Die Stärkung der liberalen Demokratie – Im Gespräch mit Ariel Muzicant
Anlässlich der bevorstehenden Bundespräsidentschaftswahl lud der BSA Döbling den Unternehmer und Vizepräsidenten des jüdischen Weltkongresses Dr. Ariel Muzicant, zu einem Gespräch. Er setzt sich öffentlich für die Wiederwahl von Amtsinhaber Alexander Van der Bellen ein, denn die nächsten Jahre werden herausfordernder werden, als es sie bisherigen Krisen der letzten Zeit waren: Muzicant erwartet starke soziale Verwerfungen im Zuge der steigenden Preise. Deshalb bedarf es einer Person, die die Nerven bewahrt und das Land mit ruhiger Hand anführt – und nicht, wie VDBs Herausforderer, das Land gefährden, indem sie zB die Regierung entlassen wollen und in populistischer Manier das Land spalten, indem sie einfache Lösungen präsentieren, die in der Praxis gar nicht umsetzbar sind.
Die beiden ehemaligen Großparteien müssen endlich ihre ideologischen Grabenkämpfe beenden. Themen wie leistbares Wohnen, Sicherung der Pensionen etc kann man nur gemeinsam lösen. Die ÖVP hätte als staatstragenden Partei durchaus eine Wahlempfehlung abgeben müssen, vor allem, weil sie keinen eigenen Kandidaten aufgestellt hat. Dennoch geht Muzicant davon aus, dass die ÖVP aus ihrer Regierung mit der FPÖ gelernt hat und dieses Experiment nicht wiederholen wird.
Bei der FPÖ hat Muzicant regelmäßig das Gefühl, dass die rechtsextreme Ideologie nicht nur bei deren Proponenten im Keller zu finden ist, sondern auch ihre Gedanken bestimmt. Auch wenn nur ein kleiner Prozentsatz der Österreicher diese Ideologie unterstützt, so erreicht die Partei bei Wahlen doch 18 bis 20 Prozent. Da deren diesjähriger Kandidat Walter Rosenkranz Mitglied einer der schlimmsten Verbindungen der deutschnationalen Burschenschaften ist, ist er auch Teil dieser rechtsextremen Blase – allerdings schafft er es mittels seines Auftretens, diese Wurzeln zu kaschieren. Auch als Volksanwalt ist Rosenkranz untragbar.
Auch wenn ein Bundespräsident nicht in das Tagesgeschäft eingreifen kann, so kann er doch bei bestimmten Themen rote Linien definieren, wie zB bei der Diskussion um die Unabhängigkeit der Justiz. Als erster Mann im Staat muss er Ansehen und Respekt genießen und als höchste moralische Instanz im Land agieren.
In den Jahren unter VDBs Präsidentschaft gab es zwar viele Wechsel im Kanzleramt und bei den Ministern, aber zu einem Stillstand ist es nie gekommen, da er immer mit Besonnenheit und Weitblick agiert hat und somit einen möglichen Schaden für das Ansehen Österreichs abwenden konnte. Bei seinen über 100 Staatsbesuchen hat er gezeigt, dass er weltweit akzeptiert wird – was bei Walter Rosenkranz sicher nicht der Fall sein wird.
Warum es sich auszahlt, für seine Überzeugungen zu kämpfen, warum sich immer mehr Juden in Europa unsicher fühlen und mit dem Gedanken spielen, Europa zu verlassen, wie die Zukunft der jüdischen Gemeinden in Osteuropa aussieht, welchen Beitrag der Bundespräsident in der Flüchtlingskrise leisten kann und wie er bei politischen Entgleisungen reagieren sollte sind weitere Themen dieser Diskussion.
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