Das Befragungs-Terminal
Hast du schon einmal dieses Gefühl von intensiver Besorgnis kennengelernt, das sich einstellt, wenn du einem Ziel sehr nahe bist – und gleichzeitig vor der größten Hürde stehst, die du noch zu überwinden hast, bevor du es endlich erreichen kannst?
Ich habe ein solches Gefühl intensiver Besorgnis durchgemacht, als ich am „Befragungs-Terminal“ aus dem Bus stieg. Ich meine damit das israelische Grenzterminal an der Allenby-Brücke.
Manchmal wird man aber auch überhaupt nicht befragt, und alles geht sehr schnell und völlig komplikationslos. Uns wurde also gesagt, dass wir den israelischen Grenzbeamten auf ruhige, beherrschte und freundliche Art begegnen und selbst in unguten Situationen nicht in Panik zu geraten sollten, denn immerhin haben wir alle notwendigen Genehmigungen und Dokumente.
Nachdem wir aus dem Bus gestiegen waren, gaben wir unser Gepäck auf ein Förderband, das es ins Terminal-Gebäude transportierte. Ich wurde aufgefordert, meinen Pass einer Frau zu zeigen, die in einer Kabine hinter einer Glasscheibe saß. Sie blätterte zuerst meinen Pass durch und sah mich dann an. Dann sah sie noch einmal in meinen Pass, dann wieder zu mir. So ging es mehrere Male. Ich wurde langsam skeptisch, bemühte mich aber, gelassen zu bleiben und zeigte ein leichtes Lächeln. Endlich klebte sie einen kleinen Aufkleber auf meinen Pass und forderte mich auf, zum nächsten Schalter zu gehen.
Ich ging also zu einem weiteren Schalter, wo eine andere Frau meinen Pass prüfte. Sie hatte einen grimmigen Ausdruck in ihrem Gesicht. Sie begann, in den Seiten meines Passes zu blättern. Ich begann sofort wieder zu grübeln und fragte mich, ob die ungemütliche Ausstrahlung eine Reflexion ihrer unerfreulichen Arbeit als Grenzpolizistin war oder eine Manifestation von Hass und Abscheu, die ihr von einem System eingeflößt wurden, das sich von Angstpsychosen nährt.
Während ich ihr Gesicht untersuchte und grübelte, hob sie plötzlich ihre Hand und gab mir meinen Pass zurück. Ich entfernte mich sofort von ihr, um keine Einladung für irgendwelche Probleme zu geben – man kann diese launenhaften Charaktere niemals einschätzen. Dann ging ich durch einen Metalldetektor. Alles lief gut. Ich fühlte mich ein bisschen glücklich und entspannt. Ich nahm mein Handgepäck wieder an mich und ging in eine Halle mit vielen Schaltern, an denen Menschenschlangen standen.
Ich stand in einer der Schlangen, um mein Visum zu bekommen.
Nachdem ich etwa eine halbe Stunde in der Schlange gewartet hatte, kam ich dran. Ich gab der Grenzbeamtin meinen Pass und die Einreisegenehmigung. Sie prüfte meine Dokumente und händigte mir ohne weitere Probleme meine Visumkarte aus. Ich war sehr froh! Sie war eine Frau mittleren Alters und bemühte sich die ganze Zeit um ein sehr kühles Äußeres. Kein Lächeln, kein Zeichen von guter Stimmung. Ich frage mich, ob sie trainiert werden, um so auszusehen, und überlegte, ob sie jedes Anzeichen von guter Laune oder Freundlichkeit verbergen muss, solange sie im Dienst ist. Wie auch immer,
Dann musste ich noch zu einem weiteren Schalter, wo sie noch einmal meinen Pass und die gerade erteilte Visumkarte prüften.
