Katharina Rogenhofer – „Fridays for Future“, die Klima-Krise und das Klimaschutz-Volksbegehren

Gesellschaft

In der aktuellen Ausgabe der „Kitchen Talks“ ist die Sprecherin des Klimaschutz-Volksbegehrens, Klimaschutzaktivistin und promovierte Zoologin Katharina Rogenhofer (MSc) zu Gast.

Rogenhofer hat in Wien das Studium der Zoologie und in Oxford den MSc-Studiengang „Biodiversity, conservation and management“ (sie kürzt es auf Deutsch liebevoll mit „Naturschutz ab) abgeschlossen. 2018 entschloss Sie sich konkret politisch zu engagieren und ein Praktikum bei der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen zu absolvieren im Zuge dessen Sie Ende 2018 auch an der internationalen UN-Klimakonferenz in Katowice teilgenommen hat, wo Sie vor Ort auch Greta Thunberg persönlich kennengelernt hat.

Schon kurz darauf meldete Rogenhofer für den 21. Dezember 2018 mit Mitstreitern die erste „Klimastreik“-Demonstration am Wiener Heldenplatz an und engagierte sich in der Folge federführend bei der österreichischen „Fridays for future“-Protestbewegung.

Ende März 2019 wurde die Wissenschaftlerin Sprecherin des Klimaschutzvolksbegehrens und ist seitdem unermüdlich im Einsatz für den Klimaschutz, trifft sich mit Freiwilligenorganisationen, vernetzt sich mit Umwelt NGOs, gibt Interviews und nimmt an unzähligen Informationstreffen mit Freiwilligen teil.

Für Sie ist klar, dass der menschlich verursachte Klimawandel real ist und dass es dringend notwendig ist in der Klimakrise zu handeln.

In diesem Zusammenhang übt Sie auch Kritik an der Erzählung mancher Klimaschützer, die in früheren Jahren mit einer “Wir würden alle untergehen“-Rhetorik den Menschen damit ohne es zu wollen den Glauben und die Hoffnung nahmen selbst etwas verändern zu können. 

Dazu kommt, dass die Wissenschaft aus Ihrer Sicht noch nie im politischen Diskurs angekommen wäre, sprich der Dialog zwischen Politik und Wissenschaft sei nie wirklich gut ausgeprägt gewesen, was u.a. in den USA mit zu einem hohen Anteil am Klimawandel-Leugnern und Skeptikern geführt habe. In Europa sei dieser Dialog historisch etwas besser gelaufen und die Zoologin freut sich, dass sich die Wissenschaft mit der Klimaschutz-Protestbewegung vernetzt, so hat die Organisation „Scientists for future“, zu der im Moment 28.000 Klimawissenschaftler im deutsch-sprachigen Raum gehören, einen eigenen Solidaritätsbrief für „Fridays for future“ unterzeichnet.

Die enorme mediale Konjunktur des Themas „Klimaschutz“ erklärt Rogenhofer u.a. auch damit, dass selbst die Wissenschaft die Geschwindigkeit des Klimawandels deutlich unterschätzt habe, so wurde jene Menge an Eis, die derzeit an den Polen wegschmilzt, von Klima-Wissenschaftlern erst für 2090 prognostiziert, doch die drastischen Bilder vom Abschmelzen der Pole und dem dahin schmelzenden Eis machten allen deutlich was los ist.

Die nun häufiger auftretenden extremen Wetterereignisse (Hitzewellen, Dürreperioden, Wirbelstürme, Hagel,…) in Regionen in denen Sie zuvor selten bis kaum bis gar nicht zu beobachten waren, zeigen die Effekte des Klimawandels und die Frage ob es Kipppunkte gäbe von denen weg der Klimawandel irreversibel würde sind massiv ins öffentliche Bewusstsein getreten.

Die Wissenschaftlerin macht in diesem Zusammenhang klar, dass es sehr wohl einen großen Unterschied gibt ob sich die Erde um 1,5 oder um 2 Grad erhitzt, und hält fest, dass wir global eine Erwärmung von 1 Grad, in Österreich von 2 Grad und in den Alpen von deutlich über 2 Grad beobachten müssen.

In den Bergregionen nimmt die Temperatur bekanntlich mit zunehmender Höhe ab, doch da die  Temperaturen durch den Klimawandel bedingt ansteigen, verändern sich auch die Zonen in denen Wald wächst und in denen es Habitate für Tiere und Pflanzen gibt. Mit der zunehmenden Erwärmung wandern also die Tiere mit ihren Lebensräumen immer weiter nach oben, jene Tiere aber, die sich ganz oben befinden, haben nun keinen Ausweichpunkt mehr. Besonders krass ist diese Temperaturverschiebung nach oben für Pflanzen, da diese nicht einfach mal so weiter nach oben wandern können, macht die Zoologin klar. 

