Den Menschen zuhören – Dr. Walter Rosenkranz

Politik

Der Volksanwalt Dr. Walter Rosenkranz ist der bisher vierte Kandidat der Bundespräsidentschaftswahl 2022, den wir in unserem Studio begrüßen durften – dieses Mal interviewt von Doris Peczar und Reinhard Jesionek.

Als der derzeitige Amtsinhaber Alexander van der Bellen vor einigen Wochen seinen Sager über das Zähne zusammenbeißen tätigte, gab es in den etablierten Medien kaum einen Aufschrei – im Gegensatz zu den sozialen Medien. Auch sein Vorwurf, die Medien hätten die Aussage aus dem Kontext gerissen bzw zusammengeschnitten hätten, blieb unkommentiert. Bei Rosenkranz hingegen – wie auch bei allen anderen Gegenkandidaten – ließen die Medien ihre Glacéhandschuhe stecken

Auch wenn darauf verwiesen wird, dass sich amtierende Bundespräsidenten in der Vergangenheit nie einer Diskussion stellten, so muss man doch festhalten, dass sich die Medienlandschaft seit damals stark verändert hätte. Sich im 21. Jahrhundert einer Diskussion zu entziehen, sei also weder zeitgemäß noch demokratisch. Die vorgeschobene Würde des Amtes, die durch solch eine Diskussion beschädigt werden könnte, scheint in anderem Zusammenhang (Badeschlapfen, Tiktok Videos) kein Problem darzustellen. Auch Rosenkranz selbst sei Träger eines hohen Amtes der Republik, aber er stellt sich selbstverständlich jeder Diskussion.

Laut Umfragen liegt Van der Bellen etwa bei jenem Prozentsatz, mit dem er 2016 die Stichwahl gegen Norbert Hofer gewonnen hatte. Das heißt, dass er bzw seine Amtsführung seit damals die offensichtliche Spaltung der Gesellschaft nicht überwinden konnte.

Während bei der jüngeren Generation die Medienrevolution voll im Gange ist, schauen die Älteren immer noch fast ausschließlich den ORF. Dementsprechend sei es nicht verwunderlich, dass VDB grade in dieser Altersklasse den meisten Zuspruch erlebt – hat der ORF doch ganz offensichtlich das Ziel, den Amtsinhaber im Amt zu halten, so Rosenkranz. Auch die Angstmache der öffentlich-rechtlichen Medien während der Coronapandemie hat ihr Ziel dahingehend erreicht.

Am Beispiel des ORF-Stiftungsratsvorsitzenden Lothar Lockl, der 2016 VDB’s Wahlkampfleiter war, beschreibt Rosenkranz einen von vielen Fällen der Doppelmoral der Medien, aber auch der Politik: denn was man beim politischen Gegner gerne und ausführlich kritisiert, ist bei der eigenen Partei plötzlich kein Problem. Auch der Aufsichtsratsposten der „first lady“ Doris Schmidauer fällt in diese Kategorie.

Auch wenn die Möglichkeiten eines Bundespräsidenten beschränkt sind, so sei doch auffällig, wie wenig sich VDB zu den wesentlichen Themen der letzten Jahre geäußert hat – denn aus der größten Direktwahl in Österreich erwächst auch eine Verantwortung, sich für alle Österreicher einzusetzen und die Verfassung zB gegen die Aushöhlung der Grund- und Freiheitsrechte zu verteidigen. Stattdessen habe der Amtsinhaber Menschen, die anderer Meinung im Bezug auf die Russlandsanktionen sind, als Kollaborateure bezeichnet; und auch während der Coronapandemie hat er sich mehrfach abfällig gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen geäußert – ein Verhalten, dass dem höchsten Amt im Staat keineswegs entspricht.

Dass es durchaus demokratisch ist, eine gewählte Regierung zu entlassen, dass es politische Überzeugung ist, die die FPÖ zum Widerstand gegen die Coronaregeln brachte, dass Burschenschaften keineswegs alle rechtsextrem sind, dass Wahlkampf guttut, weil man mit vielen „einfachen“ Menschen in Kontakt kommt und dass Neutralität kein veraltetes Konzept ist sind weitere Themen dieses Gesprächs.

Das Interview wurde in Kooperation mit der Plattform Respekt veranstaltet.

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KG – Rosenkranz-YOUTUBE-IPHP Wolfgang Müller CC BY SA 4.0