Land schützen – Interview mit Mario Lackner
Sascha Stipsits führte für Idealism Prevails in der „Traumsieberei“ ein Interview mit Mario Lackner – Schriftsteller, ausgebildeter Sexualpädagoge, in der Sozialberatung tätig und politisch engagiert. Lackner möchte mit seinem aktuellen Projekt „Waldviertel schützen“ Brücken bauen zwischen der tschechischen und der österreichischen Grenze mit dem Fokus auf Windkraft und das Waldviertel so vor einer „großflächigen Zerstörung“ bewahren:
Lieber Mario Lackner, zuerst einmal herzlichen Dank für das herzliche Willkommen, das wir hier bekommen haben!
Gerne!
Wenn man sich mit dir beschäftigt, wenn man recherchiert, was du gemacht hast und was du tust, ist das eine sehr spannende Liste an Dingen, die auf den ersten Blick nicht immer etwas miteinander zu tun zu haben scheinen, auf den zweiten Blick aber sehr wohl. Du bist Schriftsteller, du bist politisch engagiert, du bist aber auch in der Sozialberatung tätig, du bist ausgebildeter Sexualpädagoge … und du hast hier in Langau einen Raum geschaffen, in dem alles Mögliche passieren soll. Wie würdest du dich selbst definieren, dein Tätigkeitsfeld?
Danke, dass ihr die Einladungen angenommen habt, hierher in die „Traumsieberei„ zu kommen. Wir sitzen hier an einem Ort, der früher zu einem Bergwerk gehörte, in dem Kohle abgebaut wurde. Jetzt verwandeln wir es in einen Raum, in dem in Zukunft viel Kreatives passieren kann. Es ist ein Teil meiner Beschäftigung, diesen Raum, diesen Traum zu verwirklichen. Das ist ein Teil der Geschichte, ein anderer Teil ist das Schreiben. Ich habe gerade wieder eine Romanidee und überlege, wohin sie führt.
Wie du schon gesagt hast, beschäftige ich mich mit vielen Dingen; und ich muss immer überlegen, wohin ich den Fokus dann auch lege. Sehr viel tut sich im Moment mit meiner Arbeit im Volksbildungsbereich, indem ich das Programm einer Wiener Volkshochschule zusammenstelle. Nebenher gibt es die Umweltschutzinitiative „Unser Waldviertel schützen“, bei der es darum geht, diesen Raum vor der Zerstörungswut der Menschen zu beschützen – und das, was Menschen auch können, nämlich kreativ zu sein, etwas Schönes zu schaffen, dass diese feinen Dinge, die hier im Grenzstreifen zu Tschechien existieren, gestärkt werden. Die Politikberatung ist gerade nicht so stark gegeben, aber ich unterstütze eine Kampagne von einer Politikerin aus vollster Überzeugung.
In dem Sinne: ein Überzeugungstäter in allem, was du machst …
Das stimmt … (lacht). Es geht nicht unbedingt darum, in welchem Feld das stattfindet, aber wenn ich merke, es ist was Wichtiges, dann bin ich gerne dabei und hau‘ mich zu hundert Prozent rein.
Dann bleiben wir einmal gleich bei „Waldviertel schützen“. Du kommst aus Oberösterreich, bist in Enns aufgewachsen. War das schon ein ländliches Umfeld?
Nein, das habe ich erst wahrgenommen, als ich 2011 teils hierher gezogen bin. Ich bin zwischen Wien und dem Grenzland hier gependelt und habe bemerkt, dass die Kultur hier schon anders ist. Das Landleben war eine neue Erfahrung für mich. Eigentlich bin ich wegen diesem Projekt, also der Traumsieberei, hierher gekommen. Die Gegend habe ich nicht gekannt, sie war ein weißer Fleck für mich, und ich habe mich total verliebt in das Land – es ist so, so schön.
Es hat dich ästhetisch angezogen?
Ja.
