Startschuss für „none of your business“ (noyb)
Veranstaltungsdaten
- Datum
- 28. 11. 2017
- Veranstalter
- noyb - none of your business
- Ort
- Wiener Rathaus
- Veranstaltungsart
- Pressekonferenz
- Teilnehmer
- Mario Dujakovich, Mediensprecher
- Jörg Neumayer, MA, Gemeinderat (SPÖ)
- Mag. Max Schrems, Vorstandsvorsitzender von noyb
- Ing. Mag. Dr. jur. Christof Tschohl, Vorstand von noyb und Vorstand von epicenter.works
- Dr. Petra Neupold LL.M. (UCLA), Vorstand von noyb und Leiterin der VKI Rechtsakademie
Am 28. November 2017 fand im Wiener Rathaus die Pressekonferenz zum Startschuss für „noyb – Europäisches Zentrum für Digitale Rechte“ statt.
Die Teilnehmer der PK waren: Mario Dujakovich (Mediensprecher), Gemeinderat Jörg Neumayer (SPÖ), Mag. Max Schrems (Vorstandsvorsitzender von noyb), Ing. Mag. Dr. Christof Tschohl (Vorstand von noyb und Vorstand von epicenter.works) sowie Frau Dr. Petra Neupold (Vorstand von noyb und Leiterin der VKI Rechtsakademie).
Datenschutz sei in der Millionenmetropole Wien seit vielen Jahren besonders in der Politik und in der Verwaltung ein zentrales gesellschaftliches Thema, so der Gemeinderat Jörg Neumayer, und es gelte, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und gleichzeitig Unsicherheiten zu vermeiden. Unter dem Motto „Innovatives Wien 2020“ bekenne sich Wien zu einem breiten Innovationsbegriff. Mit noyb als Europäisches Zentrum für Digitale Rechte und verlässlichen Partner würden die Interessen der WienerInnen weiterhin gewahrt. Für die Stadt Wien sei es ganz klar gewesen, Max Schrems mit seiner Initiative zu unterstützen und Wien als Drehscheibe in Fragen der digitalen Rechte zu nutzen.
Man darf nicht vergessen, (…) dass Wien sich für Menschen- und Grundrechte stark gemacht hat und in Zukunft stark machen wird. Dazu gehört ebenso das Recht auf Privatsphäre.
so Neumayer.
Für Mag. Max Schrems, dem Gründer von noyb, sei diese Phase „wie Geburtstag“, denn lange habe er an an diesem idealistischen Vorhaben herumgetüftelt, das nun endlich zu fruchten scheint. Schrems ist davon überzeugt, dass die Menschen allmählich darauf aufmerksam würden, dass da etwas schiefgehe, aber keiner etwas dagegen mache. „Endlich macht jemand irgendetwas in Österreich„, scheinen die Gedanken der Menschen zu sein, und deshalb gebe es ihn überhaupt als Person in diesem Auftrag. Der Facebook-Kläger beklagt die zahlreichen Unternehmen, die bewusst Datenschutzgesetze brechen würden, um davon monetär zu profitieren:
Es zahlt sich derzeit aus, sich nicht ans Recht zu halten. Es ist günster, als sich daran zu halten.
Schrems spricht von seiner Idee, Datenschutz und alles, was theoretisch im Gesetz stehe, auf das Handy des einzelnen Benutzers zu komplementieren und Datenschutz auf diese Art praktisch funktionabel zu machen. Dabei dienlich sei die am 25. Mai 2018 in Kraft tretende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO): das neue europaweite Gesetz, das erstmalig im Datenschutz starke Durchsetzungsmechanismen aufweisen werde. Dank dieser könnten Vereine z.B. andere Leute vertreten, zumal Einzelpersonen so gut wie nie klagen würden. noyb werde auf europäischer Ebene agieren und Datenschutz würde effektiv durchgesetzt werden:
Weil wir in Europa die Möglichkeit haben, uns auszusuchen, wo man jeweils klagt.
Er vergleicht noyb als „best practice“ mit der „Stiftung Warentest„, die z.B. die beste elektrische Zahnbürste nominieren würde – auf den Datenschutz umgelegt:
Wie kann ich meine Website bauen, damit sie datenschutzkonform ist?
Und so werde ein Spielraum für Unternehmen geschaffen, und zwar nicht, um diese zu bekämpfen, sondern um Optionen zu schaffen, datenschutzkonform zu werden.
noyb sei überdies etwas Ähnliches wie ein Kick-Startup, bestehend aus Fördermitgliedern, die jederzeit wieder kündigen könnten; die Mitgliedsbeitragshöhe sei frei wählbar, und auf europäischer Ebene sei das Erreichen einer Zahl von 500.000 durchaus realisierbar. Die Kickstartphase laufe bis zum 31. Jänner 2018, und danach könne der Verein operational beginnen – sofern finanziell realisierbar (Ziel: 250.000 Euro, die ersten 50.000 seien bereits geschafft).
