Der Weisheit letzter Schluss – Im Mistloch der Gnade

Meinung

Ein kommentierender Wochenrückblick – KW 41/22

  • Welchen Preis hat das „finanzielle Füllhorn“ der Bundesregierung?
  • Ist der Friedensnobelpreis tatsächlich eine Ehrung der Friedlichen?
  • Wie lange hält diese Regierung noch?
  • Erster Mitmachmarkt eröffnete am 15.10.22 in Klagenfurt

Die österreichische Bundesregierung hat schon seit geraumer Zeit ihr „finanzielles Füllhorn“ geöffnet. Zuerst war ihr nichts zu teuer, um eine zur Pandemie erklärte Virusinfektion einzudämmen, davon profitierten Pharmafirmen, Maskenproduzenten und bei angemessenem Verhalten auch Bürger und Unternehmer. Dieses war der erste Hype – doch die nächsten zwei folgten sogleich: die Teuerung und die Energiekrise. Mit Teuerungsausgleich, einer zusätzlichen Familienbeihilfe und einem Klimabonus wurden die Österreicher aus der Gießkanne bedient, andererseits hat man weder die Mehrwertsteuer gesenkt bzw. ausgesetzt noch dafür gesorgt, dass Lebensnotwendiges, wie etwa Nahrungsmittel, Wohnen, Energie, Mobilität und – ja auch – Kultur, leistbar bleibt. Wer hier wohl die Gewinner sind?

Apropos Gewinner: Tatsächlich konnte man bisher auch auf den nächsten Friedensnobelpreisträger wetten. Das berichtet zumnindest ein deutsches Portal namens Wettfreunde, für 2022 werden dann aber keine Quoten angeboten. Sehr wohl aber spekuliert ein Experte für Sport-, Showbiz- und Politikwetten über mögliche Preisträger, liegt damit aber komplett daneben. Er zählt Alexei Nawalny, drei weißrussische Aktivistinnen, den UNO-Generalsekretär, den Internationalen Strafgerichtshof, Greta Thunberg und sogar die WHO zu den Favoriten.

Geworden sind es dann – wie das Nobelpreiskomitee auf seiner Website berichtet – letztlich drei ganz andere: der weißrussische Menschenrechtsanwalt Ales Bialiatsky, die russische Menschenrechtsorganisation Memorial und deren ukrainisches Pendant Center for Civil Liberties.

Möge der Denkzettel, den die Verantwortlichen ganz offensichtlich damit setzen wollten, an der richtigen Stelle ankommen – und nicht zusätzlich Öl in das Feuer einer von der Propaganda beider Seiten ohnehin schon angeheizten „Weltkriegsstimmung“ bringen. An dieser Stelle möchte ich noch auf einen Beitrag verweisen, der 2014 vom ZDF im Rahmen der Satiresendung „Die Anstalt“ ausgestrahlt wurde und danach der Zensur zum Opfer gefallen sein soll – heute ist es jedenfalls hier zu sehen. Es wirft einen durchaus erhellenden Blick auf die Situation in der Ukraine und die beteiligten Parteien.

Erinnert werden soll abschließend noch an so manche Fehlentscheidung bei der Vergabe dieser Auszeichnung: 2009 wurde der ehemalige US-Präsident Barack Obama geehrt (“for his extraordinary efforts to strengthen international diplomacy and cooperation between peoples”), drei Jahre später erhielt die Europäische Union (EU) den Preis (“for over six decades contributed to the advancement of peace and reconciliation, democracy and human rights in Europe”).

Eine Möglichkeit der Aberkennung sehen die Statuten des Komitees nicht vor.

