Die Kraft der Kultur- und Kreativwirtschaft
Die durch Corona hervorgerufene Krise von Kunst und Kultur steht im Mittelpunkt dieser Online-Veranstaltung des BSA Döbling. Die Studie Rebuilding Europe, die im Januar 2021 präsentiert wurde, stellte fest, dass die europäische Kulturbranche einen höheren wirtschaftlichen Beitrag erzielt, als etwa der Tourismus oder die Telekombranche: 4,4% des BIP der EU bzw 253 Milliarden Euro. Eine ähnliche Studie für Österreich gibt es auch vom WIFO.
Der Protestbrief der IG Kultur, der die offensichtliche Planlosigkeit der österreichischen Regierung im Bezug auf Öffnungsschritte im Kulturbereich anprangert, führte zu einer von Staatssekretärin Andrea Mayer organisierten Kulturkonferenz. Die Geschäftsführerin der IG Kultur Steiermark, Mag. Lidija Krienzer-Radojevic war dabei: eine klare Antwort, wie es weitergeht, zB einen konkreten Stufenplan, habe sie von Mayer nicht bekommen. Die Diversität des österreichischen Kulturbereiches bedarf ebenso differenzierter Hilfsmaßnahmen und Perspektiven. Die schon vor der Krise vorhandenen Ungleichheiten im Kulturbereich (zB Angestellte vs Freischaffende) wurden durch Corona massiv verstärkt. Hier fehlt ebenfalls eine politische Antwort, wie man diesen Ungleichheiten begegnen will: denn mittlerweile ist jedem Künstler in der Krise klargeworden, in welch prekären Verhältnissen viele leben. Hier müssen endlich bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden; Konzepte dafür liegen seit Langem in diversen Schubladen.
Der Physikerin und freie Schriftstellerin Mag. Olga Flor fehlt der direkte Austausch/Kontakt mit anderen Menschen; über Zoom sei es doch ganz anders, als über eine reale Bühne. Die Förderung von Onlineformaten, die nun beschlossen wurde, sei viel zu spät gekommen. Zu ihrer eigenen Überraschung habe sich gezeigt, dass Menschen bereit sind, auch für Onlineveranstaltungen Geld zu bezahlen. Wichtig wird sein, dass nach der Krise nicht wieder in der Kultur und im Sozialbereich gespart wird, um die Schulden zurückzuzahlen.
Der Politik muss klar werden, dass vorgestellte Sicherheitskonzepte auch flexibel sein müssen, meint die Theaterwissenschaftlerin Kira Kirsch: Performances außerhalb der Norm (zb Events in Museen) müssen ebenfalls möglich gemacht werden. Experimentelle Formate, zB unter Nutzung des Internet, sollten schneller und stärker gefördert werden. Sie selbst habe an einem Format für eine Zoom-Performance mitgewirkt, das auch erfolgreich umgesetzt wurde. Im Januar und Februar 2021 gab es 7 Online-Filmpremieren mit anschließender Publikumsdiskussion.
Ein „positiver Effekt“ der Krise sei laut der Kabarettistin und Schauspielerin Caroline Athanasiadis, dass sich die Kabarettszene nun endlich über die IG Kabarett organisiert hat. Das Problem an der Regierung ist, dass dort Menschen entscheiden, die nicht wissen, wir Kunst und Kultur funktioniert: viele KünstlerInnen sind am Anfang der Pandemie bei den Hilfszahlungen leer ausgegangen, da sie oft vielschichtige Einkommensquellen – teils angestellt, teils freiberuflich – haben: diese komplexe Lebenswirklichkeit traf auf starre Fördervoraussetzungen. Für den Künstlernachwuchs wurden und werden überhaupt keine Perspektiven geschaffen: verständlicherweise versuchen jene Veranstalter, die die Krise überlebt haben, nun die Zugpferde der Kulturbranche zu buchen; somit bleibt kein Platz für Nachwuchshoffnungen. Von der Politik wünscht sie sich, dass diese, sobald es wieder möglich ist, die Leute aktiv dazu auffordert, die Kultureinrichtungen zu besuchen und gemeinsam wieder Spaß zu haben und sich auszutauschen – und den Besuchern die Angst vor möglichen Ansteckungen nimmt. Athanasiadis hofft, dass die Politik, vor allem die bei Hilfsmaßnahmen bremsende ÖVP, endlich einsieht, dass Tourismus und Kultur eng miteinander verknüpft sind und auch bei den Öffnungsschritten gemeinsam bedacht werden müssen.
Im Folgenden gehen die Diskutantinnen auf diverse Publikumsfragen ein.
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Die Kraft der Kultur- und Kreativwirtschaft | Wolfgang Müller | CC BY SA 4.0 |