Political Public Viewing zur Präsidentschaftswahl
Veranstaltungsdaten
- Datum
- 1. 12. 2016
- Veranstalter
- Neue Zürcher Zeitung
- Ort
- Bräunerstraße 11, 1010 Wien
- Veranstaltungsart
- Podiumsdiskussion
- Teilnehmer
- Oliver Pink, Die Presse
- Veronika Dolna, News
- Dieter Zirnig, Neuwal
- Lukas Sustala, NZZ
- Meret Baumann, NZZ
- Rudi Fußi, PR-Berater
Donnerstag Abend in den Hallen der Neuen Zürcher Zeitung in Wien.
Political Public Viewing zur (hoffentlich) letzten TV-Konfrontation im österreichischen Präsidentschaftswahlkamf. Der Raum ist voll besetzt, angesichts der hohen Handy-Twitter-Dichte wohl großteils mit dem Journalismus verbundenen Publikum.
Bei manchen Wortmeldungen der Kandidaten brandet Gelächter auf, manchmal wird ungläubig der Kopf geschüttelt. Die Sympathien sind relativ eindeutig gegen Hofer gerichtet (was nicht unbedingt bedeutet, daß Van der Bellen (VdB) besonders hohen Zuspruch erlebt).
In der anschließenden Diskussion erklärt Rudolf Fußi seine bekannt ablehnende Haltung gegenüber Wählern, die sich von den einfachen Parolen rechter Parteien einfangen lassen würden. Die tatsächlichen Zusammenhänge zwischen den Flüchtlingen und der Verteilungsfrage würden nicht erkannt, stattdessen werde mit absurden Zahlen hantiert (ein Flüchtling kostet laut einer Schätzung bis zu 270.000,- Euro in 45 Jahren – ein Nationalratsabgeordneter koste in derselben Zeit 7.000.000,- Euro).
Gleichzeitig setzte VdB kaum auf seine Kompetenz im Wirtschaftsbereich – eigentlich eine offensichtliche Strategie in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit. Wahrscheinlich wollte VdB nicht die eigene Wählerschaft vertreiben, die bekanntlich weder Fan von Freihandelsabkommen noch von der Globalisierung sei. Auch Hofers eigentliche Zugehörigkeit zum Establishment (er ist 20 Jahre in der Politik und verdient knapp 16.000,- Euro) wurde kaum angesprochen.
Die Demographie habe sich seit der Wahl im Mai zugunsten Van der Bellens verändert: Mehr Auslandsösterreicher haben diesmal Wahlkarten beantragt, einige ältere Wähler (Zielgruppe Hofer) sind mittlerweile verstorben, einige jüngere (Zielgruppe VdB) hinzugekommen. Andererseits könne der Brexit/Trump-Effekt durchaus die schweigende Mehrheit dazu bringen, an den Wahlurnen ihren Unmut mit der political correctness und der oft nicht nachvollziehbaren Schwerpunktsetzung der östereichischen Politik auszudrücken.
Sollte VdB gewählt werden, dann sei die Chance auf baldige Neuwahlen größer, als wenn Hofer gewinnt – sind sich die Diskutanten einig. Die Angst davor, daß Hofer und Strache gemeinsam regieren könnten, würde die Große Koalition von möglichen baldigen Neuwahlen abhalten.
Die immer wieder zutage tretende Verachtung bestimmter Wählergruppen ist mehrfach Thema: Einmal bei einer Wortmeldung eines Studenten, der in Stanford die amerikanische Wahl und die Reaktionen miterlebt habe und – ebenso wie die Psychotherapeutin Christine Bauer-Jelinek (die zwischendurch einen NLP-Trick, den diesmal VDB angewendet hat, entlarvte) – dazu mahnt, daß das linksliberale Establishment diese Wählergruppe, deren Existenzängste real und nachvollziehbar sei, akzeptieren und auf diese Menschen wieder zugehen müsse.
Demonstrationen wie fuck Hofer einen Tag vor dem Wahlgang halten die Anwesenden zu Recht für komplett kontraproduktiv. Man muß sich fragen, was in den Organisatoren solcher Veranstaltungen vorgeht, gerade wenn man vor wenigen Wochen und Monaten vor Augen geführt hat, daß solche Aktionen genau das Gegenteil von dem bewirken, was man eigentlich erreichen will.
Credits
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Header NZZ | Christian Janisch | CC BY-SA 4.0 | |
img_20161203_143303 | Christian Janisch | CC BY-SA 4.0 |