Ich dachte, ich hätte den ganzen Zirkus mit ihrem Befragungsprozess nun endlich hinter mich gebracht. Ich sah die anderen indischen Teilnehmer auf mich zukommen, und sie lächelten ebenfalls. Es war angenehm, alle in so guter Stimmung zu sehen, denn es bedeutete, dass niemand eine überzogene Befragung über sich ergehen lassen musste. Aber als wir durchzählten, stellten wir fest, dass ein Mädchen aus unserer Gruppe fehlte. Unser Gruppenleiter fragte nach ihr und konnte in Erfahrung bringen, dass sie zu einer Befragung musste. Wir konnten nicht verstehen, warum sie als Einzige von uns dafür herausgesucht wurde.
Der ganze Befragungsprozess begann für uns wie eine Art zufällige Übung auszusehen, bei der Reisende von den Grenzbeamten nach Lust und Laune für eine Befragung herausgepickt werden. So wurde uns schließlich klar, mit welcher Willkür die israelischen Sicherheitsleute ihren Job erledigen.
Nach ungefähr eineinhalb Stunden wurden wir durch den palästinensischen Koordinator, der uns unterstützte, informiert, dass die australische Delegation zur Befragung zurückgehalten wurde. Wir entschieden uns, auf sie zu warten. Es war gegen fünf Uhr am Nachmittag. Das indische Mädchen, das zur Befragung musste, war endlich entlassen worden und hatte das Visum bekommen. Sie machte einen verlorenen und verwirrten Eindruck, als sie herauskam. Als wir sie fragten, was geschehen war, begann sie zu weinen.
Die australische Delegation war noch immer im Befragungsprozess. Wir entschieden uns, weiter zu warten. Wir standen in der Nähe des Terminal-Ausgangs, und weil es nichts zu tun gab, beschlossen eine Freundin und ich, zu beobachten, was um uns herum geschah, anstatt ein Buch zu lesen oder zu plaudern. Was wir sahen, war nicht erfreulich:
Die Grenzbeamten waren alle in Zivil gekleidet, in Jeans und T-Shirts. Auf den ersten Blick wirkten sie alle sehr bestimmend und autoritär. Nach und nach begannen einige von ihnen, wenn auch nicht alle, einen aufdringlichen und arroganten Eindruck zu machen. Ich hatte über die Behandlung gelesen, die für arabische Reisende an den israelischen Checkpoints und Ein- und Ausreiseterminals vorgesehen ist, und was ich sah, bestätigte diese Berichte. Dennoch möchte ich die israelischen Grenzbeamten nicht einmal in meinem Denken mit Stereotypen versehen. Jeder Israeli ist, sobald er ein Alter von 18 Jahren erreicht, verpflichtet, zwei Jahre lang in der israelischen Armee in verschiedenen Aufgabenbereichen zu dienen.
Es war bereits halb acht, als die australische Delegation ihre Erlaubnis erhielt, das Westjordanland zu betreten. Wir hatten keine Ahnung, warum „Australier“ fast vier Stunden zur Befragung zurückgehalten wurden. Später erfuhren wir, dass unter ihnen eine Frau palästinensischer Abstammung war, die einen Stempel aus dem Libanon in ihrem Pass hatte. Sie wirkte allerdings ruhig, selbst nach vier Stunden der Befragung, und lächelte nur. Als ich sie fragte, ob es ihr gut gehe, antwortete sie: „Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben meinen Fuß in mein Land gesetzt. Alles andere ist mir jetzt egal.“
Gemeinsam verließen wir das Befragungs-Terminal und stiegen in den Bus, der uns nach Jericho bringen würde. Die Stimmung im Bus war übermütig. Nachdem wir fast neun Stunden gewartet hatten, waren wir schließlich auf dem Weg nach Jericho. Ja, ich war endlich auf palästinensischem Boden! Es war schon dunkel, und von der Landschaft um uns herum konnte ich kaum etwas erkennen. Dennoch war die laute arabische Musik im Bus und die Unterhaltung der Palästinenser in ihrer Sprache genug, um mich das spüren zu lassen, worauf ich mich seit dem Morgen gefreut hatte.
Übersetzung Englisch-Deutsch: Martin Krake
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Busse und Kleinbusse auf der West-Bank-Seite von Hussein-Allenby Bridge | Daniel Case | CC BY-SA 3.0 |