„Früher war alles besser – sagt die Jugend“ – Prof. Bernhard Heinzlmaier
In der neuesten Ausgabe der Kamingespräche begrüßt Yvonne Gaspar den Vorsitzenden des Instituts für Jugendkulturforschung, Prof. Mag. Bernhard Heinzlmaier und stellt ihm zu Beginn die Frage, wie es ihn in die Jugendforschung verschlagen hat: Alfred Gusenbauer, der später Kanzler werden sollte, habe ihn angerufen und gefragt, ob er nicht das sozialpartnerschaftlich besetzte Institut übernehmen und auf Vordermann bringen wolle. Da er von Hamburg immer schon fasziniert war, fiel es ihm nicht schwer, neben dem Institutsjob bei der Hamburger tfactory, die im Bereich Markt- und Meinungsforschung tätig ist, anzuheuern.
Während die Jugendlichen rund um die Jahrtausendwende äußerst positiv und neugierig in die Zukunft geblickt haben, so ist dies heute genau umgekehrt: viele suchen das Idealbild von Gesellschaft und Zusammenleben in der Vergangenheit. Diese Veränderung führt der Sozialwissenschaftler auf die Neoliberalisierung der Gesellschaft zurück: das Leben der Menschen hängt komplett vom Markt ab und ist dadurch wesentlich unsicherer (zahlreiche Job- und Partnerwechsel), als in der Vergangenheit. Es gibt keine Zeit für Pausen mehr: wer stehenbleibt, wird abgehängt. So zumindest das Gefühl vieler Menschen, die sich nach den gelasseneren, vergangenen Zeiten sehnen. Wir leben mittlerweile in einer Abstiegsgesellschaft: 70 Prozent der Menschen gehen davon aus, dass ihre Kinder den gesellschaftlichen Status nicht halten werden können.
Vorbilder werden heute geschlechterspezifisch gewählt: Frauen suchen sich starke und interessante weibliche Vorbilder, Männer großteils männliche. Dies sei eine durchaus positive Entwicklung, denn dadurch werden tendenziell realistischere Rollenbilder verfolgt.
Von einem homogenen Generationsbild (Generation X,Y, Z etc) müsse man sich verabschieden: Generationen sind in sich vielschichtig und widersprüchlich und verarbeiten Großereignisse höchst unterschiedlich. Deshalb will Heinzlmaier auch nicht von einer Generation Corona sprechen. In der Coronakrise lässt sich feststellen, dass vor allem das obere Gesellschaftsdrittel an Experten und Regierung glaubt, während die anderen zwei Drittel der Gesellschaft teilweise sehr kritisch sind und meinen, dass ihre Argumente nicht gehört werden. Diese weltweit feststellbare gesellschaftliche Spaltung, die Bevormundung der Unterschichten durch die (nicht nur auf Corona bezogen) besserwisserische Oberschicht, ist ein wesentlicher Grund für den Erfolg Donald Trumps in den USA.
Im Zentrum seiner aktuellen Studie stehen die Auswirkungen der Coronakrise: während sich kaum ein unter-30-jähriger vor der Krankheit fürchtet, da es ihn auch statistisch kaum betreffen kann, leben die Jungen dennoch in Solidarität mit der älteren Generation. Wovor sie aber große Angst haben, ist der wirtschaftliche Niedergang im Zuge der Krise und die schwindenden persönlichen Zukunftsaussichten.
Das aktuell größte Problem für Jugendliche ist, dass sie keinen direkten Kontakt zu ihren Altersgenossen haben. Dort lernen sie normalerweise den gesellschaftlichen Umgang und wie man mit Wettbewerb umgeht und mit Menschen, die einen nicht vorbehaltlos lieben, wie zB die Eltern. Nachdem Außenaktivitäten massiv eingeschränkt sind, verlagert sich das Leben der Jugendlichen ins Internet: während die Burschen großteils Computerspiele zocken, beschäftigen sich die Mädchen mit Influencern und gossip news oder lesen Bücher, so die Ergebnisse einer weiteren Studie des Jugendkulturinstituts. Allgemein sei eine Renaissance des Kochens – und damit eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Ernährung – zu beobachten – ein durchaus positiver Aspekt.
Im weiteren Verlauf werden die Auswirkungen der Krise auf die in engen Wohnverhältnissen lebenden Mittel- und Unterschichten, der Rückfall der Jugendlichen in die elterliche Kontrolle, die diversen psychischen Belastungen, die Auswirkungen von digitalem Unterricht und vieles mehr besprochen.
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