Jugendwertestudie 2023 – „Aufbruch oder Resignation?“
Die neue Jugendwertestudie des Instituts für Jugendkulturforschung wird wie jedes Jahr vom Leiter des Instituts Prof. Bernhard Heinzlmaier vorgestellt. Die wichtigste Erkenntnis daraus: die multiplen Krisen gehen auch an den jungen Menschen nicht spurlos vorüber. Die Dichotomie, dass die Jugend für sich persönlich optimistisch ist, die Gesellschaft aber dem Untergang geweiht sieht, wurde schon im Vorjahr festgestellt und hat sich heuer verfestigt.
Das Internet hat die Gesellschaft mittlerweile fest im Griff: wie es Heinzlmaiers Lieblingsphilosoph ausdrückt: „Der Like schließt jede Revolution aus.“ Zustimmung ist erwünscht, wenn man sich kritisch äußert, wird man totgeschwiegen oder mit einem Shitstorm überzogen. Selbstverwirklichung ist heute keine Möglichkeit, sondern eine Pflicht: wer kein Selbstoptimierer ist, (und sei es nur zum Schein) ist verdächtig.
Neben den Eltern sind mittlerweile die Medien die wichtigste Sozialisationsinstanz.
Nach einer Beschreibung, welche Merkmale einen typischen Vertreter der Generation Z und einen Babyboomer ausmachen, geht Heinzlmaier auf die 10 wichtigsten Probleme aus Sicht der Jugendlichen ein: die Teuerung und der Krieg in der Ukraine sind neben der steigenden Armut die größten Sorgen. Der Klimawandel kommt – überraschend, wenn man sich dessen Präsenz in den Medien ansieht – erst an 8. Stelle, hinter Kriminalität und Migration. Diese im Vergleich zu den Vorjahren dramatische Verschiebung, die sich auch in der Gesamtgesellschaft abbilden lässt, liegt daran, dass es für viele nun tatsächlich um ihre Existenz geht.
Die physische wie psychische Gesundheit ist ein Thema, das bei Jugendlichen einen immer höheren Stellenwert erhält. Allgemein lässt sich feststellen, dass Frauen sich in allen Bereichen größere Sorgen machen, als Männer. Dies bildet sich zB auch im Führungspersonal der neuen Umweltbewegungen ab.
Fast 50% der Jugendlichen verbringen ihren Urlaub im Ausland. Mehr als 80% der Jugendlichen nutzen zur Erreichung ihres Urlaubsziels das Auto oder das Flugzeug. Der Trend, der sich daraus ableiten lässt, findet sich auch in vielen anderen Bereichen: man verändert sein Leben kaum, ist aber bei Sonntagsfragen für weitreichenden Umwelt- und Klimaschutz und gibt moralisierende Statements ab. Argumentiert wird das dann, wie zB von den Klimaklebern, dahingehend, dass man den politischen vom privaten Menschen trennen müsse. Auch bei den Eigenschaften der Fortbewegungsmittel zeigt sich die Diskrepanz zwischen Denk- und Handlungsebene: klimafreundlich kommt in der Liste ganz weit hinten.
Der Medienkonsum der Jugendlichen wird dominiert von digitalen Bild- und Videomedien. Print-Tageszeitungen werden kaum noch gelesen. Vor allem die Bildungsschichten lesen noch Zeitungen, hier vor allem den Standard und den Falter. Dies liegt laut Heinzlmaier auch daran, dass man in der Bildung keinen Wert mehr darauf legt, komplexe Inhalte zu verstehen – eine Voraussetzung für Artikel sogenannter Qualitätszeitungen.
Für Jugendliche ist extrem wichtig, dass sie sich in ihrer Arbeit wertgeschätzt und als ganzer Mensch betrachtet fühlen: man müsse auch mit persönlichen Dingen zum Vorgesetzten gehen können, nicht nur mit beruflichen. Von populistischen Maßnahmen wie dem Energiezuschuss halten die jungen Menschen nichts: sie wollen anständig bezahlt werden. Im Gegensatz zur Vorgeneration ist Karriere für die heutige Jugend wieder ein wichtiges Thema – ebenso wie ein sicherer Arbeitsplatz. Die Lehre ist in der Gesamtbevölkerung zwar weiterhin hoch angesehen, in der Generation Z gibt es daran allerdings sehr wenig Interesse.
Auch wenn Eigentumsbildung immer schwieriger wird, so wünscht sich jeder zweite Jugendliche ein Eigenheim. Eine zunehmende Anzahl von jungen Menschen ist länger als bisher von den Eltern abhängig, weil der eigene Verdienst nicht ausreicht, um die Kosten zu decken.
Bevor Publikumsfragen beantwortet werden, hält Heinzlmaier fest, dass zwischen jenen Themen, die die Medien beherrschen, und jenen, die die Bevölkerung, und hier insbesondere die jungen Menschen, bewegen, eine zunehmende Kluft entsteht.
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