Couchsurfing – Die modernen Nomaden

Hackathon 2011
Lebenswelten

Couchsurfing ist eine Internetplattform, die eine Gemeinschaft freigeistiger Menschen zueinander bringt. Couchsurfer lieben es, abseits der ausgetretenen Pfade zu reisen, sie sind durch ihren Abenteuergeist und den Wunsch nach authentischen menschlichen Erfahrungen im modernen digitalen Zeitalter verbunden.

Was ist Couchsurfing?

Das Konzept des Couchsurfings ist einfach: Es verbindet Einheimische, die ein Gästebett, eine Matratze oder eine Schlafcouch haben, mit Reisenden, die die lokale Atmosphäre erleben wollen.

Couchsurfing erlaubt preisgünstiges Reisen, weil die Gastgeber ihre Schlafplätze kostenlos anbieten. Aber es ist noch viel mehr: Es geht darum, Erfahrungen zu teilen und Freunde zu finden – buchstäblich auf der ganzen Welt.

Heute bezeichnen wir uns selbst gerne als „Global Citizens“, doch der Globalisierungstrend neigt die Waagschale in Richtung „Angleichung“, anstatt Unterschiede zu akzeptieren. Durch Couchsurfing haben wir die Gelegenheit, das Gegenteil zu tun – die weltweit verbreiteten Hotel- und Hostelketten zu vergessen und die warme Atmosphäre eines echten Zuhauses zu erleben. Ein Weltbürger zu sein, bedeutet nämlich nicht nur, Orte zu besuchen, sondern auch, ihre einzigartige Atmosphäre zu erleben, sich den Orten und den Menschen, die dort leben, anzunähern. Jedes Couchsurfing ist völlig einzigartig und dadurch unvergesslich.

Wenn ich Leuten erzähle, dass ich Couchsurfing betreibe, haben sie meist sofort Bedenken, ob es sicher sei. Und als ich zum ersten Mal von einem Mann hörte, der alleine trampend und couchsurfend durch Europa reiste, hielt auch ich es für ziemlich verrückt. Langsam lernte ich aber mehr Leute kennen, die das gemacht haben; sie sind alle noch am Leben und in guter Verfassung. Und nicht nur das, sie haben aufregende Erfahrungen gemacht und Freundschaften geschlossen.

Natürlich geht man beim Couchsurfing ein Risiko ein. Und natürlich gibt es Leute, die schlechte Erfahrungen gemacht haben; das ist unvermeidbar, weil die Popularität und die Reichweite des Netzwerks wachsen. Es gibt daher Sicherheitsregeln, die jeder Couchsurfer befolgen sollte:
  • Immer – und ich meine wirklich IMMER – eine Backup-Lösung haben! Also einen alternativen Gastgeber oder ein Hostel, in das man gehen kann, wenn etwas schiefläuft. Du solltest immer vorher nach Hostels und Hotels in der Nähe deines Gastgebers suchen.
  • Hole vorher allgemeine Informationen über den Ort, an den du reisen willst, ein. Mache dich vertraut mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit der Lage des Wohnorts deines Gastgebers, ebenso wie mit kulturellen Eigenheiten, Sensibilitäten und generellen Sicherheitsempfehlungen, die deine Destination betreffen.
  • Bleibe niemals in einer Situation, in der du dich nicht wohlfühlst. Sei dir deiner Grenzen bewusst und zögere nicht, sie zu kommunizieren.
  • Gehe zu Gastgebern, die verifiziert sind. Und lasse dich selbst verifizieren, sodass auch die Gastgeber sich damit wohlfühlen, dich zu beherbergen.
  • Hier findest du weitere Sicherheitshinweise zum Couchsurfing.

