Spaltung der Gesellschaft – macht Politik böse? (31. Bürgersalon)
Veranstaltungsdaten
- Datum
- 15. 6. 2023
- Veranstalter
- Bürgersalon
- Ort
- Diplomatische Akademie
- Veranstaltungsart
- Podiumsdiskussion
Zum ersten Mal in diesem Jahr lädt der Bürgersalon in seiner 31. Ausgabe zur Diskussion über ein mehr als relevantes Thema: wie gespalten ist die Gesellschaft – und wie überwinden wir diese Spaltung?
Nach einer Einleitung vom Direktor der Diplomatischen Akademie Wien Dr. Emil Brix, in dessen Festsaal der Bürgersalon wie üblich stattfindet, und einer Vorstellung der Panelteilnehmer durch DI Carl Waldstein, startet Dr. Martina Salomon, Chefredakteurin der Tageszeitung Kurier, die Diskussion mit der Bitte um eine Bestandsaufnahme der vorgestellten These.
Die Bundesministerin für EU und Verfassung, Mag. Karoline Edtstadler, kämpft seit ihrem Amtsantritt gegen das Image der gefühlskalten Politikerin. Sie sieht die vielen Krisen der letzten Jahre als eine der Ursachen; auch die mediale Berichterstattung, die ständig stärker auffallen muss, um Aufmerksamkeit zu generieren, hat sich immer mehr zugespitzt. Ihre eigene Erfahrung mit einem Versprecher bei ihrem letzten Auftritt beim Bürgersalon zeigt, wie andere Parteien jeden Versprecher für die eigene Propaganda nutzen und die sozialen Medien benutzen, um diese Unwahrheiten zu verbreiten. Manche TV-Moderatoren scheinen nur noch das Ziel zu haben, die Karrieren von Politikern beenden zu wollen.
Die Philosophin Dr. Lisz Hirn, deren Buch Namensgeber der heutigen Veranstaltung ist, wählte deshalb diesen provokanten Titel, weil sie in zahlreichen Gesprächen feststellte, wie negativ das Handwerk des Politikers bewertet wird. Erst mit dem Ausbruch der Pandemie wurde vielen – auch gebildeten – Leuten klar, welche zentrale Rolle die Politik in unser aller Leben einnimmt. Hirn meint, dass die vielzitierte Spaltung oft auch absichtlich beschworen wird: denn es ist grundsätzlich gut, wenn unterschiedliche Stimmen in einer Gesellschaft mitreden. Und wenn man die Auseinandersetzung mit Niveau führt, schaut am Ende oft auch ein guter Kompromiss raus.
Das Pandemiejahr 2020 war für den Mediziner und Moraltheologen Dr. Dr. Matthias Beck auf Grund der vielen Drohungen gegen seine Person, weil er sich für eine Impfpflicht (aber keinen Impfzwang) eingesetzt habe, eines der schlimmsten Jahre seines Lebens. Der Großteil der Menschen in unserer Gesellschaft ist mittlerweile vollständig verunsichert. Das liegt zum einen an der schlechten Ausbildung, wie Beck selbst an Studienarbeiten feststellen muss, zum anderen an der Blasenbildung innerhalb der sozialen Medien. Während der Pandemie haben vielen Medien, aber auch die Gesellschaft zum ersten Mal einen Einblick in den wissenschaftlichen Prozess erhalten – und waren erschrocken, schockiert o.ä. darüber, dass die Wahrheit von heute schon morgen falsch sein konnte. Es war definitiv ein Fehler, dass man zu wenig über die Art und Weise, wie Wissenschaft funktioniert, kommuniziert hat. Beck meint auch, dass das Internet auf Grund der dort herrschenden Anonymität ein massiver Brandbeschleuniger für den Zerfall des gesellschaftlichen Diskurses ist.
Auch wenn sein Abgang aus der Politik unfreiwillig war, so war dieser gleichzeitig ein Segen für seinen Charakter, meint der ehemalige deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg. Die Wucht und Gewalt der Neuen Medien treibt die traditionellen Medien oft vor sich hier und führt dort zu der Frage, ob man seinen eigenen Ansprüchen noch gerecht wird. Eine Demokratie muss Streit und Meinungsaustausch zulassen, allerdings nicht zum Preis der Zerstörung der Diskussionskultur auf Grund immer härterer und verletzenderer Statements. Was er aus eigener Erfahrung sagen kann, ist, dass Europa sich davor hüten soll, eine ähnliche gesellschaftliche Spaltung zuzulassen, wie er sie in den USA erlebt hat.
Der ehemalige EU-Kommissar für Landwirtschaft, Dr. Franz Fischler, meint, man solle solche Spaltungstendenzen zwar beobachten, aber auch die Kirche im Dorf lassen und nicht Übertreibungen zelebrieren. Laut Fischler tritt „das Böse“ meist entweder als Verführer, oder als Verwirrer auf: beide Spielarten findet man aktuell zu Hauf, sowohl in der Politik, als auch in der Gesellschaft; und auch hier gilt es, Gegenstrategien zu entwickeln.
Neben der gemeinsamen Suche nach Lösungen, wie die Gesellschaft aus dieser zunehmenden Spaltung wieder herausfinden könnte, werden im Laufe der Veranstaltung auch zahlreiche Publikumsfragen beantwortet.
Den kulturellen Abschluss gestalten zwei Pianistinnen: Prof. Marialena Fernandes und Kristin Sophie Hütter.
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