Die Folge dieser direkten Auswirkungen der Klimakrise sind ganz starke lokale Aussterbeereignisse (Artensterben), hunderttausende Arten seien potentiell vom Aussterben durch Habitatsverlust bedroht.

Von Alexander Stipsits zur individuellen Verantwortung jedes Einzelnen befragt, macht Sie klar, dass wir natürlich alle unseren individuellen Beitrag leisten können. Für Rogenhofer ist in dem Zusammenhang aber auch klar, dass nicht alle finanziell etwas beitragen können, da soziale Alltagsprobleme vieles überschatten und man könne daher nicht mit dem moralischen Zeigefinger herumlaufen und undifferenziert von allen den gleichen Beitrag verlangen.

Der größte individuelle Beitrag für den Klimaschutz ist für Sie „Geh auf die Straße“, „Geh wählen“, „Nimm deine politische Stimme in die Hand“ um damit jene politischen Rahmenbedingungen zu erwirken, die den Klimaschutz Ernst nehmen, denn eine einzelne Person alleine könne nicht über ordnungspolitische Maßnahmen entscheiden, aber zusammen könne man den politischen Rahmen schaffen und den notwendigen politischen Gesinnungswandel erzeugen, um Klima freundliches Handeln leistbar und attraktiv zu machen und Klima schädliches Handeln zu reduzieren. Für Sie ist das auch ein klarer Auftrag an die Politik zu handeln, denn diese Veränderungen könne eben nicht einer alleine leisten und schaffen.

Auf die Frage warum sich die Menschheit denn überhaupt gegen ein durch den Klimawandel ausgelöstes „near extinction“-Ereignis wehren solle erinnert Sie daran, dass  – falls wir auf der Erde weiter existieren wollen – wir dringend etwas unternehmen sollten, denn die Trockenheit und Wasserknappheit wird vermehrt zu Kriegen und Fluchtbewegungen führen, eine nachhaltigere und sozial gerechtere Welt zu realisieren sei daher dringend geboten. 

Die Menschheit könne sich sehr wohl entscheiden was Sie in Zukunft machen will:

„ob wir weiter in nicht zukunftsfähige fossile Brennstoffe investieren oder nicht“

„ob wir öffentlichen Nah- & Fernverkehr ausbauen und leistbar machen wollen oder nicht“

„ob wir Kerosin besteuern wollen oder nicht“

Auf die Frage wie Sie jene Bürger erreichen wolle, die keinesfalls an den „men made climate change“ glauben würden, erinnert Sie an den Youtuber Rezo und dessen Kommunikationserfolg mit seinem Video „Die Zerstörung der CDU“ und bekräftigt, dass der Narrativ wie man etwas kommuniziere sehr wichtig sei.

Befragt wie sie mit jenen Bürgern, die von Aktivistinnen wie Greta Thunberg genervt mit Verweigerung, Trotz- & Abwehrhaltungen sowie Gegenprotest reagieren, in Dialog kommen wolle, erklärt Katharina Rogenhofer, dass Greta Thunberg es mit Ihrer „Our house is on fire“-Attitüde geschafft habe uns vor den Kopf zu stoßen, da dies notwendig wäre. Gretas Verdienst wäre es, dass der Klimawandel nun eben kein Umweltthema mehr ist, sondern ein Zukunftsthema, denn es geht um unsere Kinder und die nächsten Generationen, das zeige das gesellschaftlich und Welt anschaulich sehr breite Spektrum von Menschen, die sich bei den Klimastreiks und den „Fridays for future“ Demonstrationen engagieren.

Die Zoologin macht klar, dass die Menschen im Sommer den Klimawandel subjektiv am meisten spüren würden und bekräftigt, dass die „Fridays for future“-Demos der Schüler in Österreich auch in den Ferien weiter gehen und Sie erinnert, dass beim letzten Klimastreik 120 Länder dabei waren und es sich bei diesen Demonstrationen um ein globales Phänomen handle und keine rein österreichische Initiative.

Für die Kritik renommierter Jugendforscher, dass an den Klimademos vor allem Jugendliche aus den besser gebildeten und wohlhabenderen Schichten teilnehmen würden zeigt Rogenhofer Verständnis und erinnert daran, dass jene, die eine Lehre machen und/oder zur Berufsschule gehen nicht einfach so streiken und demonstrieren gehen können, da Sie ansonsten Ihren Lehrplatz verlieren und/oder einfach aus der Berufsschule geschmissen werden könnten. Für die Wissenschaftlerin ist daher klar, dass vor allem der Dialog mit jenen Gruppen, die noch nicht so zahlreich an den Klimastreik-Demonstrationen teilnehmen besonders wichtig ist und daher mit Gewerkschaftern, Berufsschülern, Lehrlingen, aber auch mit älteren Menschen ein Gedankenaustausch dazu besonders wichtig ist.

