Glaubenslabor: „Why I am a believer“

Lebenswelten

Dieser Text ist der Beginn einer Serie, die sich mit der Vielfalt des Glaubens befasst. Jeder Mensch glaubt an etwas und sei es nur, an nichts zu glauben.

Folgender Artikel gab mir den Impuls zur Überlegung für den ersten Teil: http://freethoughtblogs.com/pharyngula/2012/02/17/why-i-am-an-atheist-andreas/

Darin schildert ein Achtzehnjähriger, wie er religiös erzogen wurde (Baptist) und mit vierzehn die Firmung erhielt. Mit sechszehn starb der Vater. Nicht einfach so über Nacht, nein auf qualvolle Art und Weise. Er hatte Krebs, und auch nicht die leichteste Form, es war ein Gehirntumor. Es war auch nicht das erste Mal, dass der Vater diese bösartigen Wucherungen im Kopf hatte, sie waren zuvor schon mal da, aber dann wieder weg.

Der Autor schildert, wie nach einem durch einen neuen Tumor verursachten Schlaganfall sein Vater komplett hilflos wurde, unfähig richtig zu sprechen, unfähig sich richtig zu bewegen. Er konnte zuhören, war bei Bewusstsein, aber konnte nicht antworten. Sein starker Vater, der nie von irgendjemandem abhängig sein wollte, war niedergestreckt, war am Boden. Das Leiden dauerte mehr als einen Monat, dann starb der Vater.

Danach erzählt der junge Mensch davon, dass dies die Zeit gewesen sei, wo er gebetet habe. Er hätte gefleht, er bat um ein Wunder. Er hat um das Leben seines Vaters gebettelt.

Und dann starb der Vater doch.

Danach hatte er den Glauben an Gott verloren. „Warum ist der Weg den Himmel zu betreten, so schmerzhaft, warum musst du so lange leiden? Warum ließest du ihn nicht einfach sterben, warum halfst du meinem Vater nicht?“ fragte er sich. Und kam zum Schluss: „Es gibt keinen Gott“. Und er war Atheist.

“We are all without Godsome of us just happen to be aware of it.” ~ Monica Salcedo  Diesen Satz setzt er an den Schluss seines Beitrags.

Der Reihe nach. Not lehrt Beten. Jeder, der in einer schlimmen Situation war, versucht es zu tun oder hat es auch gemacht. Ein Stoßgebet zum Himmel zu schicken schadet ja nicht oder? Und wieso lässt Gott das Leiden dann doch zu? Ich habe zu ihm gesprochen, hört er mich nicht? Ist er ignorant? Ist er bösartig?

Was für eine Art Gott hat der Junge da vor Augen gehabt? Den Über-Vater, der eingreift, wenn das Kind leidet oder die bösen Monster vertreibt, wenn sie unter dem Bett lauern? Den Rächer, der sofort zum Schwert greift, wenn das Kind in Gefahr ist? Und dann? Für wen sollte Gott da sein? Für alle gleich? Also alle kriegen alles, was sie sich wünschen. Gott hält alles am Leben oder lässt sterben, je nach Bedarf.  Ginge das? Und was wäre das für eine Welt? Okay, dann soll Gott es nur besser machen als jetzt. Diese Welt kann doch sicher nicht die beste aller Welten sein, die Gott hätte schaffen können.

Doch! Es ist so. Diese Überzeugung habe ich. Diese Welt, mit all ihrer Ungerechtigkeit, ist die Beste aller Welten für uns, für Tiere, Pflanzen und alle anderen Wesen bis hin zu den kleinsten Bakterien. Und der Grund dafür ist, das Gott uns allen, allen Existenzen in diesem Universum die Wahlfreiheit, den freien Willen zugesteht. Und nur wenn alle zustimmen, alle kleinsten Einheiten, dann, nur dann, geschieht ein Wunder. Nicht weil man betet. Weil die Schöpfung Gottes zustimmt. Gott vermag nichts ohne uns, wir nichts ohne es/sie/er. Das Leiden ist der Preis der Freiheit in der Schöpfung. Gott kann dem Vater den Krebs nicht so einfach nehmen. Denn damit würde es/sie/er gegen das erklärte Versprechen Gottes verstoßen, der ganzen Schöpfung die Freiheit zu lassen. So verrückt es klingt, aber in meinem Glauben ist für Gott alles gleich wertvoll. Gott liebt alles. Eine wuchernde Zelle mag bösartig sein, aber sie ist eine lebendige Zelle. Und auch diese Zelle ist in der Liebe Gottes. Viele sehen Gott immer als Menschen, als einen nicht sichtbaren alten Herrn mit Bart. So egozentrisch sind wir in unserem (Un)Glauben. Aber Gott ist über allem und anders als alles andere, und wir Menschen sind nur ein sehr, sehr winziger Teil der ganzen Schöpfung. Und trotzdem glauben viele, Gott müsse unseren Wünschen gehorchen.

Manche von uns glauben, Gott nicht zu brauchen, bis sie eines Tages erkennen, wie einsam sie sind und verzweifelt nach Gott rufen. Dann aber hören sie oft nicht zu, sondern wollen sofort die Allmacht Gottes erleben. Denn sie haben ja gebetet. Und wenn nichts geschieht? Dann bleibt immer noch der Atheismus.

Für mich nicht. Gott muss nicht antworten. Gott kann antworten. Und die Antwort kann ganz anders ausfallen, als ich möchte. Denn es ist nicht Gott allein, der antwortet, nicht sein Wille geschieht, wenn der Rest der Schöpfung es nicht will. Gott ist allmächtig, aber zugleich unendlich ohnmächtig. Was kann Gott tun wenn sich ihm auch nur das kleinste Teilchen seiner Schöpfung verweigert, das er/sie/es braucht um ein Wunder zu tun? Nichts. Warum sollte sich jemand Teilchen verweigern? Weil wir uns ihm auch oft verweigern, warum dann nicht auch ein Teil der Schöpfung aus nicht fassbaren Gründen. Gott verfügt nicht über uns, weil er uns seinen Willen nicht aufzwingen will. Freiheit ist es nur dann, wenn alles in der Schöpfung Freiheit hat.

Warum ist das so? Weil Gott selbst es so gewollt hat, weil Gott uns alle liebt. Weil Gott uns allen und allem einen freien Willen gegeben hat, das Gott allumfassend respektiert. Darum glaube ich noch immer an Gott, obwohl keine wissenschaftlich haltbaren Gründe dafür sprechen, dass es Gott gibt.

Credits

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Blog – Wieso ich meinen Glauben habe-Version3-DE-IPHP

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