Die zerbrechliche Demokratie und die europäische Erinnerungskultur

Gesellschaft

Anlässlich der Parlamentsrede Franz Vranitzkys vor 30 Jahren, in der er den Opfermythos thematisierte, sowie des 25jährigen Bestehens des Nationalfonds der Republik Österreich wirft Moderator Matthias Vavra in dieser Veranstaltung des BSA mit seinen Gästen einen Blick auf den Zustand der Demokratie und die europäische Erinnerungskultur.

Zu Beginn blicken die Gäste auf ihre jeweiligen Familiengeschichten rund um Flucht und Holocaust und auf die lange Zeit fehlende Aufarbeitung der Ereignisse in der Öffentlichkeit zurück.

Die Generalsekretärin des Fonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus Mag. Hannah Lessing stellt fest, dass dieser Fonds nicht nur für Juden, sondern für alle Opfer des Nationalsozialismus aufgelegt wurde. Viele Menschen seien durch die Rückerinnerung an damals retraumatisiert worden, weshalb von Beginn des Fonds an eine enge Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten notwendig war. Viele Betroffene haben lange geschwiegen und wollten ihre Kinder nicht belasten. Die berührenden Geschichten dieser Menschen will der Fonds mit diversen Projekten weitergeben, auch in Verbindung mit anderen Organisationen und Staaten.

Es sei zwar traurig, dass es immer weniger Zeitzeugen gibt, aber um die Geschichte(n) aufzuarbeiten, gibt es viel Material in Archiven auf der ganzen Welt, meint der französische Historiker und Journalist Dr. Jerome Segal. Wichtig sei es ihm, zu erwähnen, dass es zahlreiche nichtreligiöse Juden wie ihn gibt, die aber leider von der Israelischen Kultusgemeinde nicht anerkannt werden; und man sollte auch dahingehend differenzieren, dass der Staat Israel nicht für alle Juden auf der Welt sprechen kann/darf/soll.

Für den Schauspieler und Präsidenten der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich, Cornelius Obonya, sei es das Entscheidende, aber gleichzeitig auch das Schwierigste, die Empfindungen und Gefühle der Opfer an die folgenden Generationen weiterzugeben. Seine Erlebnisse mit einem Projekt, bei dem Reden von Heinrich Himmler mit inhaltlich konträren Musikstücken unterlegt werden, erzählt er im Folgenden. Gerade als Schauspieler könne man die Geschichten anderer weitererzählen, um sie vor allem für die reizüberflutete Jugend erlebbar zu machen.

Welche Haltung und welche Grenzen leiten sich aus der Shoah ab, die es weiterzugeben gilt? Hat sich das politische Spektrum nach rechts verschoben und ist es deshalb umso wichtiger, auf vergangene Fehler hinzuweisen? Wie gewinnt man junge Leute für Demokratie und die Europäische Union, wenn sie ständig um Ausbildung, Jobs und Rente fürchten müssen? Auf diese Themen wird im weiteren Verlauf des Gesprächs ebenso eingegangen, wie auf Publikumsfragen.

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