„Lethe – Vom Vergessen des Totalitären“ – Jan David Zimmermann
Der freie Autor, Journalist und Wissenschaftsforscher Jan David Zimmermann stellt im Rahmen dieser Lesung sein neues Buch „Lethe – Vom Vergessen des Totalitären“ vor. Zimmermann liest aus den Abschnitten „Die Widerstandsimpotenz der Linken – die dreckige Praxis“, „Raum und Ausgrenzung“ sowie „Karl May und der Frieden“.
Im Anschluss an die Lesung findet eine vom Autor gewünschte „konstruktive Publikumsdiskussion“ statt. Für Zimmermann hat mit Corona eine Sprache des Krieges begonnen, die nun ihre Fortsetzung in anderen Bereichen findet. Im Krieg gibt es immer Gute und Böse, Feinde, Soldaten und eine Wunderwaffe zur Lösung. Die Semantik des Krieges hat sich für den Autor zunehmend etabliert und kann daher in alle Themenbereiche umgelegt werden. Die Frage ist, in welcher Vehemenz und Totalität man das durchsetzen will.
In den linken Sphären, aus denen er kommt, verbietet man sich seither, nicht ganz korrekt zu sein. Die Ungeimpften kamen daher wie gerufen für eine politisch korrekte Ausgrenzung und Diskriminierung. Es gibt für ihn eine Anthropologische Konstante des Diskriminierens und Ausgrenzens, wenn Urängste angesprochen werden. Das Dazugehören zur richtigen Seite sichert das Überleben. Betrachtet man die Geschichte, so ist das nicht neu: Im Italien des Hochmittelalters pflegte man Leprakranke zuerst, später begann man sie abzusondern und in ihren eigenen Häusern einzusperren und diese zuzumauern. Solche Maßnahmen finden immer wieder und in verschiedenen Formen statt. Neu war, dass man unter dem Vorwand der Krankheit gesunde Menschen präventiv isoliert und ausgegrenzt hat. Die Diskurse zum Thema Ausgrenzung sind zwar schon seit geraumer Zeit geführt worden, dennoch sind wir wieder in dunkelste Zeiten gerutscht.
Zimmermann beschreibt die von ihm in einem Gespräch mit dem Psychoneuroimmunologen Christian Schubert „initiierte“ neue Aufklärung. Die erste Aufklärung hatte den Dogmatismus der Religionen zum Inhalt, nun gilt es den Dogmatismus der Wissenschaft zu beleuchten. Dort hat sich Scientismus durchgesetzt, Wissenschaft ist aus dessen Perspektive nichts anderes als Glauben. Das aber ist gegen die Prinzipien der Wissenschaft, da es dabei eigentlich um Zweifel und Skepsis gehen sollte. Nun aber soll gegen die Skepsis und den Zweifel angekämpft werden. Diese sind nicht gleichzusetzen mit Wissenschaftsfeindlichkeit. Wissenschaft muss sich immer auch selbst beobachten und reflektieren, was sie getan hat. Da dies immer weniger passiert, braucht es aus seiner Sicht diese „Aufklärung der Wissenschaft“.
Die seit einiger Zeit zu Schau gestellte Pseudosolidarität ist für Zimmermann oberflächlich, sie wird nur verwendet, um sich zu empören, aber es steckt sehr wenig dahinter. Sich wirklich zu exponieren, kommt selten vor. Am Ende werden die Gruppen, für die man sich pro forma einsetzt, tatsächlich nicht wirklich unterstützt. Diese „Verführung zum Guten“, also dem immerwährenden Gutsein, produziert Totalitarismus.
Nicht nur in der linken Politik, sondern auch in der Kunstszene schmort man im eigene Saft, es wird nicht begriffen, dass es auch andere Lebensrealitäten gibt. Mit der von ihm als „Schick-Kritik“ bezeichneten Haltung, exponiert man sich nicht wirklich, aber man bekommt den Schulterschlag der eigene Leute. Beim linken Politikspektrum handelt es sich um ein zunehmend kleines hermetisches Milieu, das sehr diskursmächtig ist und mit seiner Sichtweise den Weg in die Medien gefunden hat. In der dortigen Berichterstattung gibt es keine Meinungsvielfalt mehr, diese verengte Sichtweise reicht für das Betrachten der komplexen Phänomene aber bei weitem nicht aus.
Die Ausrichtung der Wissenschaft bezeichnet er als „Unified Science“. Man müsste dringend theoretisieren, dass dieser Bereich aber durchaus kleinkariert, eng gesteckt und mit wenigen Ressourcen agiert, was dessen Effizienz enorm mindert. Das ist für ihn durchaus beruhigend. Universitäten waren – bis auf kleines Zeitfenster in den 70er-Jahren – immer ein von alten Männern dominierter Hort des Autoritären und des Konformistischen. Das wirklich Neue kommt von außerhalb. Als Einstein seine neuen Ideen hatte, hat er am Patentamt und nicht an der Uni gearbeitet, schließt Jan David Zimmermann seine Ausführungen.
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