Aktuelle Konflikte – DASICON2017
Veranstaltungsdaten
- Datum
- 3. 3. 2017
- Veranstalter
- DASICON
- Ort
- Festsaal der diplomatischen Akademie, Favoritenstraße 15a
- Veranstaltungsart
- Podiumsdiskussion
- Teilnehmer
- Werner Fasslabend, Moderator, Präsident des AIES
- Martin Sajdik, Botschafter der Ukraine-Mission
- Sergey Markedonov, Russian International Affairs Council
- Roger W Robinson, Chef des Prague Security Studies Institut
- Christian Wehrschütz, ORF, Korrespondent in Konfliktgebieten
Im zweiten Panel der DASICON2017 mit dem Titel „Aktuelle Konflikte“ ging es vor allem um die Auseinandersetzung in der Ukraine.
Die Gefahr für Konflikte komme immer aus dem Schatten, dort, wo sie niemand vermute. So Moderator Werner Fasslabend, für den sowohl die Lösungen aktueller Auseinandersetzungen wie auch die Aufmerksamkeit für mögliche zukünftige Konfliktherde die zentralen Aufgaben der OSZE sind.
Laut Martin Sajdik, Botschafter der Ukraine-Mission und Vertreter des Außenministers Österreichs, der den Vorsitz führt, müssten unterschiedliche Kanäle genutzt werden, z.B. die alle zwei Wochen in Minsk stattfindenden Gespräche – oder auch jene in der grenznahen Stadt Soledar, in der Russen und Ukrainer regelmäßig miteinander kommunizieren.
In der Ukraine-Mission gibt es vier Arbeitsgruppen, die sich mit wichtigen Schwerpunkten befassen: politische (Normandie-Format: Deutschland, Frankreich, Russland, Ukraine), humanitäre (Gefangenenaustausch) und ökonomische Entwicklungen sowie das Thema Sicherheit. Laut Sajdik könne die OSZE politischen Willen zwar nicht kreieren, aber sie könne Gesprächsrahmen schaffen. In der letzten Zeit sei der politische Wille zu Gesprächen allerdings gesunken, da es wieder mehr Tote gibt und Eisenbahnlinien blockiert werden.
Für Professor Sergej Markedonov ist das zentrale Problem der Minsker Vereinbarung, dass es zwei Dokumente gebe und die fünfundzwanzig beschlossenen Punkte sehr ungenau seien. Auch lehnt die Ukraine das Minsker Abkommen ab, weil sie einen Failed State wie in Bosnien fürchte. Den oft gehörten Vorwurf der Unberechenbarkeit an die russische Außenpolitik könne Markedonov nicht nachvollziehen, sie sei über viele Jahre konstant.
Trump sei deshalb in Russland beliebt, weil er für Pragmatismus stehe und nicht für eine emotionalisierte Diskussion über westliche Werte.
Der Westen sei mit der Erweiterung der NATO nicht zu weit gegangen, so Roger W. Robinson von Prague Security Studies Institute, denn: „We are in the democracy business.“ Auseinandersetzungen werden heute auf vielen Ebenen gleichzeitig geführt: zwanzig Prozent seien militärische Kriegsführung, zwanzig Prozent Cyberwar – doch etwa vierzig Prozent dieses sogenannten Hybridkrieges würden auf ökonomischer und finanzieller Ebene ganz legal innerhalb des weltweiten Handels ausgetragen, um vor allem auf kleinere Staaten Druck auszuüben.
Robinsons Think Tank hat eine Software entwickelt, die weltweit jede Überweisung staatlicher bzw. staatlich kontrollierter Unternehmen von Russland und China verfolgt, um so die Beeinflussungsversuche und die strategischen Interessen der beiden Länder zu observieren (Anmerkung: Für die USA gibt es keine solche Software).
Im Odessa-Feld im Schwarzen Meer lagern Ölvorräte im Wert von ca. einer Billion Dollar. Es liegt im ukrainischen Meeresgebiet, und an seiner Erschließung ist der amerikanische Ölkonzern Exxon beteiligt. Russland pumpt dort ebenfalls Öl ab und hat auf seinen Bohrplattformen Truppen stationiert. Robinson denkt, dass dieser Hotspot in zwölf bis vierundzwanzig Monaten die Nachrichten beherrschen werde.
Zeitigen ökonomische Sanktionen wie jene gegen Russland Erfolge? Laut Robinson ja, vor allem finanzielle Sanktionen seien sehr effektiv. Die meisten Sanktionen, die weltweit eingesetzt wurden, seien aber sehr schwach ausgeprägt gewesen.
Mit einem Vergleich eröffnet ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz seine Ausführungen: Man fahre mit dem Auto durch den Wald in der Ukraine bzw. in Österreich. Während einem bei uns praktisch nichts passieren könne, werde man in der Ukraine vielleicht beschossen oder es komme plötzlich ein Panzer aus dem Unterholz. Aufgrund der unübersichtlichen Situation ist die OSZE-Mission entlang der Grenze sehr gefährlich. Die OSZE-Berichte sind laut Wehrschütz nahe an der Wahrheit, sie können – im Gegensatz zu manchen Medienberichten – als verlässliche Quelle bezeichnet werden.
Donezk und Luhansk leben seit drei Jahren unter einem ukrainischen Embargo. Alle Dokumente der dortigen Bewohner würden in der Ukraine nicht mehr anerkannt. Alles funktioniere nur mehr mit Bestechung. Deshalb sei es absolut sinnvoll und wichtig, zumindest die neuen Dokumente anzuerkennen.
Wehrschütz ist davon überzeugt, dass die aktuellen Grenzen auch die neuen Grenzen für die Zukunft sein würden. Die Ostukraine wird ökonomisch Russland angegliedert werden, denn für beide Seiten sei die aktuelle Situation billiger.
Eine baldige Lösung hält er für ausgeschlossen: In Mazedonien arbeitet Matthew Nimitz seit fünfundzwanzig Jahren (mehr oder weniger vergeblich) an einer Lösung des dortigen Konfliktes – und die Ukraine sei wahrscheinlich noch komplexer.
Einmal mehr war Christian Wehrschütz die warnende Stimme, die das Schicksal der einfachen Menschen in solchen Konfliktherden in den Mittelpunkt rückt. Demgegenüber stand mit Roger W. Robinson ein Mann, der die Welt gerne in schwarz und weiß einteilt und sich wie so viele andere hinter den Werten versteckt und die Interessen der Gegner des westlichen Machtanspruches anprangert. Zwischendrin ein russischer Professor, der zwar allzu rosige Ansichten der Ära Putin vertritt, aber mit seiner pragmatischen Antwort auf die Aufgeregtheit der heutigen Zeit – Interessen statt emotional aufgeladene Werte zu diskutieren – nicht ganz unrecht hat.
Credits
Image | Title | Autor | License |
---|---|---|---|
Dasicon2017 – Panel 2 | Christian Janisch | CC BY SA 4.0 | |
Aktuelle Konflikte | Christian Janisch | CC BY-SA 4.0 | |
Panel2 | Christian Janisch | CC BY-SA 4.0 |