ADHS , eine “erfundene” Krankheit, unfähige Eltern und Kristallkinder
ADHS, das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit Hyperaktivität, ist etwas was sehr polarisiert. Sagt jemand, dass eigene Kind hat diese Störung (5 von 6 Betroffenen sind Jungs), ist Misstrauen noch das geringste negative Gefühl, dass den Eltern entgegenschlägt. Sehr viel häufiger ist die Ansage: „Der ist doch nur lebhaft. Lasst ihn doch mehr nach draußen spielen gehen. Der hat Bewegungsmangel“. Dabei schwingt immer mit: „He, ihr könnt einfach nicht erziehen“. Es ist völlig egal ob man von staatlicher Stelle, die niemals Geld hergeben, wenn es nicht unbedingt notwendig ist, doppelte Kinderbeihilfe bezieht, für Therapien hohe Zuschüsse erhält und das Kind als behindert eingestuft wird. Die Abwertung erfolgt sofort: Schlechte Eltern. Und es wird oft einfach als „Jungskrankheit“ bezeichnet, obwohl auch Mädchen diese Störung aufweisen. Denn ADS , die gleiche Krankheit ohne Hyperaktivität, ist auch bei weiblichen Kinder nicht so viel seltener als bei Buben (ein Drittel der AD(H)S-Kinder ist weiblich). Auch das macht es schwierig, weil man es auf das Geschlecht bezieht und meint es wäre nur die gesellschaftliche Ächtung des Bewegungsdrangs und der Lebhaftigkeit der Jungs, die als Störung bezeichnet wird.
Die andere Reaktion ist ebenso unangenehm, die lautet einfach: „Das sind ganz besondere Kinder. Das ist keine Krankheit, das sind kleine Menschen mit viel mehr Sensibilität. Die darf man nicht daran hindern, zu sein wie sie sind.“ Und diesen Eltern wird eingeredet, die betroffenen Kinder haben keine Störung, sondern sind die nächsthöhere Stufe der Menschheit. Indigokinder, weil sie eine indigofarbene Aura hätten. Und ein Kind, dass sonst mit guter Behandlung die Chance gehabt hätte, sich normal zu entwickeln, wird im Sonderschulstatus fixiert. Als Erwachsene, haben sie dann ein viel höheres Risiko straffällig, drogensüchtig oder ein Sozialfall zu werden.
Lehrkräfte und Kindergärtnerinnen sind hier besonders anfällig. Sie gehen auf ein Seminar, wo sie hören was ADHS ist, kommen mit etwas Halbwissen zurück und kaum wird ein Junge im Unterricht störend, sehen sie sofort „ADHS“ (2014!). Der Junge gehört behandelt, sind sie überzeugt. Die Lehr- oder Betreuungsperson empfiehlt einen Gang zum Kinderarzt oder zur Kinderärztin. Und dort setzt sich das Unglück fort. Es gibt nur einige Dutzend Experten, die diese Störung sicher diagnostizieren können. Dazu sind umfangreiche Tests erforderlich, die ausschließen, dass es sich z.B: um eine bipolare Störung handelt. Daher ist das Einzige was dieser Arzt, Mann oder Frau, die ihr Wissen über diese Krankheit in einem Seminar erhalten haben, tun sollten, das Kind zu einem dieser Experten zu überweisen. Was aber in größer als neunzig Prozent der Fälle passiert, ist dass dem Kind alsbald Ritalinpräperate verschrieben werden. Und da es sehr oft gesunde Kinder sind, wirkt diese Medikamentengabe dann wie die Verabreichung von Drogen. Viele Kinder werden tatsächlich ruhiggestellt, wirken zeitweise wie Zombies. Andere werden aufgedreht, sie lernen viel besser, wirken wie wenn sie auf „speed“ wären.
Und all das sind dann die Eindrücke, die andere Eltern von ADHS bekommen, das keines ist. Die in Wahrheit sehr wenigen kranken Kinder bekommen dann keine Hilfe, weil „es gibt ja ADHS gar nicht“. Wer ein Kind mit echtem ADHS hat, hat oft das Gefühl als ob zu Eltern, die ein Kind mit chronischer Lungenentzündung haben, gesagt wird, sie sollen sich nicht so anstellen, der Husten geht sowieso wieder vorbei. Das wäre doch gar keine Krankheit, man müsse als Eltern die Kinder nur etwas wärmer anziehen, dann würden sie auch nicht krank werden.
Kinder, die keine fünf Minuten stillsitzen können (Hyperaktivität ist nicht lebhaft, sondern etwas weit radikaleres), handeln bevor sie nachdenken. Über die manchmal sogar lebenslangen Folgen, wie keinen Bezug zu Geld haben und es ausgeben auch wenn sie es nicht haben und sich ständig mit Käufen belohnen müssen, die in normalen Berufssparten keine Chance haben werden auf Dauer zu arbeiten (Aufmerksamkeitsstörung ist nicht Ablenkung, sondern blitzartig wechselnde Interessenlage), denen wird die Therapie verweigert weil es ADHS nicht gibt. Und der letzte Nagel auf diesem Sarg ist die im Internat kursierende Behauptung, der Entdecker von ADHS hätte selbst auf dem Totenbett die Lüge es gäbe ADHS zugegeben. Nur ist weder Eisenberg der Erfinder von ADHS, noch hat er eine Lüge zugegeben. sondern nur den Missbrauch mit dieser Diagnose angeprangert. Aber dieser Mythos verbreitet sich im Netz und wird wieder und wieder gebracht. Für Eltern die Kinder mit echtem ADHS haben, eine reine Katastrophe.
Aber es gibt ADHS nicht nur im Kindesalter, sondern es sind auch Erwachsene davon betroffen. Und zwar immer dann wenn keine Diagnose erfolgte während der Mensch aufwuchs. Diese Menschen sind oft mit Schwierigkeiten konfrontiert, die sie sich nicht erklären können. Sie haben mangelnde Impulskontrolle und sind in vielen Situationen unbeherrscht. Sie sind reizbar und leicht ablenkbar durch Nebensächlichkeiten, gleichzeitig aber auch sehr kreativ und originell. Da sie aber durch die negativen Aspekte von ADHS im Leben oft in Schwierigkeiten geraten, gehen sie schließlich zum Spezialisten und bekommen dann zu ihrem Erstaunen die Diagnose ADHS. Es ist in Wahrheit aber eine Erleichterung, denn auf einmal werden viele Dinge klar und es lösen sich viele Probleme. Durch Therapie und Medikamentation wird vieles möglich, das bis dahin nicht erreichbar schien. So laufen Menschen, die bis jetzt im Hintergrund waren, plötzlich zur Höchstform auf und werden zu Stars.
ADHS ist also weder für Kinder noch für Erwachsene ein Schicksal, das man hinnehmen muss. Es ist eine Störung, die behandelbar ist und die behandelt werden muss. Dann ist für Personen mit ADHS ein selbst bestimmtes, selbstbewusstes und freies Leben möglich.
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