Zeit für eine Geschichte

Gleich bei meinem ersten Couchsurfing-Trip lernte ich, wie wichtig Regel Nummer eins ist: immer einen Backup-Plan zu haben. Meine beste Freundin und ich planten einen Wochenendtrip nach Dublin Mitte Februar. Wir wollten eine Nacht in der Stadt verbringen und die nächste Nacht am Flughafen schlafen, um am Montagmorgen einen sehr frühen Flug nach Hause zu erwischen. Wir waren sehr aufgeregt, für diese eine Nacht erstmals Couchsurfing auszuprobieren, aber wir wussten auch, dass wir besser nach Hostels in dieser Gegend suchen sollten, für alle Fälle.

Doch als wir uns daran machten, stellte sich heraus, dass alles Hostels in Dublin an diesem Wochenende ausgebucht waren. Auch unsere Couchsurfing-Anfragen liefen nicht sehr gut, viele der Gastgeber, die wir kontaktierten, waren schon belegt oder selbst auf Reisen. Schließlich antwortete ein Mann, dass er uns gerne für diese Nacht aufnehmen würde. Wir tauschten Facebook-Kontakte und Telefonnummern, sodass wir über Whatsapp chatten konnten. In den Couchsurfing-Sicherheitshinweisen steht, man solle keine Telefonnummern oder persönliche Hinweise austauschen und aus Sicherheitsgründen nur über die Plattform kommunizieren. Ich persönlich fühle mich allerdings viel sicherer, wenn ich das Facebook-Profil einer Person kenne.

Wir schrieben nicht viel auf Whatsapp. Wir wollten ihn kontaktieren, sobald wir in Dublin angekommen waren – am Samstagabend gegen zehn, was für eine Ankunft keine so tolle Zeit ist. Ich schrieb ihm, bevor wir das Flugzeug bestiegen, um zu bestätigen, dass wir unterwegs waren, bekam aber keine Antwort.

Als wir in Dublin vom Flughafen in die Stadt fuhren, hatten wir noch immer keine Antwort, Ich hatte das Gefühl, dass wir von dem wohl nie wieder was hören würden. Und so war es dann auch.

Wir gingen in einen Pub in der O’Connell Street, wo es tolle irische Musik gab, und aktivierten die „Hangout-Option“ in der Couchsurfing-App. „Hangout“ erlaubt es, sich mit Leuten in der näheren Umgebung zu treffen, um etwas gemeinsam zu unternehmen – zum Beispiel zu einem Konzert gehen, einen Kaffee trinken oder eine Kunstausstellung besuchen. Es ist eine sehr bequeme Möglichkeit, neue Leute an einem fremden Ort zu treffen, seien es andere Reisende oder Einheimische. So lernten wir ein paar Brasilianer kennen, die in Dublin studierten.

Sie zeigten uns die Pubszene der Stadt. Als die Pubs schlossen und es offensichtlich wurde, dass meine Freundin und ich kein Bett für die Nacht hatten, luden uns unsere neuen Freunde ein, bei ihnen zu schlafen. Natürlich checkten wir nochmal ihre Couchsurfing-Profile, bevor wir die Einladung annahmen, aber sie waren in Brasilien und in Dublin schon seit einer Weile als Gastgeber aktiv und hatten mehr als 40 Referenzen, die alle positiv waren. Am nächsten Morgen nahmen sie uns auf eine Rundfahrt durch Dublin mit, und obwohl es echt kalt war, hatten wir eine Menge Spaß.

Couchsurfing läuft also nicht immer nach Plan, aber manchmal endet es auch besser als erwartet. Als die Zeit für unseren Bus kam, waren wir sogar traurig, dass wir unsere neuen Freunde verlassen mussten.

Couchsurfing ist nicht für jeden etwas, aber wenn du dich traust, es zu versuchen, wirst du eine warmherzige internationale Gemeinschaft finden, die zeigt, dass im modernen Lebensstil, wo oft über soziale Isolation und Distanz geklagt wird, die Kunst des Teilens noch immer lebendig ist.

Übersetzung Englisch-Deutsch: Martin Krake

Credits

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Hackathon 2011 Hackathon 2011 matylda CC BY-SA 2.0

Diskussion (Ein Kommentar)

  1. Ja das ist toll.