Haben die Einheimischen dich angenommen, als du herkamst?
Ja. Mit viel Enthusiasmus, viel Herz. Gerade diese Gemeinde Langau ist ein sehr herzlicher Ort. Ich habe mich nicht als Fremder gefühlt. Man ist interessiert, ich bin interessiert, also es war eine sehr positive Anfangszeit.
Als ich mich dann entschlossen habe, mich politisch zu engagieren, da hat sich dann schon einiges verändert. Das finde ich schade; es gibt auch Freundschaften, die dann keinen Platz haben. Ich habe gemerkt, es macht schon einen Unterschied, wenn man heraustritt aus dem, was von einem erwartet wird, und dann Position bezieht.
Das ist eine spannende Geschichte in Österreich überhaupt. Man wird richtig dazu gezwungen, Position zu beziehen. Das Bundespräsidentschaftswahljahr hat da sehr viel an Entscheidung erzwungen. Nichts in der Mitte, entweder oder, nicht das armonische „in der Mitte“, was ja eigentlich typisch für Österreich ist. Hier hat man doch eher die Lager überbrückt, um sozialen Frieden zu wahren. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass wir so lange und immer wieder große Koalitionen haben. Weil man in den 30er-Jahren die Bürgerkriegserfahrung gemacht hat.
Darauf kommen wir vielleicht nochmal zurück. Ich bin aber noch bei „Waldviertel schützen“ – wovor möchtest du die Region schützen?
Vor einer großflächigen Zerstörung. Vor großen Bauprojekten. Konkret werden im Waldviertel noch immer über 200 Meter hohe Windkraftanlagen geplant, es wurden vom Land Niederösterreich dafür auch Flächen freigegeben, nicht nur am Feld, sondern auch in Waldgebieten. Was ist da los? Wir haben schon genug zerstört. Lassen wir doch die Wälder einmal Wälder sein.
Ich bin ja nicht der Einzige in der Sache, da bin ich in die Umweltschutzbewegung reingerutscht. Plötzlich war ich Umweltschutzaktivist. Da habe ich erst gemerkt, wie hochpolitisch die Thematik aufgeladen ist.
Wie sieht das konkret aus – welche Instrumente wendet ihr an, um eure Argumente effektiv in die Bevölkerung zu tragen?
Mein Hauptaugenmerk war auf der Schaffung einer Facebook-Seite, bei der es auch um den Thayatal-Nationalpark geht, in dessen Nähe sehr hohe Windkraftanlagen in Planung sind. Damit wollten wir auch eine Brücke auf die tschechische Seite schlagen.
Lass mich bitte hier kurz unterbrechen: Wir sind hier in Langau ja sehr nahe an dem ersten grenzüberschreitenden tschechisch-österreichischen Nationalpark. Jeder, der noch nicht da war, sollte das unbedingt anschauen, das ist fantastisch gemacht, vor allem auch das Nationalparkhaus.
Aber zurück zum Umweltschutz und wie ihr das konkret angeht …
Ja, wichtig ist auf jeden Fall, dass man Brücken baut; im konkreten Fall zu jenen, die in der Nähe von Znaim wohnen, die tschechische Seite zu involvieren. Die Nachbarn geht es etwas an. Die haben sich auch gefragt: Was baut man uns da vor die Haustür? Rot blinkende Riesen, die auch für Flora und Fauna höchst problematisch sind. Aber bitte mich nicht falsch verstehen: Ich bin für die Energiewende, auch für die Windkraft, aber dort, wo es von der Dimension her auch Sinn macht. Klimaschutz ja, aber nicht dafür klimaschützende Wälder opfern. Das passt nicht zusammen, da muss man andere Wege gehen.
Es machte viel Freude, sich mit Mario Lackner zu unterhalten, und es werden mit Sicherheit fortsetzende Gespräche folgen. Danke!
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Thaya_080524_11 | Aconcagua | CC BY-SA 4.0 |