7. FFI-Symposium: Politik und Medien nach der Wahl – Panel 2
Das Friedrich Funder Institut veranstaltet einmal im Jahr ein Symposium, auf dem sich Expertinnen und Experten aus der Medienbranche mit aktuellen Themen auseinandersetzen. Im Zentrum des diesjährigen Symposiums standen die Geschehnisse rund um die Präsidentschaftswahlen in den USA und den Brexit, genauer gesagt das vermeintliche Versagen vieler Politikanalysten, Leitmedien & der Meinungsforschung. Kurioserweise wählte man vor über einem Jahr den 16. Oktober 2017 als Veranstaltungsdatum, also den Tag unmittelbar nach der Nationalratswahl. So flossen die Erkenntnisse und Erfahrungen dieser spannenden Wahl zur Gänze in die hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion mit ein.
Gleich im Anschluss an das erste Panel, in dem namhafte Vertreter der heimischen Presse ausführlich darüber diskutierten, welchen Einfluss die Medien auf Wahlergebnisse hätten, folgt nun das zweite Panel, bei dem ausgewählte Repräsentanten aus der Markt- und Meinungsforschungsbranche derselben Frage nachgehen.
Als „rotes Telefon“, um Politikerinnen und Politikern das Meinungsbild der Bevölkerung zu kommunizieren, bezeichnet DDr. Paul Eiselsberg (IMAS) die grundlegende Funktion der Meinungsforschungsinstitute, welche nach wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeitet werden solle. So entstehe schlussendlich auch das bekannte Wechselspiel zwischen Journalisten, Demoskopen und der Bevölkerung. Eiselsberg stellt auch klar, dass es eigentlich keinen Grund gebe, warum seine Branche in Misskredit geraten sei, als Donald Trump vor etwas mehr als einem Jahr die Wahl in den USA gewann, denn Hillary Clinton habe diese – gemessen an der Anzahl der abgegebenen Stimmen der Wählerinnen und Wähler – eigentlich mit deutlichem Vorsprung für sich entschieden.
Seit bereits vier Jahren in etwa gebe es auf dem Gebiet der Meinungsforschung einen Anbieter, der sämtliche Meinungsumfragen analysiere und aggregiere, um Interessierten ein noch hochwertigeres Meinungsbild zur Verfügung stellen zu können. Geschäftsführer Dieter Zirnig (neuwal) habe diese Geschäftsidee entwickelt, um eine zuvor bestehende Kluft zwischen der Bevölkerung und den Medien, die nicht immer alle Umfragedaten und Details veröffentlichen würden, schließen zu können. Zirnig erklärt, das Wahljahr 2017 sei für die heimischen Meinungsforschungsinstitute das bisher erfolgreichste in der Geschichte gewesen. Dies würde die hohe Genauigkeit der Wahlumfragen deutlich belegen, welche nicht zuletzt auch der verbesserten Transparenz geschuldet sei.
Obwohl Meinungsforscher genauso wie Meteorologen oft genug in der Kritik stünden, sei die Meinungsforschung hinsichtlich des Wahlergebnisses der heurigen Nationalratswahl definitiv nicht die Verliererin, hält DI Paul Unterhuber (GfK) fest. Man arbeite mit Menschen zusammen, und dies erfordere viel Geduld. Unterhuber hebt hervor, dass es sich bei der Meinungsforschung um Momentaufnahmen handele, anhand derer man gewisse Vorhersagen treffen würde. Das sei eine stark antizipative Vorgehensweise, die viel Fingerspitzengefühl verlange und durch kontinuierlich verbesserte Methoden ermöglicht werde.
Anfang 2017 habe ein Treffen des Verbandes der Marktforschungsinstitute (VDMI) stattgefunden, bei dem führende Markt- und Meinungsforschungsinstitute wie OGM, IFES und andere erstmals gemeinsame Qualitätskriterien erdacht und erarbeitet hätten, so Eiselsberg. Diese sollten sicherstellen, dass eine „Sonntagsfrage“ insgesamt besonders sorgfältig durchgeführt würde. Ein solches Kriterium sei beispielsweise eine Minimumgrenze an befragten Personen (z.B. 800). Auch solle man Methoden ausschließen, die zu einer aktuellen Situation nicht passen würden. Als Beispiel hierfür nennt er Online-Umfragen, die, sofern sie allein herangezogen würden, nicht repräsentativ seien. Für die Einhaltung dieser Kriterien zeichne letztendlich Zirnig mit seiner Plattform „neuwal“ verantwortlich.
Auf die Frage, ob das Publizieren von Meinungsumfragen zur Beeinflussung von Wahlergebnisse führe, äußert sich Unterhuber auf ähnliche Weise wie die Vertreter des ersten Panels. Mit dieser Frage würde ihrem Berufszweig mehr Wichtigkeit beigemessen, als er tatsächlich habe. Meinungsforschung agiere eher aus einer beobachtenden Perspektive. Schwankungen innerhalb der Meinungsumfragen seien zumeist viel zu gering, als dass sie dramatischen Schlagzeilen wie „Jetzt beginnt eine Aufholjagd“ oder „Aufwind für diese oder jene Partei“ gerecht würden. Hier seien die Journalisten gefordert, aus den Zahlen etwas zu „basteln“.
Die Geschichte der Meinungsforschung beginnt mit dem Jahr 1938, als in den USA die ersten offiziellen Umfragen stattfanden. Seitdem würde immer wieder die Frage gestellt, inwieweit Meinungsforschung und Medien Einfluss auf die Meinungsbildung der Bevölkerung hätten, so Eiselsberg. Während dieser langen Zeit habe nur ein einziger Effekt belegt werden können: Wenn alle Umfragen ident voraussagen würden, dass eine bestimmte Partei nicht den Einzug in den Nationalrat schaffen werde, dann würden manche Wählerinnen und Wähler, die dieser Partei eigentlich ihre Stimme geben wollten, sich umentschieden und eine andere Partei wählen. Es sei nicht auszuschließen, dass auch die Grünen bei der diesjährigen Nationalratswahl von diesem Effekt betroffen gewesen seien.
Gemäß der Tradition des Friedrich Funder Institutes wurde dem Publikum im Anschluss an die Podiumsdiskussion die Möglichkeit eingeräumt, Fragen an die Diskutanten zu stellen:
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Titelbild-FFI-Panel 2 | Idealism Prevails | CC BY-SA 4.0 | |
Videobild-FFI-Panel2 | Idealism Prevails | CC BY-SA 4.0 |