Die immer wiederkehrende Natur von Ereignissen
Ist dir das nicht auch schon widerfahren, dass sich manche Ereignisse in deinem Leben wiederholen – Jahr für Jahr, oder gar Jahrzehnt für Jahrzehnt? Mir wurde dieses Phänomen erst mit Mitte Dreißig bewusst. Die Zeit davor war ich viel zu sehr damit beschäftigt, mein Leben in vollen Zügen auszukosten. Doch dann wurde ich ruhiger, bis ich zu meditieren anfing und dies zu lieben begann. Die Magische daran, wenn man sich selbst runterbremst, ist es, dass man plötzlich Dinge zu sehen beginnt.
Jeden Tag siehst du dich mit vielen Dingen konfrontiert: mit Dingen, die auf dich zukommen, Dingen, die du versucht hast, aufzubauen, mit Dingen, die andere Menschen in dein Leben gebracht haben; manches erscheint brandneu, anderes wiederum kennst du aus der Vergangenheit.
Betrachtet man die Jahreszeiten, so unterscheidet sich jede ein wenig von der des Vorjahres – sei es, weil sie anders riecht, sei es, weil sie andere Farben aufweist, sei es, weil sie anders schmeckt. So kann man auch Ereignisse betrachten. Es könnte ein bisschen schwierig werden, da den Unterschied zu erkennen, weil dieser in manchen Belangen nur sehr gering ausfällt.
Dein Urteilsvermögen verändert sich, und doch bist du immer noch dieselbe Person. Das Ereignis, das dir begegnet, ist dasselbe wie jenes, mit dem du vor einiger Zeit konfrontiert wurdest; die Verkleidung ist eine andere, doch das Ereignis an sich hat sich nicht verändert. Wenn du also über dich reflektierst, dann erkennst du dich darin, wie du das Ereignis beobachtest.
Du wächst! Ist es dein Wissen, das wächst? Nicht wirklich. Bei der Wissensbereicherung allein geht es darum, Informationen zu sammeln. Ich spreche hier vielmehr von der Wahrnehmung, die nicht etwas ist, das sich einfach so ausarbeiten lässt; vielmehr geht hier darum, noch mehr zu fühlen.
Stell dir nun vor, heute ist Sonntag und du schaust aus deinem Küchenfenster. Deine Blicke richten sich gen Himmel und wandern zu den paar Wolken, die sich dort befinden. Die Kinder lärmen und spielen glücklich im Garten. Heute ist dein freier Tag, niemand sonst ist zu Hause und du genießt deinen Kaffee, während du aus dem Fenster blickst.
In dir herrscht gewissermaßen Frieden, und du denkst nicht nach. Just in diesem Moment ändert sich dein Fokus aber, und du siehst einen kleinen Kratzer am Fenster. Deine erste Reaktion ist: „Der war vorher nicht da!“ Doch in Wahrheit existierte dieser Kratzer immer schon, nur hat sich dein Sehvermögen ganz einfach erweitert, und dir gelingt es nun, ihn zu sehen!
Wenn sich zwei Dinge in derselben Geschwindigkeit fortbewegen, dann verfügst du nicht über die Mittel, den Wandel zu verstehen. Genauso verhält es sich mit zwei Zügen, die auf nebeneinanderliegenden Gleisen stehen; setzt sich einer davon in Bewegung, kannst du von innen nicht erkennen, welcher sich bewegt und welcher noch immer steht.
Die Ereignisse müssen aus moralischer, intellektueller Sicht und aus der Perspektive der Sensibilität über die Zeit gleichbleibend sein, sonst siehst du deinen eigenen Wandel nicht.
Übersetzung Englisch-Deutsch: Anna Dichen
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Contemplation_des_premiers_rayons | Shanx314 | CC BY-SA 4.0 |