Amma – Die Mutter der Liebe
Das Wort „Ashram“ kommt aus dem Sanskrit und leitet sich vom Wortstamm „srama“ ab, der soviel wie „sich abmühen“ bedeutet; das Präfix „a“ zeigt aber eine Verneinung an, der Begriff bedeutet also soviel wie „sich nicht abmühen“. Ein Ashram ist ein Ort spiritueller Aktivität, und in Indien gibt es viele davon; es sind Orte, an denen Menschen in einer Gemeinschaft zusammen leben können, gegen eine kleine Gebühr von zwei bis drei US-Dollar pro Tag oder sogar ganz umsonst, indem sie freiwillige Dienste für die Gemeinschaft übernehmen.
In einem Ashram kann man sich mit Joga, Meditation, Lehren und Lernen oder Musik und Tanz beschäftigen – oder auch ganz einfach nur in Frieden und Harmonie miteinander leben. Oft gibt es in einem Ashram einen Guru, also einen Lehrer oder eine Lehrerin, der (oder die) spirituelle Lehren weitergibt. Eine von ihnen ist Amma, die „Mutter der Liebe“, von der ihr heute lesen werdet.
Ich wurde vor einigen Jahren auf „Amma“ aufmerksam (der Begriff bedeutet in Hindi einfach „Mutter“), als mein Vater einen Artikel über sie las. Weil ich neugierig war, begann ich ein wenig im Internet nachzuforschen und fand heraus, dass diese Frau ihre positive Energie durch Umarmungen weitergibt. Sie hat bereits 33 Millionen Menschen auf der ganzen Welt umarmt und Liebe und Mitgefühl verbreitet, wohin auch immer sie ging. Ich bin fasziniert von ihrer Bewegung und möchte ihr unbedingt selbst begegnen…
Nun bin ich in Südindien, nicht weit von Amritapuri, wo sich Ammas Ashram befindet. Da ich mir das alles näher ansehen möchte, entscheide ich, einfach hinzufahren.
Um dorthin zu gelangen, muss ich zuerst mit dem Zug und dann noch mit dem Bus fahren. Als ich aus dem Zug steige, ist es aber bereits später Abend, und weil um diese Zeit keine Busse mehr zum Ashram fahren, und muss ich ein überteuertes Tuktuk nehmen, eine Auto-Rikscha. Die Fahrt dauert über 20 Minuten, und weil es schon dunkel ist, gibt es nicht mehr viel zu sehen. Immerhin kann ich den wunderbaren Duft des Meeres wahrnehmen!
Als ich das Gelände betrete, sehe ich viele Leute, die lockere weiße Kleidung tragen und einfach umhergehen, außerdem gibt es drei sehr große Gebäude, die um die elf Stockwerke hoch sind. Ich wende mich der Rezeption zu, die zum Glück noch geöffnet ist. Dort wartet bereits eine Familie mit zwei Kindern, wahrscheinlich aus Skandinavien. Die Frau an der Rezeption scheint ein bisschen gestresst zu sein, weil es bereits acht Uhr abends ist und die Leute immer noch mit verschiedensten Fragen zu ihr kommen.
Als ich an der Reihe bin, sage ich ihr meinen Namen und wie lange ich bleiben möchte. Sie bittet mich um meinen Pass und um eine kleine Spende von drei US-Dollar für Essen und Bett und fragt mich auch nach meinem Sternzeichen (der Grund dafür ist mir in diesem Moment nicht klar). Dann gibt sie mir den Schlüssel zu meinem Zimmer, sagt mir, dass der Check-out morgens um neun und das Abendessen abends um neun ist und zeigt mir, dass es nach links zu meinem Zimmer und nach rechts zum Speisebereich geht. Ich fühle mich ein bisschen verloren, aber sicherlich werde ich mich bald zurechtfinden.