Die Frage wie man eine verstärkte politische Beteiligung und Solidarität in und mit verschiedensten sozialen und gesellschaftlichen Gruppen zustande bringen kann beantwortet Sie auch mit einem Appell das Klimaschutz-Volksbegehren zu unterzeichnen, denn ein unabhängiges, parteifreies Volksbegehren ist eine Möglichkeit sich konstruktiv zu engagieren, wenn man nicht will, dass  „unsere Ernten ausfallen“ und Landschaften veröden.

Angesprochen auf die Frage des individuellen Verzichts und klimaschonendes Verhalten des Einzelnen macht Sie klar, dass es nicht Ihre Art ist den Menschen etwas vorzuschreiben und erinnert z.B. an die sozialen Ursachen, die mit dazu führten, dass Leute pendeln müssten.

Die Zoologin hofft, dass immer mehr Bürger von sich aus mehr mit dem Fahrrad fahren, mehr zu Fuß gehen und gesund essen wollen. Ein positives Beispiel sind für Sie zb. ältere Menschen die auf E-Bikes umsteigen und damit im Rahmen ihrer Möglichkeiten sich Klima schonend verhalten. 

Für die Städte wünscht Sie sich gut getaktete öffentlichen Verkehr und Kühlinseln, der ländliche Räume solle verstärkt mit Bus und Zug erschlossen werden und für die letzten Kilometer in entlegenere Ortschaften könne man regionale Car-Sharing Konzepte entwickeln.

Den Klimawandel auch technologisch anzugehen, wie es unlängst Leonardo Di Caprio gefordert habe, hält Sie für eine gute Idee.

Auf die Frage warum Sie sich für das Instrument des Volksbegehrens entschieden habe, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, macht Sie klar, dass Volksbegehren der Zivilbevölkerung die Möglichkeit geben konkrete inhaltliche Vorschläge an die Politik zu richten und damit ein demokratisches Werkzeug darstellen, um politische Veränderungen einzuleiten.

Damit Ihre Klimaschutz- Initiative als Volksbegehren zugelassen wird mussten Sie und Ihre Mitstreiter zuerst zumindest 8401 Unterstützungserklärungen sammeln, wird diese Hürde erreicht legt das Innenministerium eine Eintragungswoche fest in der alle wahlberechtigten Österreicher ab dem 16. Lebensjahr das Volksbegehren am Magistrat bzw. im Gemeindeamt unterschreiben gehen können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass mit dem Erreichen der Hürde bei den Unterstützungserklärungen diese weiter gesammelt werden können und alle diese dabei geleisteten Unterschriften bei der Gesamtzählung aller Unterschriften für das Volksbegehren mitgerechnet werden.

Wenn ein Volksbegehren über 100.000 Unterschriften hat muss der Nationalrat das Thema des Volksbegehrens verpflichtend im Plenum behandeln.

Für das Klimaschutz-Volksbegehren ist Sie optimistisch, denn während die Klimakrise vor den „Fridays for Future“ – Demos medial kaum vorgekommen ist, hat sich das ab dem Dezember 2018 grundlegend geändert, mittlerweile ist der Klimaschutz das aktuell wichtigste Thema in Österreich, eine Themenkonjunktur, die selbst Aktivisten kaum für möglich gehalten hatten.

Die Politik musste daher auf das Thema reagieren und so wurden zb. Anfang Juli von 4 Parteien sehr prominent Anträge im Parlament zum Klimanotstand eingebracht und behandelt, diese Entwicklung stimmt Sie optimistisch und zeige was möglich ist, wenn die „Fridays for future“- Bewegung erfolgreich Druck aufbaut, da nun klar ist, dass keine Partei derzeit mehr um das Thema Klimwandel herumkommt.

Katharina Rogenhofer bereut Ihr sachpolitisches Engagement daher überhaupt nicht, denn sie habe sich bewusst entschieden sich für Themen zu engagieren und nicht für Parteien, denn die Mühlen der Parteipolitik mahlen Ihr zu langsam, die etablierte Politik bremse generell sehr stark und als Wissenschaftlerin, die um die Dringlichkeit der Klimakrise Bescheid weiß ist es Ihr sehr wichtig, dass endlich rasch sinnvolle Maßnahmen gesetzt werden um den Klimanotstand zu beseitigen.

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Katharina Rogenhofer Wolfgang Müller CC BY SA 4.0