Sind wir blind?
Wem kann man denn überhaupt noch irgendetwas glauben?
Diese Frage stellt sich heute mit größerer Dringlichkeit als je zuvor. Wir leben in einer außergewöhnlichen Zeit, die mit keiner uns bekannten Epoche vergleichbar ist. Unsere Technologie ist so weit fortgeschritten, dass sie bei unklugem Einsatz erstmalig die Macht hätte, wenn schon nicht den Planeten, dann zumindest uns und die zeitgenössische Tier- und Pflanzenwelt zu zerstören. Oder aber, um uns allen ein gutes, erfülltes Leben ohne Mangel zu ermöglichen, denn alles dafür Nötige wäre vorhanden. Unser aller Entscheidungen werden, wie es aussieht, in recht absehbarer Zeit die eine oder andere Zukunft herbeiführen… und getroffen werden sie aufgrund der Informationen, die wir erhalten.
Allerhöchste Zeit, gründlich zu überprüfen, wie weit sich unser Weltbild mit der Realität deckt. Denn belogen werden wir mit Sicherheit regelmäßig – die Frage ist nur: Wie schlimm ist es wirklich? Fünf vor zwölf oder doch eher „business as usual“?
Wollen wir alles, was wir zu wissen glauben, einmal auf seine Verlässlichkeit abklopfen, so müssen wir zuallererst ein neutrales Beurteilungsgerüst erschaffen, um nicht, ohne es zu bemerken, die gewohnten, aber falschen gedanklichen Pfade zu verfolgen. Absolut jeder Mensch hat diese in seinem Kopf, und sowohl im persönlichen Wachstum als auch in unserer Weltsicht kann es keine Erkenntnis oder Einsicht geben, ohne zuerst eine Weichenstellung auf neue und ungewohnte Bahnen vorgenommen zu haben. Welche von diesen wir später – um in der Metapher zu bleiben – in unser Streckennetz aufnehmen, bleibt uns überlassen.
Konsens als Denkfalle
Die gefährlichsten Irrglauben sind jene, die wir alle teilen und für selbstverständlich halten.
Es bringt uns nicht weiter, die jeweils offizielle Erklärung zu verschiedenen Sachverhalten vorbehaltlos zu glauben. Die Überzeugung, dass die großen Medien oder die Regierungen uns nie und nimmer belügen würden, ist leider grenzenlos naiv und gefährlich. Denn selbst wenn es heute stimmen sollte, kann es morgen ganz anders sein – und wie soll man diesen kritischen Wandel (für den es genug Beispiele in der jüngeren Geschichte gibt) erkennen, wenn man nichts jemals überprüft?
Die Filter in unseren Köpfen, soviel ist klar, wollen – individuell verschieden – bestimmte Argumente nicht zulassen. Es liegt tief in unserer menschlichen Programmierung, einen Gruppenkonsens erreichen zu wollen – mit der Folge, dass Übereinstimmung uns oft wichtiger ist als Wahrheit.
Aber wie denkt man frei und unbeeinflusst?
Allein schon die Prerequisiten Erdenbewohner, Zweibeiner, Säugetier und die Zugehörigkeit zur jeweiligen Kultur geben einige sehr elementare Sichtweisen vor, die man niemals vollkommen hinter sich lassen kann. Weil diese Vorbedingungen so tief sitzen, sind sie für uns auch unsichtbar und so selbstverständlich wie die Luft, die wir atmen. Genau durch diese Allgegenwart bei gleichzeitiger Unsichtbarkeit können sie unsere Wahrnehmung überhaupt so stark verzerren – wüssten wir, wo sie sitzen, wäre es ja einfach, sie zu umgehen.
Der Schmerz der Veränderung
Das Vorhandensein der blinden Flecke im eigenen Kopf anzuerkennen und die Möglichkeit offen zu lassen, dass man sich vielleicht in einigen sehr grundlegenden Fragen irrt, erfordert die Bescheidenheit und Demut, ganz von vorne anzufangen und zu akzeptieren, dass man möglicherweise sein Leben lang mit großer Leidenschaft etwas vollkommen Irriges verteidigt hat. Solche Erkenntnisse sind ein großes Geschenk, wenn man den ersten Schreck überwunden hat (und das empörte Gebrüll des rechthaberischen und geltungssüchtigen Egos zu ignorieren gelernt hat).
Sie führen zu einem Gefühl von Lebendigkeit und Echtheit, das zuvor von den starren Mauern, die der Verstand um seine Tabuthemen errichten musste, behindert war – in welchem Ausmaß, merkt man erst, wenn sie niedergerissen sind. Das Erleben solcher Durchbrüche bringt auch mehr Verständnis für die Starrköpfigkeit anderer – sie sind genauso gefangen in ihrem kleinen Labyrinth aus Regeln und Verboten.
Gleichgültig, zu welchem Schluss man auf seinem persönlichen Weg kommt, ein paar der größten und schädlichsten Illusionen verlieren zwangsläufig ihre Überzeugungskraft, sobald man auch nur ein bisschen hinter den Vorhang späht. Dies erfordert genug Interesse an der Welt und der Wahrheit, um die nötige Zeit zu investieren – und leider bin ich bislang vollkommen ratlos in Hinsicht darauf, wie man jemanden, dem alles egal ist, aus seiner Lethargie schütteln könnte.
Ein möglicher Weg
In diesem Sinne möchte ich als geistige Übung und Horizonterweiterung eine virtuelle Reise durch verschiedenste Welterklärungsmodelle beginnen und freue mich über Gesellschaft und Kommentare auf dem Weg. Wichtig ist mir dabei, mich nicht über andere Weltsichten zu empören oder lustig zu machen (insbesondere diejenigen, die mit Tabus belegt sind) – auch mit Hinblick darauf, dass selbst eine fehlerhafte Schlussfolgerung durchaus auf einer interessanten und relevanten Beobachtung basieren kann: dem Körnchen Wahrheit, das in jeder Geschichte liegt.
Unsere Gedanken und, ja, auch unsere Herzen müssen wach und lebendig sein – und wer jetzt einen zynischen kleinen Stich gespürt hat, kann sich darauf verlassen, dass dies ein Symptom für das gefährlichste und seelenverkrüppelndste Tabu auf diesem Planeten ist: die Verbannung von Gefühlen und Intuition. Unser Handeln kann nur in Einklang mit ihnen und mit der uns umgebenden Wirklichkeit zu Verbesserungen führen, sonst laufen wir in jeder Hinsicht gegen die Wand.
Credits
Image | Title | Autor | License |
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Consciousness Awakening | Ralph Buckley | CC BY-SA 2.0 |