Dr. Stephanie Krisper – Die Menschenrechtsexpertin

Politik

Für die Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Stephanie Krisper von den NEOS standen die Menschenrechte schon immer im Mittelpunkt ihres Lebens. Als 18jährige hat sie schon damit begonnen, für diverse NGOs Flüchtlinge in rechtlichen Fragen zu betreuen. Dabei störte sie vor allem die Anforderung, dass Flüchtlinge im Abschiebungsprozess beweisen müssen, dass, sollten sie abgeschoben werden, sie im Zielland unmenschliche Bedingungen vorfinden werden. Dies ließe sich unmöglich im Vorhinein beweisen. Alle Fälle, die sie im Zuge ihrer Arbeit für die Caritas „rechtsstaatlich frustriert“ haben, hat sie dokumentiert und in ihrer Dissertation aufgearbeitet. Mitgliedsstaaten, die im Zuge des Dublin-Verfahrens Flüchtlinge zurücknehmen müssen, würden zwar versprechen, akzeptable Bedingungen bereitzustellen – tatsächlich gibt es aber für sie keine Anreize dies zu tun, sie sind eher froh, wenn sie Flüchtlinge los sind. Dies ändert sich erst, wenn der EuGH mit einem Urteil eingreift.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte habe heutzutage eher eine deklaratorische Wirkung, da sie für die Staaten keine Bindungswirkung hat. Allerdings wurden auf dieser weithin anerkannten Basis weitere Erklärungen und Pakte formuliert. In der EMRK wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte implementiert, wodurch die EMRK in den betroffenen Staaten auch exekutiert werden kann. In Österreich wurde sie im Verfassungsrang übernommen.

Da sie sich selbst als ungeduldige Person bezeichnet, sei die Arbeit bei der UNO für sie nicht das Richtige gewesen: einerseits fehlte ihr der Bezug zu den Menschen, andererseits war der Kampf um jedes Wort auf einer gemeinsamen Erklärung ermüdend und ineffektiv. Sie sei allerdings weiterhin großer UNO-Fan, da sie es sehr schätzt, dass sich Staaten in unterschiedlichen Formaten zum Dialog treffen können. Der Menschenrechtsrat, der Sonderberichterstatter in die Länder der Welt schickt, um über Folter, die Unabhängigkeit der Gerichte etc zu berichten, sei eine sehr große Errungenschaft. Teilweise sei die UNO zu aufgebläht (Zentralen), teilweise aber auch total ausgedünnt (das UNHCR hat nur noch zwei Mitarbeiter in Österreich).

Das am häufigsten verletzte Menschenrecht ist wohl das Folterverbot, unter welches auch Erniedrigung (Entkleiden) oder Konfrontation mit persönlichen Ängsten (zB Hunde) fällt. Es wird auch oft in Zusammenhang mit Polizeigewalt angewandt. Auch die Meinungsfreiheit wird oft verletzt, wobei in Zeiten von Hass im Internet die Abwägung für den Gesetzgeber nicht immer einfach ist. Als liberaler Politiker muss man sich immer die Frage stellen: bringt ein Verbot eine Lösung, oder verdrängt es das Problem nur in den Untergrund (wie zb beim Kampf gegen den radikalen Islamismus passiert)?

Die Verbreitung rechten Gedankenguts macht Krisper Sorge. Wenn man den Verfassungsschutzbericht liest, und alles zusammenfasst, was mit Rechtsextremismus zusammenhängt, dann lese sich das wie das FPÖ-Parteiprogramm. Deshalb sei es die effektivste Form des Kampfes gegen dieses Gedankengut, wenn die FPÖ nicht in der Regierung sitzt.

Dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus, der die Medien seit 9/11 beherrscht, dürfe man nicht den Rechtsstaat opfern – denn das ist das Ziel, das die Terroristen verfolgen: unseren Lebensstil zu stören und uns zu Überreaktionen zu zwingen. Die Tatsache, dass durch terroristische Akte in Europa weit weniger Menschen sterben als zB durch Autounfälle, darf für eine Politikerin (im Gegensatz zu einem Sicherheitsexperten) nicht ausschlaggebend sein, denn es gehe um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.

Weitere Themen dieses Gesprächs sind u.a. die möglichen Bedrohungen durch Russland, die USA und China, die selektive globale Berichterstattung und die Menschenrechtslage in Österreich.

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Stephanie Krisper Wolfgang Müller CC BY SA 4.0