Und noch einmal Gewinner: Der alte neue Bundespräsident hat aus meiner Sicht – wie schon letzte Woche geschrieben – zwar die Wahlen gewonnen, aber eigentlich bloß das Vertrauen von rund 37% der wahlberechtigten Österreicher erhalten. Ein Startvorteil sieht anders aus. Da in unserem Wahlsystem die 35% der Nichtwähler immer den Stimmenstärksten zusätzlich stärken, kam der von seinen Gegenkandidaten und von etlichen Staatsbürgern erhoffte Systemwandel auf diese Weise nicht zustande. Auch wird er wohl das übliche Rücktrittsansuchen der Bundesregierung nach seiner Angelobung im Jänner des kommenden Jahres nicht annehmen, wie so mancher seiner Mitbewerber es gemacht hätte. So wird es also noch ein wenig dauern, bis die Österreicher die nächste Chance haben, etwas Neues zu probieren. Möglicherweise implodiert die Regierung aber doch noch vor 2024, weil die gleich nach der siegreichen Wahl von der grünen Klubchefin im Nationalrat verkündete ehebaldige Wiedereinführung der Maskenpflicht hat durchaus Sprengstoff.

Denn mit der „Pandemie“ ist es offensichtlich noch nicht wirklich vorbei, wie wir umgehend nach dem Sieg des Ex-Grünen Präsidenten bei der Wahl am letzten Sonntag von einer seiner ehemaligen Parteikolleginnen erfahren haben. Die Maskenpflicht kommt nämlich zurück. Da regte sich diesmal aber prompt der Widerstand des Boulevards, wie ein Kommentator im Gratisblatt „Heute“ vernehmen ließ, auch der Handelsverband machte mobil und die ÖVP-Landesgranden knirschten mit den Zähnen. Nun sollen wir angeblich wieder mal auf eine endgültige Entscheidung warten, bis zum 23. Oktober wird kolportiert.

Bei all diesen Maßnahmen sollte mittlerweile jedem Betroffenen klar geworden sein, dass es sich dabei um nichts anderes als entmündigende „Vergewohltätigung“ (wie der Philosoph Bertrand Stern es formuliert) handelt, die wir beim besten Willen nicht gebrauchen können, wenn wir eigenständige, verantwortungs- und selbstbewusste Menschen sein wollen. Zudem schwingt bei all dem immer ein althergebrachter Grundsatz mit, der da lautet: „Wes Brot ich esse(n muss), des Lied ich singe(n muss). Oder noch drastischer formuliert – und Johann Heinrich Pestalozzi in den Mund gelegt: „Wohltätigkeit ist das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade.“

Das es aber auch anders geht, zeigt ein wertvolles und zukunftsweisendes Projekt, das nach monatelangen Vorbereitungen am vergangenen Samstag in Klagenfurt eröffnet wurde. Der MitMachMarkt ist als Genossenschaft organisiert, das heißt, dass „alle gemeinsam den MiMa aufbauen, besitzen, betreiben und natürlich nutzen!“

Vor Ort findet man ab sofort „verpackungsoptimierte Waren aller Art“, Obst und Gemüse vieler Hofläden und aus dem eigenen Gemeinschaftsgarten, ein Cafe sowie einen Veranstaltungsraum. „Schenkerei, Tauscherei, Repair-Cafe und ein Begegnungszentrum mit regenerativen Nachhaltigkeitsfokus und vielfältigsten sinnstiftenden Kooperationen“ sollen den MiMaMarkt lebendig halten.

Der Mitmachmarkt in der Adolf-Kolping-Gasse 18 in Klagenfurt ist jeweils am Montag von 16:00 bis 20:00 Uhr, am Donnerstag von 17:00 bis 18:30 Uhr und am Freitag von 16:00 bis 20:00 Uhr geöffnet.

Die Sendung „Im Ohrensessel“ im freien Radio Agora ist dieser sehr nachahmenswerten Idee gewidmet.

Diese und die vielen anderen kleinen und großen Ideen am ganzen Erdball, zeigen uns, dass es

höchste Zeit ist, uns nicht ständig zum Leben begnadigen zu lassen. Stellen wir uns also endlich auf die eigenen Haxen, setzen wir Kooperativen in die Welt oder bauen wir schon vorhandene aus, um eine gute, wahre und schöne Zukunft endlich lebendig werden zu lassen, an allen Ecken und Enden unseres wundervollen Planeten.

Bildrechte: https://de.wikipedia.org/wiki/Barack_Obama#/media/Datei:President_Barack_Obama.jpg

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WG – 2022 KW41-YOUTUBE Wolfgang Müller CC BY SA 4.0