Brauchst du diesen bedeutungslosen Käse denn wirklich?

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Meinung

Ich erinnere mich noch, als ich am Montagabend nach Hause kam und mich müde fühlte. Mein Körper schmerzte von Kopf bis Fuß und ich war benommen. Ich verbrachte Stunden im Bett. Und dann auf einmal, als ob mein Verstand von einem Blitz erfasst worden wäre, wurde ich mir der Vielzahl an Wörtern bewusst, die in meinen Verstand drangen.

Telefon. Videoanrufe. Nachrichten. Antwort. TV. Spiele. Laptop. Soziale Medien.

… Technologie. Ich mochte Technologie nie wirklich, aber ich entschied mich, sie in mein Leben zu integrieren. Warum aber habe ich es getan? Mir war langweilig, und sie sagten, ein Monitor würde es schon richten. Bis der Bildschirm dann auch langweilig wurde und Dad mir einen anderen gekauft hat.

Ich stelle jetzt fest, dass Bildschirme in drei verschiedenen Größen erhältlich sind, genau wie Kaffee: klein – für Telefone, mittel – für Laptops und groß – für Fernseher. Ich frage mich, warum sich die Leute auf eine bestimmte Kaffeegröße limitieren, aber jeden Tag alle drei Größen von Bildschirmen nutzen? Wenn alle drei Kaffeegrößen an einem Tag einen Menschen physikalisch aus dem Gleichgewicht bringen könnten, könnte die Nutzung aller drei verschiedenen Größen von Screens doch auch den Chemiehaushalt unseres Gehirns verändern, oder vielleicht ist das schon passiert?!

Ich frage mich auch, wie viel Zeit, wie viele Tage wir in unserem Leben vor dem Bildschirm verbracht haben. Wir, die digitale Generation, denken, dass die Technologie die Antworten auf alles parat hat und uns so ziemlich alles bescheren kann. Was ist mit dem Jungen, der jedes Autospiel gespielt hat, aber seinem Vater nie geholfen hat, ein Auto zu reparieren? Oder mit dem Mädchen, das endlos Reisereportagen mit ihren besten Freunden anschaute, dabei aber nie ihre Heimatstadt verließ? Und was ist mit mir?

In dieser Nacht wurde mir klar, dass ich vielleicht die Herrschaft über die Technologie übernommen hatte, aber in Wirklichkeit wurde ich zu ihrem Sklaven. Ich habe als Kind viel Zeit im Freien verbracht, in der Natur. Bis eines Tages jeder ein Telefon zu Weihnachten und einen Computer zum Geburtstag zu bekommen schien. Plötzlich klopften meine Freunde nicht mehr an die Tür, wenn sie mir etwas zu sagen hatten, sondern schickten mir eine SMS. Es ging sogar so weit, dass ich, wenn mein Telefon nicht richtig funktionierte, den Leuten sagte, dass „ich ein Problem habe“, obwohl ich gar nicht wirklich das Problem war, sondern mein Telefon.

Sie nennen dies Evolution. Ich kann verstehen warum, aber ist es wirklich besser, sich in diese Richtung zu entwickeln, wenn es bedeutet, dass intime Freundschaften, physische Verbindungen und Spontaneität innerhalb der Gesellschaft langsam verloren gehen?

Ist es besser, sich zu entwickeln, wenn wir alle zu programmierten Maschinen werden? Ist es besser, sich zu entwickeln, wenn es bedeutet, dass wir uns in dieser industriellen, kapitalistischen Welt, die sich der Autonomie und Freiheit beraubt, in bloße Rädchen verwandeln?

Wir befinden uns in einem Gefängnis und bemerken es nicht einmal. Wir sind abgelenkt von dem bedeutungslosen Käse, dem wir hinterherjagen: Geld, Status, Werbungen, größere Häuser, teure Autos, mehr Bildschirme, Gehirnwäsche durch Marketingstrategien und verschiedene Pillen, bis wir nicht mehr wissen, wie es sich überhaupt noch anfühlt.

Autos. Neue Designerkleidung. Stilettos. Park Avenue Eigentumswohnungen. Schulden. Mehr Autos.

… Zeug, so viel Zeug. Wir besitzen so viele Dinge, dass sie uns am Ende ersticken werden. Übertreibe ich? Vielleicht. Ja, finanzielle Stabilität ist sicherlich wichtig, aber muss sie unser erstes und letztes Ziel sein? Brauchen wir wirklich ein größeres Haus mit noch mehr Material angereichert und ein neues, zweites Auto, um in eine zweite Garage einzufahren, und noch mehr Kleidung für eine noch größere Garderobe?

Von diesen Gedanken umwirbelt, stieg ich aus dem Bett und drehte Kreise auf meinem Flauschteppich; ich wollte herausfinden, wie viel unnötiges Zeug ich eigentlich besaß. Kleidung, an der noch die Preisschilder angeheftet waren, diverse Gegenstände „für den Fall, dass ich sie eines Tages brauchen könnte“ und weitere lächerliche Dekorationsgegenstände. Da wurde mir eins klar: Dass ich nicht nur Sklavin meiner eigenen Technologie war, sondern auch Sklavin meiner Konsumwunschhaftigkeit. Man erwartet ein Gefühl des Glücks mit einem angeschafften Teil, das schließlich auf der endlosen Wunschliste stand, und dabei verursacht das Ganze vielmehr Frustration und Unzufriedenheit. Weil man sich in Wahrheit immer nach etwas Besserem sehnt.

Es war an der Zeit, meinem Konsumwahn den Rücken zu kehren und mich auf richtige Seelennahrung zu konzentrieren: auf meine Familie. Meine Freunde. Die Natur. Die Welt. Neue Erfahrungen und Abenteuer. Bildung.

Ich umgab mich mit loyalen, intelligenten, lustigen, mutigen Menschen. Dieser Kreis ist klein, besteht aber aus den Menschen, die das Leben in seiner reinsten Form wertschätzen – und was noch wichtiger ist: die liebesfähig sind. In einer Welt, in der Dinge mehr Wert haben als der Mensch, in einer Welt, in der die Menschen Angst vor bedingungsloser Liebe haben, sind es meine Freunde, die mir ihr Herz schenkten und darauf vertrauten, dass ich zurückliebe. Sie sind es, von denen ich weiß, dass sie eines Tages die Welt verändern werden. Bist du von Menschen wie diesen umgeben?

Wir können uns in diesem rasanten Evolutionsprozess so stark verlieren, dass wir darauf vergessen, dass das Glück in Wahrheit in der Einfachheit liegt. Umgib dich mit Menschen, nicht mit Objekten. Kaufe nicht auch noch diese vierte Jeans, diese unverschämt teure Sonnenbrille oder diesen brandneuen Laptop, wenn der alte doch noch funktioniert. Umarme stattdessen einen guten Freund viel öfter, buche eine Reise und fliege dort hin, wo du schon immer hin wolltest! Eines Tages wirst du zu alt und müde sein, um dich aufzulehnen und das Wagnis einzugehen, deine Träume zu leben. Und alles, was du dann noch tun kannst ist, den Startknopf an deinem Fernseher zu betätigen. Also warum tust du das nur, wo du doch da draußen deinen Traum leben kannst?

Übersetzung Englisch-Deutsch: Anna Dichen

Credits

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