Die Würde des Menschen ist unantastbar!?

Gesellschaft

Im Kamingespräch zum Thema Menschenwürde stellen sich der Germanist, Autor und Chefredakteur von Manova Roland Rottenfußer, die Künstlerin, Autorin und Manova-Redakteurin Elisa Gratias sowie der Aktivist und Unternehmer Helmut Sauseng der Frage, ob die Würde des Menschen tatsächlich unantastbar ist.

Zu Beginn des Talks wird eine Definition des Begriffs Menschenwürde versucht. Für Elisa Gratias ist Menschenwürde ein zu tiefst intimer Gefühlszustand, den wir erst bemerken, wenn er weg ist. Man kann ihn uns von außen, wir können ihn uns aber auch selbst wegnehmen. Roland Rottenfußer bezieht sich auf das Lied von Reinhard Mey „Die Würde des Schweins ist unantastbar“. Kein Tier mag eingesperrt sein oder ausschließlich instrumentalisiert, sondern auch als seelisches Lebewesen wahrgenommen werden. Ein Mensch möchte zusätzlich als geistiges Lebewesen ernst genommen werden. Historisch gesehen ist das erste Konzept der Menschenwürde wohl eher ein religiöses, nämlich dass alle Menschen Gottesgeschöpfe sind. In der Aufklärung postulierte Immanuel Kant später, dass ein Mensch niemals Mittel sondern immer Zweck des Handelns sein muss. Für Helmut Sauseng sind es der freie Wille und die freie Entwicklung als Individuum im Rahmen der Fähigkeiten und Begabungen, die die Würde eines Menschen ausmachen. Dazu braucht es aber bestimmte gesellschaftliche Rahmenbedingungen.

Im nächsten Schritt wird ein Rückblick auf die eigenen Erfahrungen im Umgang mit der Menschenwürde im Positiven wie im Negativen gemacht. Roland Rottenfußer bezieht sich auf die Ausgangsbeschränkungen und die Maskenpflicht der „Pandemie-Jahre“, in denen er sich zum Objekt gemacht fühlte. Ähnliche Gefühle hat er bei Behörden, wie etwa dem Finanzamt. Er erinnert sich in diesem Zusammenhang auch an seine Militärzeit, in denen er sich als Mittel zum Zweck degradiert gefühlt hat. Positiv ist ihm die Gymnasialzeit in Erinnerung, da die Lehrer aus der 68er-Generation waren und selbständiges Denken gelehrt haben. Helmut Sauseng erlebte die Aufbruchstimmung der Demokratie und Freiheit in Österreich als Studierender in den 70er-Jahren. Davon ist heute wenig bis nichts spürbar. Er kritisiert in diesem Zusammenhang die EU, die Vorhaben wie Digitalisierung, Zentralbankgeld und Impfpass vorantreibt. Es fehlt ein demokratisches Element, das die durch solche Maßnahmen eingeschränkte Selbstbestimmung aufhebt. Dazu aber müssen die Menschen umfassend mitbestimmen können. Aktuell herrscht für ihn Pseudo-Demokratie vor. Elisa Gratias hat sich erst im Rahen der so genanten „Cornoa-Pandemie“ Gedanken über die Menschenwürde gemacht, im Hinblick auf die Maßnahmen die in Spanien sehr extrem waren. Entwürdigend war für sie, dass man als erwachsene Frau wie ein kleines Kind behandelt und bevormundet wurde. Dabei fielen ihr dann auch Ereignisse aus ihrer Kindheit ein, in denen sie sich beschämt gefühlt hat.

In seinem aktuellen Buch „Strategien der Macht“ beschriebt Roland Rottenfußer den Versuch, dass Einzelne die Mehrheit dominieren und wie es ihnen gelingt, die Menschen klein zu machen, um ihre Macht zu legitimieren. Macht ist kein reales Bedürfnis der Menschen, die Mächtigen verbreiten über die Medien ihre Rechtfertigungsnarrative. Ebenso wird die Mitverantwortung der braven, gehorsamen Bürger thematisiert. Im letzten Abschnitt seines Werkes versucht er die Liebe zur Freiheit neu zu entfachen und damit die Macht der Mächtigen zurück zu drängen.

Weiters wird die Versächlichung des Kindes betrachtet, die Notwendigkeit von Führung in der Pädagogik und Erziehung sowie im gesellschaftlichen Kontext und deren missbräuchliche Verwendung, bei der Menschenwürde bewusst und unbewusst verletzt wird.

Besprochen wird auch die Bildung von neuen Gemeinschaften, die sich im Umgang miteinander dem menschenwürdigen Verhalten verpflichtet haben, das sich aber nicht durchgehend umsetzen lässt. Respektvoller Umgang im Diskurs wird für sehr wichtig gehalten, lässt er sich nicht implementieren, scheitern auch diese neuen Gemeinschaften wieder.

Zuletzt werden noch konkrete Perspektiven und Möglichkeiten für die (Re-)Aktivierung der Menschenwürde angesprochen. Helmut Sauseng sieht Chancen eher im Kleinen, wo Vertrauen da ist, wo man sich gut kennt. Im Großen ist wohl das gegenseitige Misstrauen ein bedeutendes Hindernis. Roland Rottenfußer hält es für wichtig, bei sich selbst anzufangen und das Gegenüber so zu behandeln, dass dessen Menschenwürde gewahrt wird. Elisa Gratias ist es wesentlich, den eigenen Mut zu schulen, das eigene Auftreten wie einen Muskel zu trainieren und auf sich selbst zu achten. Die Antworten auf die Fragen, wie man mutiger werden und wie man seine Menschenwürde bewahren kann schaffen das dafür nötige Bewusstsein und lassen einen richtig handeln.

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KG – Menschenwürde-YOUTUBE-IPHP Wolfgang Müller CC BY SA 4.0