Backstage Interview mit Robert Cibis – Zukunftskonferenz 2021
Nach seinem spannenden Vortrag zur Parallele von Drehbüchern im Filmbusiness und in der Gesellschaft, den er mit den Worten „Unsere Stärke ist nicht das Argument, sondern unsere Haltung“ abschloss, führt Produzent Robert Cibis ebendiesen Gedankengang näher aus: Ziel sei es, Debattenräume zu schaffen, um zu gemeinsamen Entscheidungen zu kommen. Wissenschaft ist zB eine Haltung: alles ständig zu hinterfragen, inklusive sich selbst. Wissenschaftlicher Konsens heißt nicht, dass eine absolute Wahrheit in Stein gemeißelt ist, sondern dass eine Arbeitsgrundlage für weitere Forschungen vorliegt, die so lange gilt, bis sie widerlegt wird.
Haltung kann man vorleben. Der Mensch als Herdentier hat die Fähigkeit, das Verhalten anderer zu kopieren. Entscheidungen von oben herab negieren die Schwarmintelligenz und tragen zum Sinnverlust vieler Menschen bei: es passiere zwar viel, aber man selbst ist nicht eingebunden.
Wir leben in einem Informationskrieg. Wer die Deutungshoheit über Informationen inne hat, hat die Macht. Ziel muss es sein, sich aus dieser Konfrontation herauszuhalten, um nicht in die Gefahr zu kommen, andere auszugrenzen. Wenn man selbst ausgegrenzt wird, dann sollte man dies nicht mit Argumenten bekämpfen, sondern seine Haltung sprechen lassen: alle Menschen in seine Kommunikation einbinden und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Dies ist auch die Antwort auf die vorangetriebene, gesellschaftliche Spaltung.
Künftig müssen Menschen lernen, sich selbst zu bilden. Cibis sieht darin einen Akt der Ermächtigung: Das Verständnis für die Gesellschaft, in der man lebt, ist eine Grundvoraussetzung, um sich sinnvoll in die Diskussion einbringen zu können. Da das eigene Wollen durch unterschiedlichstes Marketing manipuliert wird, müssen die Menschen auch wieder lernen, das eigene Wollen zu hinterfragen.
Die neuen Technologien bergen große Chancen, aber auch viele Gefahren: ob und wie deren Nutzung sich auf uns und unser Verhalten auswirkt, ist bisher höchst unzureichend erforscht. Dennoch trainieren wir schon Kleinkinder im (rein technischen) Umgang damit. Wichtige Fragen werden erst gar nicht gestellt. Alles für die Wirtschaft.
Menschen merken sich Informationen über Geschichten. Stimmt ein wahrgenommenes Narrativ mit der eigenen Meinung überein, dann tendieren Menschen viel stärker dazu, diesem zu glauben, als wenn es einen Widerspruch gibt; denn Geschichten umzuschreiben ist anstrengend. Der Fakt, dass bestimmende Narrative seit Jahrzehnten von den Mächtigen beeinflusst oder vorgegeben werden, erschwert es jedem Einzelnen zusätzlich massiv, zwischen Wahrheit und Fiktion unterscheiden zu können. Ein Vergleich: Während die Presseabteilung des US Verteidigungsministeriums 30.000 Mitarbeiter umfasst, arbeiten bei der weltgrößten Medienagentur, Associated Press, grade mal 11.000 Menschen.
Das Interview führte Michael Karjalainen-Dräger.
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Robert Cibis – Backstage | Wolfgang Müller | CC BY SA 4.0 |