„Super Tuesday“ für Joe Biden
Im vierten Teil unseres Podcasts zur amerikanischen Präsidentschaftswahl 2020 beschäftigen wir uns mit den Vorwahlen der demokratischen Partei am 3. März, das ist jener erste Dienstag im März, an dem in 14 Bundesstaaten und in American Samoa gewählt wurde und der in den USA als ´Super Tuesday` bezeichnet wird.
Wir analysieren für Euch, wie es dem ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden – nach seinem überlegenen Sieg bei der Vorwahl in South Carolina am 29. Februar – drei Tage später – am 3. März gelungen ist einen überzeugenden Wahlerfolg einzufahren.
Einen wesentlichen Anteil am Sieg Bidens in 10 von 14 Bundesstaaten hatten die unmittelbar vor dem ´Super Tuesday´ öffentlich ausgesprochenen Wahlempfehlungen von Pete Buttigieg, dem Ex-Bürgermeister von South Bend, Indiana, und Amy Klobuchar, der demokratischen Senatorin aus Minnesota.
Buttigieg war am Sonntag, den 1. März, aus dem Präsidentschaftsrennen ausgestiegen – vorerst ohne einen anderen Kandidaten zu empfehlen. Noch am gleichen Tag rief Ex-Präsident Barack Obama Buttigeig an und schon Tags darauf flog Buttigieg zu einer Wahlkampfrally nach Dallas, Texas, um vor diesem Event bei einem gemeinsamen Medientermin mit Joe Biden öffentlich seine Unterstützung für Obamas Ex-Vizepräsidenten bekannt zu geben.
Amy Klobuchar wiederum hatte noch am Sonntag in zahlreichen TV-Interviews erklärt, dass es de facto absurd wäre, von ihr zu verlangen, so kurz vor dem ´Super Tuesday´ aus dem Wahlkampf auszuscheiden und so hat sie am Montag, den 2. März, in der Früh auch noch für sich selbst wahlgekämpft. Umso überraschender war es dann, dass auch Klobuchar – wie Buttigieg – zur Wahlkampfveranstaltung von Joe Biden nach Dallas geflogen ist, um vor Ort als Rednerin aufzutreten und eine öffentliche Wahlempfehlung für Biden auszusprechen.
Buttigieg und Klobuchar hatten sich im Vorwahlkampf nichts geschenkt und waren bei einigen TV-Debatten heftig aneinandergeraten, umso erstaunlicher war es, dass sie fast zeitgleich Ihre öffentliche Unterstützung für Biden erklärten…
Da aber aller „guten Dinge“ 3 sind tauchte nun auch noch völlig überraschend der texanische Lokalmatador Beto O´Rourke auf und verkündete seine Unterstützung für Biden. O´Rourke hatte sich 2019 selbst vergeblich um die Nominierung der Demokraten beworben und er gilt in seinem Heimatbundesstaat Texas nach seiner knappen Wahlniederlage bei den Senatswahlen 2018 gegen den Republikaner Ted Cruz als Hoffnungsträger der Demokraten.
Während Joe Biden also mit massivem Rückenwind in den ´Super Tuesday´ ging, hatten alle seine Konkurrenten mit teils massiven Schwierigkeiten zu kämpfen.
Allen voran der Milliardär Michael Bloomberg, der bis zu diesem Zeitpunkt knapp 500 Millionen Dollar für seinen Wahlkampf verpulvert hatte und seine ganze wahlpolitische Hoffnung in ein gutes Abschneiden am `Super Tuesday´ gesetzt hatte, und bei den Wählern komplett durchfiel. Bloombergs desaströses Abschneiden ist vor allem auf seine beiden katastrophalen Auftritte bei den TV-Debatten mit den anderen Kandidaten in den Wochen davor zurückzuführen und mit der wahlpolitischen Wiederauferstehung Bidens in South Carolina war klar, dass Bloomberg am ´Super Tuesday´ Schiffbruch erleiden würde.
Ebenso desaströs schnitt Elizabeth Warren, die demokratische Senatorin aus Massachusetts, ab, die nicht einmal in ihrem eigenen Bundesstaat die Mehrheit gewann. Sowohl Bloomberg als auch Warren scheiterten in der großen Mehrheit der ´Super Tuesday` Staaten an der 15% Hürde, die man im jeweiligen Bundesstaat erreichen musste, um Delegierte für sich zu gewinnen.
Enttäuschend verlief der ´Super Tuesday´ aber auch für Bernie Sanders. Der unabhängige Senator aus Vermont, der bei den Wählerversammlungen in Nevada noch knapp 50% der Stimmen erreicht und Biden um über 25% distanziert hatte, unterlag Biden in South Carolina deutlich und lag 30% hinter Biden.
