschaulichen – hierbei handelt es sich um sage und schreibe viereinhalb Lichtjahre.

Laut seinen Angaben haben die Geschehnisse in Roswell direkt mit der zuvor erwähnten Ankunft seiner Spezies zu tun: Diese führten letztendlich dazu, dass die Menschen ihrerseits beschlossen, seinem Heimatplaneten einen Besuch abzustatten, weil sie unabsichtlicherweise bei der Untersuchung des Absturzvehikels eine unbekannte Substanz freisetzten, welche die menschliche Rasse auszulöschen drohte – so beginnt die Reise zum Ersatzplaneten der Menschen und zum Heimatplaneten des Außerirdischen.

Das Problem der enormen Distanz zwischen den beiden Planeten wird glücklicherweise rechtzeitig durch einen Wissenschaftler gelöst, der unsichtbare Verbindungen zwischen allen Himmelskörpern entdeckt hat, sogenannte Zeittunnel. Mit deren Hilfe ist nun die Menschheit imstande, diese sonst unüberwindbare Entfernung in einer halbwegs erträglichen Zeit zurückzulegen. Dort angekommen, entdecken die menschlichen Pioniere einen in einer dicken Eisdecke eingepackten Himmelskörper und bohren sogleich ein Loch, um unter der Eisdecke mittels Tauchausrüstung die Landschaft zu erkunden.

Mit der frohen Botschaft, einen Ersatzplaneten gefunden zu haben, erfolgt sogleich die Heimreise. Doch leider waren sie insgesamt über 800 Erdenjahre unterwegs und finden bei ihrer Rückkehr eine menschenleere „Urerde“ vor – mit Dschungellandschaften, so weit das Auge blicken kann.

Die Bilder, die zu dieser Geschichte gezeigt werden, sind großteils aus dem Repertoire einer tatsächlich stattgefundenen Spaceshuttle-Mission der NASA oder aus einer ebenfalls real stattgefundenen Unterwasserexpedition, welche unter dickem Packeis stattfand (vermutlich Antarktis).

Das restliche Bildmaterial besteht aus wenigen historischen Schwarzweiß-Videos und einer kargen Landschaft mit diversen baufälligen Gebäuden, die Brad Dourif die meiste Zeit als Kulisse für seine Erzählung dient. Die musikalische Untermalung präsentiert sich als eine dicht verwobene Komposition von Cello-Sequenzen des Komponisten Ernst Reijseger und dem Ethno-Gesang des senegalesischen Vokalakrobaten Mola Sylla. Sie schafft eine fesselnde, hypnotische Atmosphäre, die ein konstantes Synapsenfeuerwerk ermöglicht – vergleichbar in etwa mit dem Kultfilm „Koyaanisqatsi„.

Die Faszination dieses Werkes liegt für mich darin, dass man die ganze Zeit über weiß, dass die Geschichte des Außerirdischen eine erfundene ist, man dazu aber einfach atemberaubende, passende Dokumentarfilmsequenzen eingeblendet bekommt.

Ein breites „Blockbuster-Publikum“ wird Werner Herzog mit diesem Werk ganz sicher nicht ansprechen können (oder wollen), obwohl er sich das meiner Meinung nach mehr als verdient hätte. Doch Cineasten und Menschen mit einem Faible für Experimentalkunst kommen hier definitiv auf ihre Kosten.

Atemberaubende bewegte Bilder und aufdringliche Klänge, komplettiert durch hervorragende schauspielerische Leistung, abgeschmeckt mit einer Prise Humor – Herz, was willst du mehr!

Prädikat: sehr wertvoll, überaus sehenswert.

Credits

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