Die Gesellschaft im Ausnahmezustand – Im Gespräch mit Stefan Kraft
Yvonne Gaspar begrüßt heute den Publizisten und Verleger des ProMedia-Verlages Stefan Kraft. Anfang der 2000er Jahre arbeitete er als Technologiejournalist beim Kurier, bevor er das Studium der Philosophie absolvierte. Als der Gründer des Promedia-Verlages, Erich Ertl, 2012 verstarb, übernahm Kraft ebendort eine leitende Funktion. Nach einem kurzen Abriss der Geschichte des Verlages steht Kraft’s Buch Wer besitzt das Internet, das sich mit Urheberrechtsfragen auseinandersetzt, im Mittelpunkt des Gespräches. Heute müsste man das Fazit ziehen, dass Facebook und Google das Internet besitzen, und nicht Künstler und Kreative hält Stefan Kraft fest.
Am Sammelband ´Lockdown 2020´, der schon im Interview mit Hannes Hofbauer Thema war, hat auch Kraft mitgearbeitet. Für Stefan Kraft ist der Beitrag chinesischer Investigativjournalisten über den Ausbruch des Coronavirus hervorzuheben. Er selbst habe seine Gedanken zum Tod in einem Kapitel verfasst, auf dessen Inhalt er näher eingeht: die einseitige Fokussierung auf die Coronavirus-Toten, während viele arme Menschen seit jeher auf Grund ihrer prekären Lebensumstände Lebenszeit verlieren, ist für ihn äußerst problematisch.
Als Verlag habe man oft das Problem, dass thematische Debatten schneller vorbei sind, als man darauf mit einem Buch reagieren kann. Bei Corona war dies angesichts der langen Zeitspanne anders.
Die „Fortsetzung“ von ´Lockdown 2020´ ist das neue Buch Herrschaft der Angst, das die Kontrolle der Gesellschaft mittels Angstszenarien durchleuchtet. Die Beiträge darin beschäftigen sich u.a. mit historischen Parallelen zu den 30er Jahren und mit der Rolle der Medien bei der Verbreitung von Angst und der Unterdrückung anderer Meinungen. Die fehlenden linken Stimmen, die sich gegen diese autoritäre Entwicklung gestellt haben, werden ebenso thematisiert.
Das u.a. von Stefan Kraft Anfang 2021 ins Leben gerufene Projekt keinzustand.at ist auf Grund der zahlreichen Reaktionen auf das Buch ´Lockdown 2020´ entstanden: Menschen, die gegen die Corona-Maßnahmen ihre qualifizierte Stimme erhoben haben, wurde mit diesem Blog eine Plattform geboten. Der Aufruf des Komitees Demokratie und Grundrechte, das konkrete Forderungen an die Regierung stellt, ist auch Bestandteil dieses Blogs. Das Autorenspektrum ist bunt: rechtsextremistische Beiträge und Verschwörungstheorien sind nicht zugelassen.
Fassungslos zeigt sich Kraft ob der schnellen Einführung und der langen Aufrechterhaltung der größten Einschränkungen seit dem Zweiten Weltkrieg; als Linker müsse man dazu eine kritische Haltung entwickeln und dürfe sich nicht vom virologischen Imperativ treiben lassen. Grundrechte dürfen nur in Extremsituationen eingeschränkt und müssen raschestmöglich wieder in Kraft gesetzt werden – ein Jahr ist jedenfalls zu lang. Die Gefahr, dass manche der die Freiheit einschränkenden Maßnahmen für immer bestehen bleiben, sei groß.
Im weiteren Verlauf des Gespräches stehen der Umgang mit den gesellschaftlichen und demokratiepolitischen Auswirkungen der Coronakrise, die Profiteure der Krise v.a. in der Technologiebranche, impfen und die Pharmalobby, das Recht auf Skepsis, die technokratische Sichtweise auf die Welt und viele weitere Themen im Mittelpunkt.
Credits
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Stefan Kraft | Wolfgang Müller | CC BY SA 4.0 |