Die neue Seidenstraße – die Voraussetzungen
Im ersten Teil zur New Silk Road wurde deren duales Konzept vorgestellt. Diesmal geht es um theoretische und praktische Voraussetzungen für dieses Projekt.
Der Überraschungscoup
Bei Chinas ehrgeizigen Plänen spielt die 2014 gegründete Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) eine zentrale Rolle. Kurz gesagt soll die Bank als Gegengewicht zur westlich/amerikanisch dominierten Weltbank fungieren. China hält mit 27% den größten Anteil, vor Indien, Russland und Deutschland ( 4.1%). Insgesamt sind 57 Länder direkt oder indirekt beteiligt, darunter auch überraschend viele europäische Länder (inklusive Österreich). Angesichts der demographischen Entwicklung Asiens (die Bevölkerung entlang der Linie Bosporus-Borneo wird in den nächsten Jahrzehnten weltweit am stärksten Wachsen, gefolgt von Afrika) und der Prognose, dass das chinesische BIP im Jahr 2050 in etwa so groß sein wird, wie das der EU und der USA zusammen, erscheint die teilweise überstürzte Bereitwilligkeit der Europäer zum Beitritt zur AIIB nachvollziehbar. Weitere zwanzig Länder befinden sich momentan im Beitrittsprozess – die Anziehungskraft des Alternativprojektes hat ihren Höhepunkt offensichtlich noch nicht erreicht. Für Entwicklungsländer ist einer der Gründe, sich an die AIIB zu wenden, die negative Erfahrung mit Weltbankprojekten und die damit verbundene Bevormundung.
MacKinder vs Spykman
Als Geostrategie bezeichnet man weitreichende Überlegungen, wie ein Land eine Machtbasis erlangen kann, um langfristig die Welt zu beherrschen. Zwei Theorien dieser Kategorie sind für die aktuelle Betrachtung von Bedeutung. Sie stammen aus dem goldenen Zeitalter der Geostrategie zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Chinesische Politiker berufen sich in vielen Reden strategisch auf die Heartland-Theorie, die der britische Geograph Halford MacKinder 1904 entwickelt hat. Sie besagt, dass Eurasien die global gesehen entscheidende Landmasse für zukünftige Entwicklungen ist. Außer den USA und Brasilien liegen alle entscheidenden wirtschaftlichen und militärischen Mächte auf dieser Landmasse. Wer diese kontrolliert, kontrolliert die Welt – sofern er keinen großen Startvorsprung wie aktuell die USA hat.
Dieser Theorie gegenübergestellt ist jene des holländisch-amerikanischen Geostrategen Nicholas Spykman, interessanterweise einem Schüler MacKinders. Er stellt die Rimlands in den Fokus der Bemühungen zur Erlangung geostrategischer Macht. Zwei Drittel der Erdoberfläche sind von Wasser bedeckt. Die Küstenregionen dieser großen Wasserflächen sind entscheidend für wirtschaftlichen und militärischen Einfluss. Wer sie beherrscht, beherrscht auch das Hinterland. Diesen Überlegungen folgen amerikanische Strategen seit dem zweiten Weltkrieg. Sie eignen sich auch aktuell als Gegengewicht zu China.
Seemacht China
Der Begriff Seemacht umschreibt die Möglichkeit, sich ungehindert und unbegrenzt auf See bewegen zu können, sowohl mit zivilen als auch mit militärischen Schiffen. Dieses Ziel ist für China noch in weiter Ferne – angesichts der ökonomischen Abhängigkeit von Seewegen wurde ihm aber höchste Priorität eingeräumt. Aktuell besitzt das Riesenreich grade mal einen (veralteten) Flugzeugträger – viel zu wenig, wenn man (wie bereits angesprochen) eine blue water navy aufbauen will. Anstrengungen in diesem Bereich laufen aber schon seit einigen Jahren.
Die USA unterhält elektronisch gesteuerte Flottenkampfverbände (sogenannte CSG’s) rund um ihre zehn Flugzeugträger, drei davon in Schlagdistanz zu China (Indien, Japan, amerikanische Westküste). Um hier aufzuholen, müssen große Anstrengungen im Technologiebereich unternommen werden, um unabhängig von russischer Technologie zu werden und auf die Amerikaner aufzuholen. Um das Ziel zu erreichen, die (nach den USA) schlagkräftigste Navy der Welt zu besitzen, muss das Dual Command System ebenfalls überdacht werden: bisher muss ein Militär immer mit einem Parteikader Rücksprache halten und gemeinsam Entscheidungen treffen.
Um den im ersten Teil angesprochenen ersten Inselring rund um China und das südchinesische Meer langfristig durchbrechen zu können, hält China regelmäßig Flottenübungen ab, die von den Anrainern, vor allem Japan, genau beobachtet werden. In diesem Zusammenhang lassen sich auch die Konflikte zwischen diesen beiden Ländern um unbewohnbare Inseln, die in den letzten Jahren mehrmals in den Nachrichten waren, erklären.
Im letzten Teil werde ich auf die Reaktionen der USA und anderer regionaler und internationaler Mächte eingehen, die die neue geostrategische Ausrichtung Chinas hervorrief.
[…] Der zweite Teil des Berichts wird sich auf die Asian Infrastructure Investment Bank, die chinesische Marine und auf geostrategische Grundlagen konzentrieren. […]
[…] second part of the report will focus on the Asian Infrastructure Investment Bank, the Chinese navy and […]