Sanders hatte es als in Führung liegender Kandidat komplett verabsäumt, seinen Frieden mit dem demokratischen Parteiapparat zu machen und gedacht, er könne mit seinen etwa 25% – 30% an Wählern, die fix zu ihm halten, einfach zur Nominierung durchspazieren. Anstatt sich um die Unterstützung bereits ausgeschiedener Kandidaten und jene von Warren, Buttigieg und Klobuchar zumindest ernsthaft zu bemühen, predigte Sanders frisch fröhlich weiter seine politische Revolution, unterschätzte Bidens Fähigkeit politisch zurückzukommen massiv und verließ sich auf das Versprechen seiner Wahlkampagne, dass man in Scharen neue – und vor allem junge – Wähler am ´Super Tuesday´ zu den Urnen brächte. Nichts von dem ging auf, Sanders verlor völlig überraschend in Maine und Massachusetts gegen Biden und wurde – wie schon 2016 von Hillary Clinton – im `Deep South´ vernichtend von Joe Biden geschlagen.
In Texas war Sanders zwar bei jenen Wählern, die von der Möglichkeit des ´early votings´ Gebrauch gemacht hatten zu Beginn der Auszählung deutlich voran, dennoch verlor er den Staat am Ende mit über 4% Rückstand auf Biden, da dieser bei jenen Wählern, die sich erst ganz kurz vor der Wahl entschieden, wen sie wählen, Sanders um Längen schlug. In Kaliforniern rettete Sanders das ´early voting´zwar, aber Biden konnte auch dort bis auf 8% zu Sanders aufschließen.
Der wahlpolitische Plan des demokratischen Parteiestablishments ging perfekt auf. Biden, der in zahlreichen ´Super Tuesday´Staaten weder Wahlwerbespots geschalten hatte noch selbst aufgetreten war, surfte getragen von den öffentlichen Unterstützungserklärungen von Clyburn, Buttigieg, Klobuchar und O´Rourke und der indirekten Unterstützung von Obama und dessen mächtigem Apparat zu einem in diesem Ausmaß überraschenden Wahlerfolg und wies damit den Schrecken der Parteikader, Bernie Sanders, in die Schranken.
Im Rennen um die Nominierung der demokratischen Partei liegt Biden nach dem ´Super Tuesday´ nun summa summarum 100 Delegierte vor Sanders. Noch wichtiger für Biden als dieser Zwischenstand ist aber die Lawine an positiver free media Berichterstattung und der Umstand, dass nun in de facto allen noch ausstehenden Bundesstaaten führende lokale Politiker, Senatoren und Gouverneure sich nun öffentlich für ihn erklären und damit ein positiver Schneeballefffekt eintritt. Die Sanderskampagne ist konsterniert und betrachtet diese Vorgänge mit offenem Mund, muss sich aber an die eigene Nase fassen, weil man Biden krass unterschätzt hat. Ein fataler Fehler von Sanders, dessen politische Revolution nach 2016 nun auch 2020 scheitern dürfte…
Bloomberg zog bereits am Tag nach dem ´Super Tuesday´ die Konsequenzen und stieg aus dem Wahlkampf aus und empfahl wie so viele andere Politiker auch Joe Biden zur Wahl. Warren setzte am Freitag ihre Kandidatur aus, gab aber keine Wahlempfehlung für einen anderen Kandidaten ab.
Damit kommt es nun zum Zweikampf zwischen Biden und Sanders, bei dem der Ex-Vizepräsident der haushohe Favorit ist, da Sanders von den Entwicklungen der letzten zwei Wochen völlig überrascht wurde und im Moment völlig ratlos erscheint, wie er den Durchmarsch Bidens stoppen will.
Das politische Comeback Bidens war – entgegen der medialen Erzählung – jedoch sehr wohl vorhersehbar, denn spätestens seit der TV-Debatte in South Carolina und der darauffolgenden Wahlempfehlung von Jim Clyburn in South Carolina war klar, dass Biden wieder gute Chancen auf die Nominierung der demokratischen Partei haben würde.
Im Gegensatz zu 2016 als das DNC eine äußerst fragwürdige Rolle im Duell Clinton – Sanders gespielt hat und ganz klar parteiisch zugunsten von Clinton agiert hat, hat sich Sanders seine nun drohende Niederlage selbst zuzuschreiben, da er nicht bereit war sich politisch zu verbreitern und nicht begriff was in den letzten beiden Wochen realpolitisch seinerseits zu machen gewesen wäre.
Bidens Erfolg am ´Super Tuesday´ zeigt, dass positive Medienberichterstattung und die mediale Erzählung viel wichtiger als Geld und der Organisationsgrad in den einzelnen Bundesstaaten waren, und dass das alte Motto ´the party decides´, wenn es so geschickt wie in diesem Fall von Obama orchestriert wird, in den USA sehr wohl immer noch Gültigkeit hat.
Präsident Trump wurde von den Ereignissen bei den Demokraten ebenso überrumpelt, denn er gab zu sich bereits auf Sanders als Gegenkandidaten eingestellt zu haben.
Die persönliche Feindschaft zwischen Obama und Trump geht damit in die vierte Runde, denn während Trump 2008 und 2012 versuchte Obamas Wahl zu verhindern, möchte Obama – nach der Niederlage seiner ehemaligen Außenministerin Hillary Cinton 2016 – nun mit Joe Biden einen seiner engsten persönlichen Vertrauten ins Präsidentenamt hieven.
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Super Tuesday für Joe Biden | Wolfgang Müller | CC BY SA 4.0 | |
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