Justiz in Österreich – Dr. Michael Brunner, Dr. Hans Zeger, Mag. Gernot Klopcic
Wie ist es um den österreichischen Rechtsstaat bestellt? Hat er in der Coronakrise funktioniert? Diesen und weiteren Fragen geht ein mit Anwälten, Richtern und Datenschutzexperten gespicktes Diskussions-Panel nach.
Mag. Gernot Klopcic, Richter am Verwaltungsgericht in Wien, eröffnet mit dem allseits bekannten Zitat „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“. Die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit der Gerichte ist zentraler Bestandteil der Gewaltentrennung; dennoch ist die Judikative auf die von der Politik gemachten Gesetze angewiesen. Die weltweit um sich greifende Taktik, Andersdenkende zu diffamieren, ist leider auch bei den Richtern angekommen, meint Klopcic. Eine Reform des Justizsystems sieht er als nicht weitgehend genug an: das Rollenverständnis der Justiz müsse gesellschaftlich neu diskutiert werden: welche Werte sollen vertreten werden; und wie weit soll die Unabhängigkeit der Gerichte gehen, um vor politischer Einflussnahme geschützt zu sein. Wenn wir etwas verbessern wollen, dann müssen wir zum Einen in der Bildung (Universitäten) beginnen, zum Anderen sollten wir uns Modelle in anderen Staaten (zB Spanien) ansehen und Funktionierendes übernehmen.
Nachdem der Datenschützer und Obmann der ARGE Daten, Dr. Hans Zeger, den veralteten Begriff des Datenschutzes analysiert hat, stellt er die für ihn zentrale Frage: wo steht unsere Informationsgesellschaft – und wie gehen wir künftig mit ihr um? Während China die Geräte und die USA die Dienstleistungen für die Informationsgesellschaft liefern, hat Europa außer den Konsumenten nichts zu bieten. Dies sei fatal, so Zeger. Da die bestimmenden Firmen mittlerweile wirtschaftlich mehr wirtschaftliche Macht habe, als die meisten Staaten, bleibt Letzteren nur übrig, den einfachen Bürger mittels Datenschutz(grund)verordnungen in Bedrängnis zu bringen, um so zu tun, als ob man etwas gegen die Konzerne unternimmt. Stattdessen unterstützen diese Verordnungen meist gerade die Konzerne, gegen die sie angeblich eingeführt wurden. Heute stehen wir vor der Entscheidung, welches der drei Gesellschaftsmodelle sich künftig durchsetzt: das europäische Modell mit Meinungsfreiheit, Rechtsstaat etc (Menschenrechte); das amerikanische Modell, das das Recht, nach Glückseligkeit zu streben, in seiner Verfassung verankert hat (Bürgerrechte); und das relativ neue Scoring&Nudging-Modell, welches vor allem mit China in Zusammenhang gebracht wird. Das europäische Modell ist zwar das Mühsamste – weshalb sich eine wachsende Zahl an Menschen davon abwendet und Verantwortung an Institutionen abtritt – aber dafür auch jenes, welches Freiheit und (soziale) Sicherheit am Erfolgreichsten in Einklang bringt.
Den Vortrag des Anwalts und Mitbegründers der Partei MFG, Dr. Michael Brunner, findet ihr hier:
In der folgenden Diskussion gehen die Vortragenden auf diverse Fragen des Publikums ein: die Gefahr des Missbrauchs von Disziplinierungsmaßnahmen gegen Andersdenkende, der Tatbestand, dass sich meist nur Leute kritisch aus der Deckung wagen, die sich kurz vor der Pension oder schon in Pension befinden, die Möglichkeit der Verweigerung verfassungswidriger Verordnungen durch die Bevölkerung und den Einzelnen und vieles mehr.
Credits
Image | Title | Autor | License |
---|---|---|---|
Diskussion – Dr. Michael Brunner, Dr. Zeger und Dr. Klopcic | Wolfgang Müller | CC BY SA 4.0 |