Als sie bei uns einzog
Wenn ihr den ersten Teil dieses Artikels noch nicht gelesen habt, könnt ihr das hier nachholen.
Als meine Frau und ich heirateten, nahm ihre Familie wegen der wirtschaftlichen Unterschiede zwischen unseren Familien nicht an dem Fest teil, und so lernte ich ihre Verwandten erst später kennen. Eines Tages kam ich von der Arbeit nach Hause und sah eine wunderschöne Frau auf dem Balkon unserer Wohnung. Ich war sehr überrascht, sie dort zu sehen, und brannte darauf, herauszufinden, wer sie war. Um meine Neugier zu befriedigen, ging ich rasch nach oben.
Als ich unsere Küche betrat, begrüßte sie mich mit einem elektrisierenden Lächeln und den Worten: „Namastea Bhinaju.“ Namastea ist in Nepal ein Gruß an eine ältere Person, und Bhinaju bezeichnet den Ehemann der älteren Schwester. Was, sie war also meine jüngere Schwägerin? Ich war völlig aus dem Häuschen.
Nach einem langen Moment der Stille antwortete ich, als würde ich sie schon seit langer Zeit kennen: „Namastea, Sali. Wie geht es dir, und wann bist du angekommen?“ Sali ist in Nepal das Wort für eine jüngere Schwägerin. Sie antwortete: „Mir geht es gut, Bhinaju, ich bin heute erst angekommen.“ „Ah, ich verstehe“, sagte ich, und diesen wenigen Worte folgten wieder einige Sekunden der Stille. An diesem Abend hatten wir drei, meine Frau, ihre Schwester und ich, uns eine Menge zu erzählen. Meine Frau wollte wissen, was sich im Zuhause der Familie verändert hatte, von ihren Verwandten, den Nachbarn, ihren Freunde und so weiter hören.
Ich glaube, wir unterhielten uns bis nach Mitternacht an diesem Abend und gingen schließlich sehr müde zu Bett. Sali ging in ihr Zimmer und meine Frau und ich in unseres. Wir redeten noch ein paar Worte, aber schon nach wenigen Minuten war sie eingeschlafen. Ich hingegen konnte nicht schlafen in dieser Nacht – ich tat mein Bestes, doch es ging einfach nicht. So verbrachte ich die Nacht damit, mich hin und her zu drehen in der Hoffnung, dass ich eine Stellung finden würde, in der ich endlich einschlafen könnte. Seitdem begannen sich meine Tage zu verändern.
Als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete, lag meine Frau nicht neben mir. Ich sah nur unseren Sohn schlafen. Ich dachte, sie sei bereits aufgestanden, wie üblich. Als ich auf die Uhr an der Wand sah, bemerkte ich, dass es schon halb acht war. Weil ich dachte, ich sei spät dran, stand ich rasch auf und ging sofort zum Bad, meine Augen reibend, um sie öffnen zu können.
Plötzlich unterbrach ein Geräusch meine Gedanken: „Guten Morgen, Bhinaju!“ Ihre Worte brachten mich zurück ins Hier und Jetzt, und mir wurde klar, dass sie meine Sali war. Ich wünschte ihr mit langsamer Stimme und einem freundlichen Lächeln ebenfalls einen guten Morgen und ging ins Bad. Bald hörte ich, wie mich Ashmita, meine Frau, zum Frühstück rief. Ich nahm es mit meinem Sohn ein, denn er war zur selben Zeit aufgewacht. Ashmita hatte Brot und Tee zum Frühstück vorbereitet. Ich wollte gerade ein Stück Brot und etwas Tee nehmen, als Aashika, meine Schwägerin, die Küche betrat: „Wie hast du geschlafen, Bhinaju? Könnten wir heute über mein zukünftiges College sprechen? Was denkst du, welches das richtige für mich wäre?“
Wir begannen, über ihr künftiges Studium zu sprechen und wohin sie dafür gehen würde. Schließlich entschieden wir, dass Aashika am Fishtail Mountain College studieren würde, denn es war nicht weit von unserer Wohnung gelegen und auch recht preisgünstig. Drei Tage später begann sie dort ihr Studium. Von da an gingen wir jeden Morgen zusammen los, denn wir mussten beide in dieselbe Richtung, um zu unseren Colleges zu gelangen – meins war etwa 15 Minuten weiter entfernt.
Ich schwöre, seitdem Aashika in Kusma Bazar angekommen war, habe ich keine Nacht mehr richtig geschlafen. Mein Verstand arbeitete nicht mehr richtig. Es gab nur noch eine Sache in meinem Kopf: Wie konnte ich Aashika zu meiner Frau machen, für immer? Ich dachte, es würde mich fast umbringen, wenn ich sie nicht haben könnte. Obwohl wir alle drei in derselben Wohnung lebten, fühlte ich, dass etwas in mir unvollständig war, und immer wieder hörte ich eine innere Stimme, die mir sagte, dass ich Aashika für immer mein machen sollte. Anders wäre ich nicht mehr in der Lage zu leben.
Zu dieser Zeit erkannte Aashika meine wahren Gefühle ihr gegenüber. Sie hatte aufgehört, so mit mir zu reden wie zuvor, doch meine Frau, Ashmita, hatte keine Ahnung von der Anziehung, die ihre Schwester auf mich ausübte. Ich glaube, sie konnte sich die Tiefe meiner Gefühle für sie nicht einmal ansatzweise vorstellen; sie war ganz einfach damit beschäftigt, unseren 18 Monate alten Sohn aufzuziehen und ihre Haushaltsarbeiten zu erledigen.
Bleibt dran – der dritte Teil folgt demnächst: „Als meine Frau mich mit ihr alleine ließ“.
Fortsetzung folgt …
Übersetzung Englisch-Deutsch: Martin Krake
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Blauflügel-Prachtlibellen im Paarungsrad | Holger Gröschl | CC BY-SA 2.0 de |