Akute Medienpolitische Versäumnisse (BSA)
In der BSA-Diskussionsrunde mit dem Titel „Akute medienpolitische Versäumnisse“ trafen einander am 7.12.22 unter der Moderation von a.o Univ.-Prof. Dr. Fritz Hausjell Vertreter der österreichischen Medienbranche.
Dabei wurden vier Themenbereiche, zu denen aktuell Gesetzesentwürfe vorliegen behandelt, nämlich die Einstellung der Wiener Zeitung als gedruckte Tageszeitung, die Einführung einer staatlichen Journalistenausbildung, die Weiterführung der „Korruption“ im Bereich der Regierungsinserate und die Förderung von Qualitätsjournalismus.
Für Armin Thurnher, Herausgeber des „Falter“ und medienkritische „Instanz“ ist die Gründung einer Stiftung zur Finanzierung der Wiener Zeitung ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt des Mediums in der bisherigen Form. Sie wäre damit das Exempel, an dem man ein gutes öffentlich-rechtliches, also von der Allgemeinheit finanziertes Medium, erkennen kann. Zusätzlich sollte es der Zeitung ermöglicht werden, Beteiligungen zu finden durch Geldgeber und Leser. Werbung solle es nur in eingeschränktem Sinn aus einer Kombination aus Sponsoring und dauerhafter Werbemitgliedschaft geben, korrumpierende Konsumwerbung ausgeschlossen werden.
Der Chefredakteur der Wiener Zeitung, Walter Hämmerle bedauert, dass er nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen wurde. Es herrsche ein gewisses Desinteresse des Eigentümers durch eine Fixierung auf den ORF mit dem Vorteil einer großen Freiheit und Unabhängigkeit und mit dem nunmehr ausschlaggebenden Nachteil, dass es kein Bewusstsein für die Qualität seines Mediums gäbe.
Für Petra Stuiber, stv. Chefredakteurin des STANDARD, stellt die Wiener Zeitung mit ihrem guten Journalismus und ihren guten Journalisten eine Bereicherung der Medienlandschaft dar. Die Medienministerin müsse sich mit Kennzahlen besser auskennen und dadurch zu anderen Schlussfolgerungen zu kommen. Eine Journalistenausbildung, die zukünftig unter dem Dach der Wiener Zeitung direkt dem Bundeskanzleramt unterstellt ist und damit unter staatliche Kontrolle stattfinden soll, sei absurd.
Michael Lohmeyer, Mitglied des Präsidiums der Journalistengewerkschaft, bestätigt die Sichtweise von Stuiber. Bedrohte Medienvielfalt werde dadurch weiter eingeschränkt. Am besten wäre es, wenn es klare Regelungen gebe, um unabhängige Medien machen zu können, darüber hinaus braucht es keine Medienpolitik, die immer gewissen Interessen folgt.
Dem widerspricht Armin Thurnher. Für ihn ist Medienpolitik unabdingbar, es braucht aber Personen, die sich auskennen, der aktuelle Entwurf müsse in der Schublade verschwinden.
Alexander Warzilek, Geschäftsführer des österr. Presserates, kann sich an keinen gravierenden Verstoß der Wiener Zeitung gegen journalistische Ethik erinnern. Für Ihn ist die Wiener Zeitung ein spezielles Medium, das öffentlich-rechtlichen Charakter hat und in diesem Sinne hohe Seriosität besitzt. Weisungsgebundenheit an den Bundeskanzler sei absurd. „Firewalls“ seien notwendig, um die Unabhängigkeit der Wiener Zeitung zu garantieren, alles andere sei einer Demokratie nicht würdig. In der neuen Ausbildungsinstitution sollen Journalismus und PR nebeneinander Platz finden, das deute darauf hin, dass hier zukünftige Pressesprecher für Ministerbüros ausgebildet werden könnten.
Die im Gesetz vorgesehene Transparenz bei Regierungsinseraten sei als Alibiaktion zu bewerten, es gebe keine Konsequenzen außer eine Evaluierung, die dann maximal die Wähler sanktionieren können.
Für Thurnher ist Inseratengeld der öffentlichen Hand schlicht und einfach „staatliches Schweigegeld“ und alles andere als Medienförderung.
Lohmeyer hält Verbesserungen in diesem Bereich für dringend geboten. Er schlägt eine Deckelung der Beträge sowie eine Analyse, wieviel Geld wohin geflossen ist und welche Wirkung es hatte, vor, danach solle ein Aktionsplan nicht durch Politik, sondern durch die Öffentlichkeit erstellt werden.
Im Hinblick auf die Förderung des Qualitätsjournalismus hält Alexander Warzilek die Anerkennung des Ehrenkodex des österr. Presserates und nicht den jeweiligen Redaktionskodex für eine notwendige Grundlage.
Walter Hämmerle kritisierte die neue eingeführte Förderung von Social Media, die den klassischen Journalismus nicht ersetzen können. Die Quintessenz des Journalismus solle bewahrt werden, ein redaktioneller „Mindset“ sei zu erhalten.
Armin Thurnher schlägt einen Rat, bestehend aus drei kompetenten Personen vor, die die Qualität der Berichterstattung eines Mediums und die daraus resultierende Förderung bewerten sollen, keinesfalls sollte das in den Händen der jeweiligen Regierung liegen.
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