Ich gehe zu dem Gebäude, das auf meiner Karte steht, dann in den 3. Stock zu Zimmer 23. Vor der Tür stehen zwei Paar Schuhe, und als ich eintrete, sehe ich zwei Mädchen mit lockigem Haar: meine Mitbewohnerinnen. Wir reden ein paar Worte, und sie scheinen wirklich nett zu sein. Der Raum ist äußerst einfach eingerichtet: Eigentlich gibt es nichts weiter als drei Matratzen auf dem Boden und eine Toilette – das war‘s!
Ich lasse meine Tasche fallen und gehe sofort hinaus zum Essen, weil ich schon am Verhungern bin. Leute aller Ethnien gehen zwischen den schönen Palmen umher, die das Gelände schmücken; alle machen einen sehr freundlichen und hilfsbereiten Eindruck und haben ein friedvolles Lächeln auf ihren Gesichtern. Es ist ein wirklich interessanter Ort mit einer großartigen Atmosphäre: Einige Leute spielen Gitarre und singen, Kinder toben herum und viele ältere indische Frauen und Männer sitzen auf Stühlen vor dem Gebäude und genießen den Abend.
Ich gehe hinüber zum Essensbereich und reihe mich in die Schlange ein. Während ich warte, spreche ich mit den Leute neben mir und erfahre, dass es hier drei Arten von Essen gibt: ein einfaches indisches Gericht, das kostenlos ausgegeben wird, außerdem für Geld ein etwas besseres indisches sowie westliches Essen. Ich nehme zunächst einen Teller von dem kostenlosen Gericht; aber ich esse das schon seit Monaten, und weil ich so spät dran bin, sind der Reis und die Linsen außerdem ziemlich wässrig und schmecken nicht mehr gut. Ich kann es daher nicht wirklich genießen, zwinge mich aber dennoch dazu, zumindest den größten Teil davon zu verzehren.
Danach gehe ich zu der Abteilung mit dem westlichen Essen, um noch etwas Süßes zu bekommen. Die Auswahl dort ist groß – vegetarisch und nicht-vegetarisch, dazu gibt es verschiedene Kuchen, Salate, Pizza, Kaffee etc., und alles zu einem sehr guten Preis. Der Kuchen ist wirklich delikat, und ich freue mich schon auf das Frühstück morgen!
Ich bin sehr glücklich, dass während meines Aufenthaltes hier ein Darshan abgehalten wird! Doch jetzt möchte ich noch ein wenig die Umgebung des Ashrams erkunden und die frische Seeluft genießen. Zum Glück ist der Ashram überhaupt nicht so wie das Meditationszentrum, in dem ich früher gewesen bin. So darf man zum Beispiel das Gelände jederzeit und so lange wie man will verlassen und auch das Telefon benutzen; nur das Aufnehmen von Fotos und Videos ist aus Diskretionsgründen nicht gestattet. Generell wohnen Männer und Frauen voneinander getrennt, aber für Paare gibt es Ausnahmen.
Es dauert nicht einmal fünf Minuten, zum Strand zu gehen. Das Meer ist ziemlich aufgewühlt, und die Wellen, die gegen die Felsen schlagen, rufen eine fast schon hypnotische Atmosphäre hervor. Und um dieses Bild perfekt zu machen, steht eine Frau alleine am Meer. Ihr weißes Gewand bewegt sich im Wind, und sie singt mit einer Stimme wie aus der Oper. Ihr Gesang und die Wellen vereinen sich zu einer Harmonie, und als noch einige Vogelstimmen hinzukommen, fühle ich mich, als ob ich Teil eines Orchesters sei.
Dieses Bild und diese Stimme werde ich niemals vergessen – es war ein perfekter Moment für mich! Ich sitze noch eine Weile dort und genieße den Anblick. Dann gehe ich zu meinem Zimmer, denn morgen erwartet mich ein aufregender Tag…
Gute Nacht!
Anmerkung: Hier könnt ihr mehr über Amma erfahren.
