Lebensdebatten – Dr. Erwin Pröll im Gespräch mit Herbert Lackner

Politik

Anläßlich der Präsentation des Buches „Lebensdebatten„, das Erwin Pröll gemeinsam mit Peter Turrini verfasst hat, lud die Waldviertelakademie am 21. Mai 2019 den ehemaligen Landeshauptmann von Niederösterreich zum Gespräch mit dem Journalisten Herbert Lackner. Peter Turrini konnte leider gesundheitsbedingt nicht wie geplant an dieser Gesprächsrunde teilnehmen.

Lackner und Pröll sprechen miteinander über das persönliche und politische Leben Erwin Prölls, seine Höhen und Tiefen, politische Verantwortung, das Verhältnis von Politik und Medien und natürlich auch über das Buch und dessen Entstehungsgeschichte.

Die beiden Medienprofis teilen sich während der gesamten Veranstaltung ein Mikrofon und schaffen dabei eine besondere Atmosphäre, die von gegenseitigem Respekt, spontanem Humor und liebevollen Anekdoten geprägt ist, ein echter Leckerbissen für politisch interessierte Bürger.

Anfangs möchte Lackner von Pröll wissen wie dieser denn aufgewachsen ist und erfährt, dass Prölls unglücklichstes Erlebnis einer bis dahin ungetrübten Kindheit und Jugend das Verlassen seines Heimatdorfes Radlbrunn war, als er nach Wien auf die Universität studieren ging. Prölls Antrieb, in die Politik zu gehen und politisch zu gestalten, entstammte vor allem auch dem damals empfundenen Ungerechtigkeitsgefühl, als er feststellte, dass die kulturellen und wirtschaftlichen Möglichkeiten am Land jenen in der Stadt (Wien) deutlich hinterher hinkten. Der spätere langjährige Landeshauptmann nahm sich daher früh vor die kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Angebote in NÖ massiv auszubauen und ließ diesem Vorsatz auch dementsprechende politische Taten folgen.

Pröll schildert auch seine politischen Niederlagen, wie jene 1993, als er erstmals als Spitzenkandidat der Landes-ÖVP und amtierender Landeshauptmann bei einer niederösterreichischen Landtagswahl antrat und eine seinem eigenen Empfinden nach schwere Niederlage erlitt, aus der er die politischen Konsequenzen ziehen und zurücktreten wollte. Seine Parteifreunde in der Landes- & Bundes-ÖVP sahen das jedoch ganz anders als er, verwarfen Prölls Rücktrittsgedanken sofort und motivierten Ihn im Amt zu bleiben, eine 25-jährige Ära Pröll sollte folgen. Seine wahlpolitischen Anlaufschwierigkeiten bei den Landtaswahlen 1993 und 1998 führt Pröll auch auf sein dezidiertes Auftreten für den EU-Beitritt und die EU-Erweiterung zurück, doch der Weinkenner wuchs in die Rolle des Landesvaters immer besser hinein und und sollte in weiterer Folge 3x für die Landes-ÖVP die absolute Mehrheit (2003, 2008, 2013) erringen.

Der langjährige Chef der NÖ-ÖVP beschreibt die Vor- & Nachteile einer absoluten Mehrheit für die Regierungsarbeit und tritt der medialen Erzählung entgegen er wäre auch in der Bundes-ÖVP die graue Eminenz und das politische Machtzentrum gewesen .

Lackner lobt Pröll für dessen mutige Kulturpolitik, allen voran dafür das Nitsch-Museum nach NÖ geholt zu haben, da Pröll teils massiven Gegenwind aus seiner eigenen Partei für diese Entscheidung aushalten musste. Pröll macht klar, dass es ihm in seiner Kulturpolitik nicht darum gegangen ist ihm persönlich genehme Künstler nach NÖ zu holen, sondern, dass er mit seinen Entscheidungen sicherstellen wollte, dass NÖ keinesfalls mehr als kulturpolitische Provinz angesehen wird.

Pröll erinnert in diesem Zusammenhang an Einsteins Ausspruch „Kreativität ist wichtiger als Wissen“ und die Bedeutung von Kunst für eine freie Gesellschaft, denn gerade in der heutigen Zeit in der Wissen per Knopfdruck verfügbar ist, ist die künstlerische Kreativität, die man nicht einfach so abrufen kann, ein hohes Gut.

Trotz mancher Auseinandersetzung mit einzelnen Journalisten in seiner politischen Laufbahn bekennt sich Pröll vorbehaltlos zur Bedeutung unabhängiger und von der Politik unbeeinflusst arbeitender Journalisten und bedankt sich auch bei ihm politisch kritisch gegenüberstehenden Medien, dass diese zu keinem Zeitpunkt gegen ihn geführte persönliche Rufmordkampagnen unterstützt haben.

Der Ex-Landeshauptmann ist auch als Politpensionist voll auf der Höhe der Zeit und beantwortete zahlreiche Publikumsfragen. Dabei wurde er unter anderem auch gefragt wie er die Rolle der Medien rund um die Veröffentlichung des Ibizavideos von HC Strache (und Johann Gudenus) sehe. Pröll wandte sich entschieden gegen die in diesem Video getätigten Aussagen und lobte die Arbeit der Enthüllungsjournalisten.

Seit seinem Rücktritt hat Pröll die Politik keinen einzigen Tag vermisst,
wobei er natürlich nach wie vor ein politisch interessierter Mensch ist.
Schmunzelnd erklärt er, dass das Zeitunglesen nun viel entspannter als noch zu seiner aktiven Zeit verlaufe, so wie das gesamte Privatleben, da er nun auch endlich die Möglichkeit habe zb. mehr Zeit mit seinen Enkelkindern zu verbringen.

Credits

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Waldviertler Akademie – Gespräch mit Pröll-YOUTUBE Wolfgang Müller CC BY SA 4.0