Die neue Seidenstraße – Das Konzept
Veranstaltungsdaten
- Datum
- 18. 5. 2016
- Veranstalter
- Diplomatische Akademie Wien
- Ort
- Diplomatische Akademie Wien, Favoritenstr. 15a, 1040 Wien
- Veranstaltungsart
- Vortrag
- Teilnehmer
- Werner Fasslabend, Präsident, Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik
- Alfred Gerstl, Institut für Ostasienwissenschaften, Uni Wien
- Norbert Lacher, Offizier, Militärakademie
- Nikolaus Scholik, Senior Advisor, Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik
Im Oktober 2013 stellte Chinas Präsident Xi Jinping die neue Vision One belt, one road vor: ein nie dagewesenes und weitreichendes Projekt für die nächsten Jahrzehnte, das nicht nur die chinesische Welt verändern wird. Es ist eine Weiterentwicklung der Initiativen von Deng Xiaoping, der China in den Achtzigerjahren aus der Isolation geführt hat. OBOR hat zwei Stoßrichtungen: die Verbindung von China nach Europa zu Land (silk road economic belt) und die maritime Eroberung des pazifischen und des indischen Ozeans über den Ausbau wirtschaftlicher Macht (maritime silk road) mit Einbindung Ostafrikas. Dazu nimmt China viel Geld in die Hand. Experten sprechen von 2,5 bis 8 Billionen Dollar. Alleine in Pakistan werden 46 Milliarden Dollar in den China-Pakistan economic corridor investiert. In Nicaragua soll mit chinesischer Hilfe ein Kanal in Konkurrenz zu Panama gebaut werden. Gleichzeitig erhält Kuba für den Ausbau eines Hafens großzügige Mittel aus Peking. Weitere große Hafenprojekte finden sich in Kenia, Griechenland (Piräus ist der maritime Endpunkt der Neuen Seidenstraße) und Kroatien. Auch in Thailand plant man einen Kanal, um den Seehandel unabhängiger von der Straße von Malakka zu machen.
Silk road economic belt
Die Landverbindung hat mehrere mögliche Routen (die sich nicht unbedingt ausschließen müssen): die beiden wahrscheinlichsten führen über den Iran und den Nahen Osten bzw über Zentralasien und Russland. Zentralasien ist infrastrukturell gut ausgebaut und beherbergt eine nennenswerte Menge an Ressourcen. Nicht umsonst versuchen dort alle regionalen und internationalen Mächte, Einfluß zu gewinnen. China hat hier über die Shanghai Cooperation Organisation bereits die Führung übernommen, ebenso in vielen Teilen Afrikas. In Osteuropa startete China über den 16+1-Gipfel die Zusammenarbeit.
Das Trans-Asian Railway Network, eine Idee der UNO aus den 1950er Jahren, hat durch die ehrgeizigen Plänen Chinas wieder Aktualität erlangt. Mittlerweile dauern Gütertransporte von Hamburg nach Peking nur noch fühnfzehn Tage. Im Endausbau soll die Fahrt zehn Tage dauern. Ein Schiff benötigt für die gleiche Strecke inklusive Stops etwa die doppelte Zeit.
Maritime silk road
Die maritime Strategie konzentriert sich vor allem auf den Ausbau von asiatischen Häfen (zusammengefaßt in der String of Pearls Strategie) und auf den Aufbau einer eigenen blue-water-Marine: eine Flotte, die über Ozeane hinweg operieren kann, inklusive Luftkampfverbänden. Der Pazifik und der indische Ozean sind die entscheidenden Weltmeere des 21. Jahrhunderts, inklusive ihrer Verbindungen zueinander und zu anderen Wasserflächen. Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem südchinesischen Meer, das Militärexperten als einen der wichtigsten hotspots für kriegerische Auseinandersetzungen der kommenden Jahrzehnte ansehen. China beansprucht 90 Prozent dieses strategisch zentralen Meeres und kommt damit in Konflikt mit vielen Anrainerstaaten, langfristig auch mit den USA. Für China ist dieses Meer das Tor zur Welt. Wird es von einer fremden Macht kontrolliert, so ist sowohl der Ressourcenzufluss als auch der Handel über See unterbrochen. Da weltweit mittlerweile 90% aller Waren auf dem Seeweg transportiert werden, wäre eine solche Einschränkung für China tödlich. Wenn man all die Inselstaaten von Japan bis Malaysien betrachtet, so sind die meisten davon amerikafreundlich oder sogar amerikanische Verbündete. Bezieht man die amerikanischen Streitkräfte in Zentralasien mit in die Betrachtung, so ist es verständlich, dass sich China (ebenso wie Russland) umzingelt fühlt.
Binnenprojekte & innere Probleme
Auch nach innen bringt die Initiative wichtige neue Impulse. Die wirtschaftlich schwachen zentralen und westlichen Provinzen sollen mit dem boomenden Osten verbunden werden. Ein kritikfähiges universitäres Bildungs- und Forschungssystem soll das Land unabhängiger von ausländischer (vor allem russischer) Technologie machen. Der technologische und militärisch-industrielle Komplex soll massiv ausgebaut werden. Dies alles sind Voraussetzungen für den wirtschaftlichen, aber auch für den militärischen Aufstieg des Riesenreiches, das zu 27,3% aus Wüste besteht – wobei China jährlich etwa 2.500 Quadratkilometer fruchtbaren Boden an diese verliert. Mit umfangreichen Wiederaufforstungsprogrammen, zum Beispiel der seit 1970 laufenden und nun wieder intensivierten Grünen Mauer, soll dem entgegengewirkt werden.
Bei all dem darf man die inneren Konflikte Chinas nicht außer Acht lassen. Der Kampf gegen Korruption, den sich Xi Jinping auf die Fahnen geheftet hat, wird noch lange dauern. Die vielen unterschiedlichen Völker sind schwer zu kontrollieren. Die historisch begründete Angst der chinesischen Führung, dass das Land ob seiner ethnischen Inhomogenität auseinander fällt, erklärt, warum China im Fall Tibets oder der Uigurenaufstände immer sehr hart reagiert. Über diverse Umsiedlungsprogramme von aus dem Westen stammenden Han-Chinesen in die Konfliktregionen hofft Peking, das Problem langfristig zu lösen. Auch die ökonomischen Unterschiede bergen hohes Konfliktpotenzial: die Mittelschicht ist noch relativ klein, der Großteil der Chinesen lebt immer noch in sehr bescheidenen Verhältnissen. Sollte es über die Abhängigkeit von Nahrungsmittelimporten zu Lieferengpässen kommen (Vietnam ist der größte Reislieferant, Konflikte zwischen den beiden Ländern über das südchinesische Meer oder über wirtschaftliche Themen nehmen in den letzen Jahren zu), kann es auch hier – siehe Ägypten im arabischen Frühling – rasch zu Aufständen kommen.
Der zweite Teil des Berichts wird sich auf die Asian Infrastructure Investment Bank, die chinesische Marine und auf geostrategische Grundlagen konzentrieren.
Credits
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