Dr. Petra Leupold schildert im Anschluss die Aspekte aus der Verbrauchersicht:
Datenschutzrecht und breiter eigentlich das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind in unserer Informationsgesellschaft und im Hinblick auf die rasante technologische Entwicklung, Globalisierung, geändertes Nutzerverhalten und auch den vermehrten Datenaustausch von enormer praktischer Bedeutung. Tendenz steigend. Und sie sind Kernverbraucherrechte, die – anders als in jedem anderen Rechtsgebiet, das auch das Verbraucherrecht betrifft – tagtäglich Millionen, so ziemlich jeden Verbraucher, unmittelbar und durchaus einschneidend betreffen.
Aus diesem Grunde sehen Leupold und die Verbraucherschutzorganisation (VKI) es als wesentlich an, sich auch um datenschutzrechtliche Fragen zu kümmern und da aktiv zu sein – im Interesse der VerbraucherInnen. Im Datenschutzrecht gebe es zur Zeit eine Lücke im Hinblick auf die Rechtsdurchsetzung: Zum einen würden die VerbraucherInnen davor zurückscheuen, ihre Rechte geltend zu machen, weil sie ihre Rechte oft nicht kennen würden und weil eine individuelle Rechtsverfolgung auch kostspielig sei – ein Prozessrisiko berge hohe Hürden in sich. Zum anderen herrsche diese Lücke auch im Bereich der kollektiven Rechtsdurchsetzung: Datenschutzverstöße und -verarbeitungen würden sich nicht an territoriale Grenzen halten, hier gehe es also um transnationale, globale Pläne. Und da sei eben eine kollektive Rechtsverfolgung gemäß der derzeitigen EuGH-Rechtsprechung problematisch und mit Hürden verbunden.
Deshalb sei es ganz wichtig, dass auf diese Problematik eine europäische Antwort gefunden und ein notwendiges Gegengewicht geschaffen werde. Dazu müsse eine Organisation mit einem Team von Spezialisten mit Know-how und gebündelten Ressourcen aufgestellt werden, die hier als wesentlicher Eckpfeiler digitale Rechte auch im grenzüberschreitenden Kontext effektiv durchsetzen könne. Und deshalb gebe es auch noyb und den vollen Support seitens des VKI, so Leupold.
Ing. Dr. Christof Tschohl, Obmann von epicenter.works und Vorstand von noyb, sprach von seinem Erfolg als Erstkläger gegen die Vorratsdatenspeicherung im Jahr 2014, die er gemeinsam mit seinem Freund und Rechtsanwalt Mag. Ewald Scheucher in Europa und in Österreich zu Fall gebracht habe und auch weiter institutionalisiere. Auch er sehe es als notwendig an, die Lücke im Bereich der privaten Rechtsdurchsetzung zu füllen, und rät zu der Strategie, die Problemfelder von mehreren Seiten anzugehen. Er werde als gelernter Nachrichtentechniker und Jurist eine Brücke zwischen Technik und Recht schlagen. Als Techniker habe er zudem Verständnis für den „Spieltrieb“ diverser Technologieentwickler, doch müssten diese in ihren Handlungen in die Schranken verwiesen werden – und die Datenschutzrechtsverordnung ab 25. Mai 2018 sei das richtige „Werkzeug“ dafür, Unternehmen haftbar machen zu können. Es würden derzeit zu viele vorsätzliche Rechtsverletzungen passieren und damit Wertschöpfung lukriert. Genau diese Unternehmen würden dann das primäre „Beuteschema“ für das Expertenteam von noyb darstellen:
Das ist kein Selbstzweck, es betrifft uns alle, es gibt immer mehr Menschen, die das wahrnehmen. Ich glaube, jeder hat seinen Wirkungskreis, hier etwas zu tun (….). Wir alle haben eine Verantwortung, hier etwas beizutragen. (…) Und da werden wir eine super Bühne bringen mit einem super Startkernteam, wenn der Kickstart funktioniert. Mit Anfang Februar können wir beginnen, operativ loszulegen.
so der Datenschutzrechtsexperte.
Und hier geht es nun zum vollständigen Video; am Ende werden Publikumsfragen beantwortet:
Credits
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Titelbild-NOYB-PK-Panel | Idealism Prevails | CC BY-SA 4.0 | |
Videobild-NOYB-PK-Panel | Idealism Prevails | CC BY-SA 4.0 |