Übersetzung Englisch-Deutsch: Martin Krake
Credits
Image | Title | Autor | License |
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Mata Amritanandamayi | JLA974, Audebaud Jean louis | CC BY 2.0 |
Der gebrochene Elefant in Ketten im Hintergrund passt irgendwie überhaupt nicht zum Begriff „Liebe“ und der Gesichtsausdruck der beiden wirkt hierdurch, ganz objektiv gesehen, eher ignorant im Angesicht dieses offensichtlichen Leids. 😕
Robin Rader das mit dem Elefanten stimmt wohl. Er wird jeden Tag in das Ashram gebracht – ist zwar angekettet (was ich selbst nicht gutheise) aber wird dort sehr verwöhnt! Konstruktive Kritik ist immer willkommen aber von einem Gesichtsausdruck auf unseren Gemuehtszustand zu schließen ist nicht fördern für eine objektive Diskussion.
Vielen Dank für den Hinweis, Isabel, ich kann die Reaktion auch wirklich gut nachvollziehen, auch weil ja alles hier Friede und Freude darstellen soll und dies eben einen Widerspruch zur Realität eines der Fotomotive darstellt.
Das Anketten ist, so schlimm das klingt, noch das „allerkleinste“ Problem und ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand, der in Indien ist oder lebt nicht weiß, wie Elefanten dort gebrochen werden. Vielleicht interessiert Dich bzw. den einen oder anderen Leser ja auch, was da passiert, hier ein kurzes Beispiel-Video: https://youtu.be/LZsnKmXDLPo und es gibt dazu unzählige Reportagen und Artikel im Netz zu finden.
Meine Reaktion bzw. mein Kommentar war einfach eine geschockte, weil die Worte des Artikels in einem (aus meiner Sicht) derart krassen Widerspruch zur Realität des Bildes stehen, ich wünschte einfach, dass die Empathiefähigkeit alle miteinbeziehen würde.
Vielleicht hilft folgendes geistige Bild bei der Nachvollziehbarkeit: selbes Foto, selber Ausdruck, im Hintergrund ein Stierkampf.
Ich meinte nicht, dass die Menschen auf dem Bild ignorant SIND, sondern der Blick angesichts des Leids unpassend ist.
Falls das alles nicht bekannt war, dann ist es einfach so, wie mit uns allen: wir lernen eben bestenfalls ständig dazu.
Mit Verwöhnen hat jedenfalls beides, abseits des touristisch vorgespielten, leider gar nichts zu tun.
Danke für deine Antwort und für den Link zu dem Video – ich werde es mir auf jeden Fall angucken. Ich verstehe dich und kann deinen Standpunkt auch gut nachvollziehen. Jedoch möchte ich dir gerne die Situation erklären da nicht immer alles schwarz oder weiß ist: in dem Moment wo ich den Elefanten gesehen habe wurde er gerade von einigen Kindern gefüttert und (so wie es nach meiner Meinung nach aussah) hat sich wahnsinnig darüber gefreut. Es war ein schöner Anblick und deshalb verbinde ich das Bild mit etwas fröhlichem. In vielen Situation kann man etwas entweder positiv oder negativ sehen z.b. Strassenkinder in Indien leiden auch sehr und auf den ersten Anblick ist es etwas „schwarzes“ aber wenn ich sehe wie jemand ihnen gerade Essen austeilt dann ist es wiederum positiv. Ein anderes Beispiel ist ein Flüchtlinglager, da habe ich auch Fotos wo ich und andere Kinder lachen und „fröhlich“ sind obwohl hinter uns überall Leid ist. Ich verteidige die Ketten absolut nicht und schliese auch nicht meine Augen vor dem Leid – ganz im Gegenteil, aber ich versuche auch im Leid etwas positives zu finden. Ich werde das Bild runternehmen da es zu sehr von dem eigentlichen Thema, dem Amma Ashram , ablenkt. Danke für deine Kritik und deinen Hinweis 🙂 . Lg Isabel